"Moore sind wie Menschen, nur nasser": WG-Toiletten-Lektüre
Vor wenigen Tagen ist das Buch "Moore sind wie Menschen, nur nasser" im Greifswalder Katapult Verlag erschienen. Swantje Furtak und Hans Joosten haben ihre Arbeit nicht nur den ökologischen Aspekten der Moore gewidmet.
"Für alle mit trockenem Humor": So adressieren die Autorin und der Autor ihr Buch an die Leser - das zeigt schon, dass es sich nicht ausschließlich um ein bierernstes Sachbuch handelt. Im Absatz "Mehr Wasser als Bier" stellen die beiden dann auch die Feuchtgebiete dem Gerstensaft gegenüber:
"Wenn du mehr Bier lagern möchtest, brauchst du auch mehr Flaschen. Das Moor produziert seine Wasserbehälter selbst. Es bildet aus Pflanzenmaterial eine schwammartige Struktur von Hohlräumen, um Wasser zu speichern. Für die ganz große Party steigen die Biertrinkenden von Flaschen auf ein Fass um. Das kann ein Moor nicht, denn wo kein Wasser im Gefäß ist, verrottet die Wand schnell." Leseprobe
"Moore sind wie Menschen, nur nasser": Kein klassisches Biologiebuch
Die Moore werden immer wieder mit Menschen verglichen. Kapitelüberschriften wie "Die Zeugung" oder "Die Geburt eines Moores" finden sich ebenso wie "Voll pubertär" oder "Wie macht man es im Moor". Die Verfasser schildern zum Beispiel, dass die Seggenrohrsängerin, eine vom Aussterben bedrohte Spezies, mit mehreren Männchen direkt hintereinander Geschlechtsverkehr hat und dass sie eine alleinerziehende Vogelmutter ist. "Ich glaube, genau an diesen Stellen ist unser Buch eben kein klassisches Biologiebuch, sondern es regt an zu schmunzeln und es regt hoffentlich an, das nächste Kapitel auch noch lesen zu wollen", sagt Swantje Furtak.
Swantje Furtak studierte in Greifswald Biochemie. Jetzt macht sie in München am Rachel Carson Center ihren Master in "Umwelt und Gesellschaft". Sie arbeitet weiter als Journalistin und mit dem Buch hofft sie, "dass wir die erreichen, die Mooren so noch nie begegnet sind. Ich verbinde Katapult mit einer Leserschaft, die sehr breit interessiert ist und sich durch Karten und lustige Geschichten abholen lässt. Meine Hoffnung war, dass unser Buch auf einer WG-Toilette liegt, und immer, wenn einer zu Besuch ist, liest er ein Kapitel. Ich hoffe, wir schaffen es dann, Leute ins Moor zu ziehen und dort zu versinken."
Das Moor: Ein Ort für Leichen und Verbrechen?
Die Sprache wechselt. Furtak und Joosten haben sich im frisch-frech-flapsigen Ton ergänzt, genau wie im wissenschaftlich-ernsten Duktus. Da geht es auch um die berühmten Moorleichen: Über 2.000 wurden in Europa gefunden, teils weil man sie verstecken, Hingerichtete verschwinden lassen und Verbrechen vertuschen wollte. Interessant ist auch die Frage, ob man im Moor versinken kann. Die wissenschaftliche Antwort: Nur, wenn man sich ganz dumm anstellt. Ein Kapitel befasst sich mit Krimis und Gruselfilmen, die das Moor schaurig-mystisch beschreiben - wie bei Sherlock Holmes und "Der Hund von Baskerville".
Erst seit einigen Jahren ändert sich der Blick auf die Landschaft, die für die Menschen unersetzlich und mehr als Kulisse und landwirtschaftliche Nutzfläche ist. Den Mooren wird nun zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt. So ist das Abschlusskapitel auch sprachlich ein eindringlicher Appell für die Wiederbelebung dieser Kulturräume. Für Hans Joosten, emeritierter Professor für Moorkunde an der Universität Greifswald, ist es höchste Zeit zu handeln: "Wir haben es bis jetzt geschafft, weltweit nur zwölf Prozent der Moore kaputt zu machen, aber diese zwölf Prozent bringen so viel Ärger. Fünf Prozent der Treibhausgase weltweit kommen aus entwässerten Mooren, in Mecklenburg-Vorpommern sind es 30 Prozent - in Deutschland sieben Prozent. Wenn wir tatsächlich die Emissionen nach Null zurückschrauben wollen, und das müssen wir, dann müssen wir uns auch auf die Moore richten - in Deutschland auf 95 Prozent. Wir müssen die Moore wieder vernässen."
Ein wahrer Bildungshochgenuss!
Leicht lesbar schildern die Autoren, wie bedeutsam die Moore für den Schutz unserer Umwelt sind. Über die kulturgeschichtliche Bedeutung informieren Kapitel wie "Moore schreiben Geschichte" und "Moore für Menschen". Zahlreiche Karten, farbige Illustrationen und leicht verständliche Grafiken machen die Lektüre immer kurzweilig. Das Buch lädt auf den ersten Blick zum Blättern ein und macht auf den zweiten Blick ziemlich neugierig. Wenn zum Beispiel Moore nach der Entfernung zu Kneipen klassifiziert werden, ist das alles andere als trocken. Ein wahrer Bildungshochgenuss!
Moore sind wie Menschen, nur nasser
- Seitenzahl:
- 176 Seiten
- Genre:
- Sachbuch
- Verlag:
- Katapult
- Veröffentlichungsdatum:
- 31. Mai 2024
- Bestellnummer:
- 978-3-948923-81-5
- Preis:
- 20 €