Nina George dreht sich nach links (Foto von 2018) © picture alliance/dpa | Susannah V. Vergau Foto: Susannah V. Vergau

Nina George über das KI-Gesetz: "Besser als nichts"

Stand: 22.05.2024 13:20 Uhr

Seit Juni 2019 ist Nina George Präsidentin des European Writers' Council und setzt sich für die Rechte von Autoren und Autorinnen gegenüber KI-Nutzungen ein. Ein Gespräch mit ihr zum, vom EU-Parlament beschlossenen, AI Act.

Der Europäische Rat hat den vom EU-Parlament beschlossenen AI Act gebilligt. Er kann nun in Kraft treten, sobald er im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde. Mit dem Gesetz sollen die gesetzlichen Bestimmungen über den Umgang mit Künstlicher Intelligenz EU-weit harmonisiert werden. Je höher das Risiko für gesellschaftlichen Schaden, desto strenger sind die Regeln. Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Nina George, die auch Präsidentin des European Writers' Council ist und sich für die Rechte von Autoren und Autorinnen gegenüber KI-Nutzungen einsetzt.

Frau George, was sagen Sie zu den neuen Regeln? Fühlen Sie sich ausreichend wahrgenommen und geschützt? 

Nina George: Es gibt diesen schönen Spruch "besser als nichts". Damit drückt man aus: Wir haben es wirklich nötig gehabt, dass es reguliert wird. Natürlich ist es kein Wunschkonzert und auch kein glänzender Tannenbaum, unter dem all das liegt, was wir uns gewünscht hätten. Aber das Gesetz ist besser als nichts. Von hier aus können wir gut arbeiten.

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Sie kritisieren ja besonders, dass ihre Texte unkontrolliert von KI-Systemen eingespeist und genutzt werden. Glauben Sie, mit dieser Praxis ist jetzt Schluss?

George: Ich versuche, es diplomatisch auszudrücken: Vermutlich werden sich KI-Entwickler sehr viel einfallen lassen, um weiterhin nichts zu bezahlen und nichts zu lizenzieren. Denn das, was sie brauchen, quasi das Benzin, mit dem auch die neuen Maschinen gerade entwickelt werden, ist wirklich unglaublich viel Textmaterial. Ich gehe davon aus, dass wir so einfach keine Sanktionen durchführen können für das, was vor Verabschiedung dieser KI-Grundverordnung gemacht wurde. Das wird uns sehr schwer fallen - da werden wir klagen müssen. Und für die Zukunft: Da kommt es dann wiederum auf das Kleingedruckte der Grundverordnung an. 

Nun heißt es ja offiziell, dass bei der EU-Kommission ein entsprechendes Sekretariat eingerichtet werden soll, das darauf achtet, dass diese Regeln auch vernünftig umgesetzt werden. Vertrauen Sie darauf, dass das funktioniert?

George: Wenn man da literarisch drauf schaut, sieht man jetzt schon: Es werden ungefähr 70 Leute innerhalb der Kommission für das AI-Office gesucht. Das braucht auch Geld. Das sind mehrere Millionen, die plötzlich von einer Abteilung in eine nächste umgeschichtet werden. Und jetzt fängt schon das Hauen und Stechen an, welche Abteilung in der EU-Kommission bekommt weniger Geld, damit dieses AI-Office ausgestattet werden kann.

Irgendwann kommt man dann auch mal zum Arbeiten und wird genau dieses Kleingedruckte, was ich eben ansprach, versuchen, umzusetzen. Also: Wie genau werden die Verpflichtungen für KI-Entwickler aussehen? Was passiert mit Sanktionen? Ist die Strafe von sieben Prozent des Jahresumsatzes, wenn jemand etwas nicht tut, was er tun sollte, angemessen? Wir werden frei nach Rilke, in die Antworten hinein leben müssen.

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Was hören Sie aber nun aus ihrem Dachverband, also von anderen Autoren und Autoren? Überwiegt nun eher die Erleichterung, das wenigstens etwas passiert, wie sie das vor uns selbst gesagt haben, oder eher die Sorge davor, weil es eben immer noch nicht genug ist?

George: Wir sehen ja, dass es nicht nur auf die Kultur beschränkt ist. Jeder tut so ach, das sind nur die Buchautoren und die Musiker, Komponisten, Filmleute, aber es geht ja im Prinzip, wenn Fragen auftauchen, womit wird generative KI der Zukunft entwickelt auch um Bürger-Daten oder Privatpersonen-Daten auf Instagram, E-Mails, Watts App. Da haben wir das Gefühl, die fallen immer ein bisschen hinten runter, weil die Technik weiterhin viel schneller ist als das Gesetz.

Dann besorgt uns, dass es noch nicht eindeutig zu sein scheint wo muss quasi einer Warnung erfolgen, auf welche Medienprodukte, dass etwas mit KI hergestellt wurde - ob nun zur Gänze oder halb. Manche Kultur-Produzenten würden vermutlich sowieso ganz gerne eher die günstige und nicht so schwierige KI einsetzen und nicht diese fürchterlich renitenten, teuren Urheber und sich dann aber vermutlich darum drücken, es ordentlich zu labeln. Das heißt, wir werden auch bilaterale Aushandlungen noch vornehmen, um zu sagen: Wir müssen den Leuten draußen sagen, für was sie ihre Geld ausgeben und ob da ein Mensch beteiligt wurde oder nicht.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 21.05.2024 | 16:30 Uhr

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