"Geisterjäger John Sinclair": Ein Special zu 50 Jahren Vampire und Dämonen
"Die Nacht des Hexers" hieß 1973 der erste Heftroman von Jason Dark. Ein Special zum Phänomen John Sinclair: mit Rezension des neuen Heftes, Gespräch mit einem der Macher und einer Horror-Harmonie des Gruselschreckens!
"Geisterjäger John Sinclair" - das ist der Titel einer Heftroman-Reihe, die es schon seit 50 Jahren gibt. Woche für Woche. Es geht um Vampire, Dämonen und allerlei sonstwie böse Wesen, die unsere Welt bedrohen. Und einen Mann, eben den Geisterjäger John Sinclair. Erfunden und für viele Jahre der alleinige Autor war Helmut Rellergerd (Jason Dark), aber seit einigen Jahren schreiben auch andere Autoren mit. Unter anderem der geborene Uelzener Florian Hilleberg, der auch gerade ein Buch über das Phänomen John Sinclair geschrieben hat. NDR Kultur hat mit ihm gesprochen - und sogar mit Moderator Philipp Schmid eine Harmonie des Gruselschreckens kreiert!
Grusel-Geschichte zum 50. "John Sinclair"-Jubiläum: "Das Vermächtnis des alten Volkes"
"Die Nacht des Hexers" - so hieß der allererste Heftroman über den Geisterjäger John Sinclair. Geschaffen hat diesen Helden vor 50 Jahren, im Juli 1973, Jason Dark alias Helmut Rellergerd. Mit einer Auflage von weit mehr als 250 Millionen Romanen ist die Marke "John Sinclair" im Kioskregal etabliert. Für die einen haben die Grusel-Geschichten im Groschenroman-Format Kultstatus, für die anderen sind sie banaler Schund. Kann man die Texte als Literatur lesen? NDR Kultur Literaturredakteurin Juliane Bergmann hat den Versuch gemacht und das aktuelle Heft von Rafael Marques gelesen.
Zugegeben: Ich starte mit Skepsis. Ein Heftroman, Band 2347, eine stolze Zahl, auf dem Cover ein Horrorhaus im Nebel, der Titel in eher knuffiger Comic-Schrift: "Das Vermächtnis des alten Volkes", zu finden im Bahnhofskiosk. Kann das was taugen? Ich will ihm eine Chance geben, diesem Bill Conolly. Er ist britischer Reporter und Geisterjäger.
Kurz bevor Bill Conolly sein Flugzeug besteigt, um der Einladung zu einer Ausstellung heidnischer Artefakte in der russischen Oblast Kaliningrad zu folgen, erhält er einen seltsamen Anruf. "Das Vermächtnis des alten Volkes"
Der Reisende ist Protagonist des aktuellen Romans der John-Sinclair-Reihe. Sein russischer Freund, der Gastgeber in spe, hat vorab am Telefon ein mulmiges Gefühl:
Ich glaube, ich werde deine Ankunft nicht mehr erleben. Menschen sind verschwunden, wahrscheinlich ermordet, und ich denke, dass alles mit der Ausstellung zusammenhängt. Bill, mein Kamerad - wenn ich sterben sollte, weißt du jetzt wenigstens, wo du ansetzen musst. "Das Vermächtnis des alten Volkes"
Horror-Einmaleins ist simpel - und funktioniert
Als Bill Conolly seinen toten Freund - ohne Augen und mit herausgerissenem Herzen - findet, macht er sich im düsteren, verschlossenen Ort Baltijsk auf die Suche nach Antworten. Nicht lange lassen Gestalten aus der Unterwelt auf sich warten. Sprachlich ist der Text solide, mitunter etwas schablonenhaft. Was man der Story aber lassen muss: Sie ist spannend. Klar: Die Tricks aus dem Horror-Einmaleins sind simpel und durchschaubar, aber - sie funktionieren. Ständig irren die Figuren im Dunkeln umher. Schreckmomente inklusive. Oft gibt uns der Erzähler einen Wissensvorsprung oder eine böse Vorahnung. Wenn ein Raum plötzlich kälter wird, neblig, seltsam riecht oder etwas Sonderbares zu hören ist, wie "ein seltsames Geräusch ließ ihn auf der Stelle verharren. Es klang, als hätte jemand seine Fingernägel über die Wand fahren lassen."
Und dann ist natürlich das Setting an sich schon gruselig genug. In dieser Ausgabe: eine alte Festung, eine kleine Insel voller schmaler Brücken und die Kellerräume des Museums, in denen vier rätselhafte Särge lagern, verkettet und versiegelt, 9000 Jahre alt, ausgegraben in Spitzbergen, "ein Erbe einer völlig unbekannten, untergegangenen Kultur."
Conolly hat seine magischen Waffen für übliche Dämonenkämpfe nicht dabei - schließlich war die Reise als Ausstellungsbesuch gedacht. Weil sich Russland im Krieg befindet – der einzige Bezug zur bitteren Gegenwart - darf Conollys Freund John Sinclair nicht einreisen. Die Suche nach Waffen, Gefährten und Hinweisen erinnert an die Logik von Computerspielen. Der inhaltliche Clou ist ein uralter Topos: In der Hoffnung auf Unsterblichkeit geht der Museumschef einen Pakt mit dem Teufel ein. Alles ist auf den schnellen Effekt hin geschrieben. Einen gewissen Unterhaltungswert kann ich dennoch nicht abstreiten.
Amüsanter Trashfaktor lohnt für Horrorfans
Nun musste er hilflos miterleben, wie sich das zu großen Teilen skelettierte Wesen wenige Meter vor ihm aufrichtete und sich ihm in seiner ganzen, scheußlichen Pracht präsentierte. Das linke Auge existierte noch, wenngleich es eher lose in der Höhle lag und leicht zur Seite rollte, als der Zombie seinen Kopf drehte. Die nur noch als Fetzen herabhängende Oberlippe verzog sich zur Andeutung eines Lächelns. "Das Vermächtnis des alten Volkes"
Der Trashfaktor ist amüsant. So klischeehaft und plakativ die Geschichte auch sein mag - ich möchte ihr Ende erfahren. Natürlich ist ein solcher Kleinst-Roman eher das Junk Food unter den erzählerischen Formen. Aber für Horror-Fans wie mich ist diese Welt der "krokodilgesichtigen Höllenengel" einen kurzen Trip wert - zum Ticketpreis einer Apfelschorle.
Interview mit dem Uelzener Autor Florian Hilleberg über die Reihe "John Sinclair"
Im Gespräch mit NDR Kultur verrät der Uelzener Autor Florian Hilleberg, der seit Jahren für die Reihe "John Sinclair" schreibt und sogar ein Sachbuch über das Thema herausgegeben hat, warum hat diese Reihe über so viele Jahre so einen Erfolg hat, was den Helden John Sinclair ausmacht und wie sich der Held über die Jahre gewandelt hat: Denn er ist verletzlicher geworden - hat auch ein bisschen Privatleben. Hilleberg erzählt, was Menschen sagen, die über diese Heftromane die Nase rümpfen, und wie man es als Autor schafft, parallel für mehrere Reihen zu schreiben und was er vom großen Jubiläumstreffen in Köln erwartet, wenn der "John Sinclair"-Verlag Bastei ein großes Zusammentreffen organisiert, wie es als "Sinclair"-Autor ist, auf die Leserinnen und Leser zu treffen.
Horror-Harmonie des Gruselschreckens mit Philipp Schmid
Zur Feier des 50-jährigen Bestehens der "John-Sinclair"-Heftromane hat sich NDR Kultur Moderator Philipp Schmid exklusiv auf ein gruseliges Abenteuer gewagt. In drei Hörkapiteln für Wagemutige begibt er sich als Klangjäger auf neue Abenteuerreisen. Denn Schmid hat einen Tipp bekommen. Einen Wink. Einen Hinweis sogar. Ein Vögelchen hatte ihm gesungen, oder ihm vielmehr gekrächzt, dass sich hier der sagenhafte Doktor Moll aufhalten würde: in der wilden Villa Adagio. Einst hatte sie Professor Kling-Klang gehört, dem irren Harmonie-Physiker, der aber schon vor einiger Zeit spurlos verschwunden war. Düstere Mysterien flüsterten von seinem derben Verderben. Ein gruseliges Hör-Abenteuer in drei Kapiteln.
Klangjäger Folge 1: Im Banne des Doktor Moll
In Teil eins bekommt er einen Tipp, dass der schreckliche Dr. Moll sich in der wilden Villa Adagio aufhalte soll! Der Mann, der die Welt in düstere Klänge getaucht hat. Vorsichtig schiebt Klangjäger Philipp Schmid seine Wunder-Wanderorgel zur Seitentür.
Klangjäger Folge 2: Das Grauen in den Brauen
In Teil zwei erwartet Klangjäger Philipp Schmid ein unheilvolles dröhendes Brummen. Zwei Helfer des bösen Dr. Moll stehen ihm entgegen: der Teufelsgeier und die Satansbratsche. Wie wird Klangjäger Philipp Schmid an ihnen vorbeikommen?
Klangjäger Folge 3: Harmonie? Nie!
In Teil drei droht Klangjäger Philipp Schmid neues Unheil: der böse Dr. Moll greift ihn aus dem Obergeschoss der wilden Villa an. Kann Klangjäger Philipp Schmid mit seiner geweihten Stimmgabel dagegenhalten?
Der neue Heftroman "Das Vermächtnis des alten Volkes" kostet 2,40 Euro und markiert 50 Jahre der Heftroman-Reihe "John Sinclairs Geisterjäger".