"Parents in Arts": Stipendium für kreativschaffende Eltern
Hamburg hat ein neues Kunststipendium - für kreativarbeitende Eltern. "Parents in Arts" heißt dieses neue Residenzstipendium der Hamburger Kulturbehörde und wurde von zwei Hamburger Müttern und Kunstschaffenden angestoßen.
Im Kinderzimmer ist der Boden bedeckt mit gut sortierten Kisten voller Spielzeug. Direkt nebenan im Wohnzimmer hat Julia Ditschke ihren Arbeitsplatz. Die Schriftstellerin und Lektorin balanciert seit Jahren zwischen Lohnarbeit, Kindererziehung und dem kreativen Schaffen in der Literaturszene. "Der Unmut, den ich schon die ganze Zeit darüber spüre, dass ich ausgeschlossen bin von den Förderungen, der hat sich dann bisschen verdichtet," erzählt die 46-Jährige.
Gemeinsam mit der Bildenden Künstlerin und Fotografin Marcia Breuer haben die beiden Mütter festgestellt, dass die bisherigen Förderungen und Stipendien im Kunst- und Literaturbetrieb für sie mit Kindern unmöglich seien, "weil man da für längere Zeit den Familienwohnort verlassen müsste, das lässt sich in der Regel mit Familie kaum wuppen."
Residenzstipendium "Parents in Arts": Zwei Wochen Ruhe
Die meisten Förderprogramme finden über mehrere Monate statt, fernab des Alltags in einer Künstlerresidenz. Das neue Residenzstipendium "Parents in Arts" hat mit zwei Wochen eine kürzere Dauer. In einem Künstlerhaus in Brandenburg können die Stipendiatinnen und Stipendiaten allein unterkommen oder ihre Kinder mitbringen und sie in eine ganztägige Betreuung geben.
Für ihre künstlerische Arbeit können sie dann am Stück ganz in den Schaffensprozess eintauchen, erzählt Julia Ditschke: "Zwei Wochen sind für jemanden, der keine Kinder hat, natürlich gar nichts. Aber für jemanden, der Kinder hat, sind zwei Wochen ohne das Kind extrem. Also das ist etwas, was ich elf Jahre nicht hatte, und wir erhoffen uns, dass das einen Gedankenraum aufmacht, dass man sich wieder mal ganz exklusiv nur auf sein Schaffen konzentrieren kann und dass es so ein bisschen wie ein Startschuss ist, auch das Ganze noch mit in den Alltag zu ziehen."
Deutschlandweit wegweisendes Programm
Die beiden Initiatorinnen hätten mit der Hamburger Kulturbehörde damit ein deutschlandweit wegweisendes Programm erarbeitet, findet Marcia Breuer: "Wir hoffen, dass mit diesem Stipendium ein Präzedenzfall geschaffen wurde und sich vielleicht andere Landesbehörden oder ähnliche Institutionen das zum Vorbild nehmen und entsprechende Stipendien ins Leben rufen." Denn, wenn Eltern in der Kunst- oder Literaturbranche nicht teilhaben können, wenn sie neben Lohnarbeit und Kindererziehung nicht mehr kreativ sein können, dann fehlten der Kunstszene Perspektiven und wichtige Stimmen.
Ditschke und Breuer dachten als Mütter in der Kreativbranche lange, es sei ein persönliches Versagen, Kind und Karriere nicht perfekt unter einen Hut zu bekommen, bis sie festgestellt haben, dass es Strukturen seien, die sie als Mütter in der Kunst- und Literaturszene ausschließen: "Wir erhoffen uns natürlich, dass dadurch, dass dieses Stipendium ins Leben gerufen wurde und dadurch, dass es möglicherweise noch in anderen Bundesländern Nachahmende gibt, dass Frauen oder Mütter oder sagen wir Eltern generell die Möglichkeit haben, mehr zu produzieren und so eben ihre Perspektive auch mehr ins Bewusstsein rückt." Die Bewerbungsfrist für das das neue Residenzstipendium "Parents in Arts" endet am 17. Dezember 2023.