Sofi Oksanen hat Usedomer Literaturpreis 2023 erhalten
Die finnisch-estnische Schriftstellerin Sofi Oksanen hat den Usedomer Literaturpreis 2023 erhlaten. Im Mittelpunkt ihres neuesten Buches "Hundejahre" steht Olenka, eine Frau, die von Tallinn in die Ukraine zog.
Oksanen kommt aus dem Norden Europas und sieht sich doch als jemand, der zwischen West und Ost aufgewachsen ist, zwischen der estnischen und der finnischen Kultur. "Die Sowjetunion kenne ich sehr gut, also war es nicht schwierig für mich, mit 'Hundepark' anzufangen. Das Buch ist hauptsächlich in der Ukraine angesiedelt", sagt Sofi Oksanen über sich und ihren neuesten Roman "Hundepark".
Im Mittelpunkt dieses Buches steht Olenka, eine Frau, die von Tallinn in die Ukraine zog und dort in den Nullerjahren nach der Jahrtausendwende Karriere in einem Unternehmen macht, das reichen Kunden aus dem Westen im Osten Eizellenspenderinnen vermittelt. Doch Olenka verliert Karriere, Geld und Liebe und findet sich später als Putzfrau in Helsinki wieder.
Oksanen wollte Interesse an der ukrainischen Kultur wecken
Sofi Oksanen betont, sie habe gezögert, einen Roman über die Ukraine zu schreiben. Sie habe auf finnische Verleger gewartet, die Romane von ukrainischen Autoren veröffentlichen: "Ich wartete und wartete, aber die Verlage taten es nicht. Und ich war frustriert und dachte mir: 'Offensichtlich muss etwas getan werden'. Um das Interesse an der ukrainischen Kultur zu wecken, muss ich vielleicht selbst über die Ukraine schreiben." Und so entstand "Hundepark“"- erschienen auch auf Deutsch Anfang 2022.
Mit "Fegefeuer" gelingt Oksanen 2008 der internationale Durchbruch
Bereits mit ihrem Debütroman "Stalins Kühe" sorgte die Autorin 2003 für Aufsehen, es folgten "Baby Jane" und 2007 ihr erstes Theaterstück "Fegefeuer". Mit dem gleichnamigen Roman gelang ihr 2008 der internationale Durchbruch. Für "Fegefeuer" erhielt Sofi Oksanen mehrere Auszeichnungen, unter anderem den Finlandia- und den Runeberg-Preis in Finnland sowie den Prix Femina Étranger in Frankreich.
Auseinandersetzung mit der Geschichte Osteuropas
Seit vielen Jahren beschäftigt sich Sofi Oksanen mit der jüngere Geschichte Osteuropas, besonders der in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Bereits 2014 sagte sie in einem ausführlichen NDR-Interview zur Rolle Stalins und Putins in Russland: "Derzeit ist Stalin einer der populärsten Helden in Russland, und Stalin glaubte an die Notwendigkeit einer zentralisierten Macht. Das ist der Grund dafür, dass Lenin zurzeit nicht so populär ist wie Stalin. Nach Stalins Tod wurde Stalin sehr unpopulär, aber jetzt ist er zurück an der Stelle, von der er jahrzehntelang verschwunden war. Das ist der Grund, warum Putin und seine Architekten von Neurussland Stalin zu gerne mögen. Sie benutzen dieselben Methoden, die sie seit Jahrzehnten, seit Jahrhunderten für die Propaganda benutzen."
Faschismus als Instrument der russischen Propaganda
Und warum in Russland immer wieder vor der Gefahr des Faschismus gewarnt wird, darin sah Sofi Oksanen schon 2014 ein wichtiges Instrument der russischen Propaganda: "So waren alle Balten natürlich Faschisten. Alle Menschen aus den von der Sowjetunion besetzten Ländern waren Faschisten. Und diese Tradition wird heute in der Ukraine benutzt, Und es wurde zu einem Wort, das besagt, dass alles, was irgendwie westlich ist, faschistisch ist. Heute bedeutet es: Jeder Homosexuelle ist ein Faschist. Jede westliche Person ist im Grunde genommen ein Faschist und heute wird es für egal was benutzt. Es kommt nicht mehr darauf an."
Bei den diesjährigen Usedomer Literaturtagen wurden neben der finnischen Schriftstellerin unter anderen auch die Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk, die Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Ana Marwan, die Philosophin Thea Dorn und der Regisseur Peter Stein erwartet.