Norddeutsche Verlage: Einige fahren nach Frankfurt - andere nicht
Die Frankfurter Buchmesse ist ein wichtiger Branchentreffpunkt. Doch nicht alle norddeutschen Verlage sehen in Zeiten digitaler Vernetzung den Sinn, die hohen Kosten einer eigenen Präsenz auf sich zu nehmen.
Boyens als größter Buchverlag in Schleswig-Holstein hat Norddeutschland in allen Facetten zum Thema: Bücher über das Watt oder die Schlei und Autoren von Theodor Storm bis Klaus Groth werden in Heide gedruckt. Doch Boyens nimmt gar nicht mehr teil an der Frankfurter Buchmesse. Seitdem es das Internet gibt, habe der Informationswert der Buchmesse stark abgenommen, betont Verlagsleiter Bernd Rachuth. Der ganze Aufwand lohne sich für ihn nicht mehr, dafür habe der Eventcharakter zu stark zugenommen.
Auftritt bei der Buchmesse: Kosten im hohen vierstelligen Bereich
Ähnlich sieht es der traditionsreiche Hinstorff-Verlag, den es seit bald 200 Jahren in Rostock gibt. Wegen des überwiegend regionalen Programms fahren die Mitarbeiter nicht zur Buchmesse nach Leipzig. Frankfurt lohnt sich für Verlagsleiterin Eva Buchholz nur, wenn sie dort Lizenzen neuer Bücher verkaufen kann. "Die Kosten bewegen sich im hohen vierstelligen Bereich und für uns sind es zusätzlich zwei ganze Tage An- und Abreise", erklärt Buchholz. "Die Hotelkosten sind außerdem gestiegen. Das heißt aber nicht, dass wir auch im nächsten Jahr nicht dabei sein werden." Freuen können sich Bücherfreunde im nächsten Jahr auf zwei neue Titel von Franz Fühmann, zwei neue Kinderbücher und einen neuen Programmbereich bei Hinstorff. "Den nennen wir als Arbeitstitel ‘Baltic Romance’, es geht also um Liebesromane die in Mecklenburg-Vorpommern verortet sind", so die Verlagschefin.
Mairisch Verlag: Schon vor der Buchmesse im Gastland unterwegs
Ganz anders beim Hamburger Mairisch Verlag. Deren Leute sind nicht nur regelmäßig mit einem eigenen Stand in Frankfurt vertreten. Sie bereisen sogar das jeweilige Gastland, für eins, zwei Wochen, in jedem Jahr. Das ist einmalig in der deutschsprachigen Verlagslandschaft, sagt der Leiter Daniel Beskos. "Dieses Jahr ist ein besonderes Jahr, weil Slowenien ja ein besonders kleines Land ist", meint Beskos. "Mit etwa zwei Millionen Menschen ist es von der Einwohnerzahl vergleichbar mit Hamburg. Slowenien hat einen eigenen Buchmarkt, eine eigene Sprache - und präsentiert sich damit in Frankfurt. Das wollten wir uns einmal ansehen."
"Slowenen leihen viele Bücher aus und kaufen wenige"
In Ljubljana haben Beskos und seine Leute mit Autorinnen und Lektoren, mit Verlegern und Literaturkritikerinnen gesprochen. Überraschend war für ihn, dass es in Slowenien keinen Buchhandel in unserem Sinne gibt. Dort dominiere ein einziger großer Verlag, hat der Verlagsleiter beobachtet. "Was auch interessant ist: In Slowenien sind die Bibliotheken wahnsinnig stark", so Beskos. "Die Slowenen und Sloweninnen leihen sich sehr viele Bücher aus und kaufen nur sehr wenige. Das heißt, die meisten Verlage verkaufen einen Großteil ihrer Auflage an Bibliotheken."
Wallstein: Slowenische Autoren Mojca Kumerdej und Aleš Šteger im Programm
Auch für den Göttinger Wallstein-Verlag ist Slowenien als Gastland der Messe wichtig, sagt Thedel von Wallmoden, Verleger und Geschäftsführer. "In der slowenischen Literatur spielen Erzählungen eine große Rolle", erklärt von Wallmoden. "Wir haben zwei der bedeutendsten Autoren und Autorinnen des Landes bei uns, und das wird dem Verlag und besonders den beiden Autorinnen Aufmerksamkeit geben."
Nämlich der Erzählerin Mojca Kumerdej und dem in Slowenien ebenfalls bekannten Romanautor und Dichter Aleš Šteger. Außerdem kann Wallstein den eigenen Kafka-Schwerpunkt im Verlagsprogramm betonen - wichtig vor dem Kafka-Jahr 2024. Fast nebenbei wurde bekannt, dass Wallstein soeben einen Verlag dazugekauft hat: den für Kunst und Exilliteratur bekannten Weidle-Verlag aus Bonn.