Fußballkultur statt Kommerz: Das "Tschutti-Heftli" aus Luzern
Keine Europameisterschaft ohne Fußball-Stickeralbum - aber bitte mit Stil und Kunstsinn: Beim "Tschutti-Heftli" aus der Schweiz sind die Spieler-Portraits von Künstlerinnen und Künstlern gestaltet.
Schon vor 16 Jahren haben fußballbegeisterte Kreative in Luzern dieses besondere Projekt gestartet. Es ist eine Alternative zu den kommerziellen Sammelbildchen von Panini & Co - das Tschutti-Heftli zur Euro 2024 gibt es auch in Deutschland.
"Tschutti-Heftli": Fußball und Leidenschaft statt Kommerz
Das Herz der Luzerner Fußballkultur schlägt im ehemaligen Hallenbad der Stadt, dem Neubad. Ein Kunst- und Kulturzentrum mit Bar, Club, Ateliers und eben dem Hauptquartier des "Tschutti-Heftli" - der Alternative zu den banalen Foto-Sammelbildchen von Panini & Co. "Tschutti" kommt vom schwyzerdütschen Verb "tschutte" - auf Hochdeutsch: kicken. Die Geburtsstunde der "Tschutti-Heftli" war vor 16 Jahren, als die Luzerner Tschutti-Fans genug hatten vom Panini-Monopol und beschlossen, dem Fußball - beziehungsweise den Spielerinnen und Spielern - ein neues, ein künstlerisches Gesicht zu geben.
"Wir haben uns damals über die Euro 2008 in der Schweiz sehr gefreut. Dann haben wir gemerkt: Es geht gar nicht so viel um Fußball, sondern vielmehr darum, wer wo was verkaufen kann - und das hat uns gestört", erzählt "Tschutti-Heftli"-Projektleiter Silvan Glanzmann. "Der Fußball und die Leidenschaft kam für uns zu kurz. Da haben wir uns gedacht, wir machen ein Projekt, wo das im Zentrum steht und nicht das Kommerzielle." Aus einem vollgestopften Lagerregal zieht Glanzmann die Portraits der deutschen Nationalspieler, die der Hamburger Illustrator Benne Bockshecker vor grell-bunten Lichtern wie auf einer Kirmes zeigt.
Illustratorinnen und Illustratoren können sich für die Gestaltung bewerben
Künstlerische Freiheit und Gestaltungswille gehen sowieso vor beim Tschutti-Heftli - 150 Künstlerinnen und Künstler hatten sich für das aktuelle EM-Heft beworben, eine Jury wählte dann 24 aus - für die 24 EM-Teams. Die Vielfalt der "Tschutti-Heftli"-Bilder ist einfach hinreißend. Niedlich-freundlich sehen die Schweizer Nationalspieler aus. Die Basler Illustratorin Sarah Bloch hat sie beispielsweise inmitten von Blumen und hohem Gras gezeichnet. Dabei habe sie sonst mit Fußball eigentlich wenig am Hut, sagt Sarah.
Das "Tschutti-Heftli" kostet fünf Euro, ein Tütchen mit zehn "Tschutti"-Stickern kostet zwei Euro. Weder die Künstlerinnen noch die Herausgeber machen das große Geld. Aber das Projekt trägt sich dank einiger Sponsoren und mit viel ehrenamtlichem Einsatz - und natürlich zuallererst mit der Leidenschaft für den Fußball.
Ein Herz für die Verlierer
Da haben die Luzerner Tschutti-Fans übrigens auch ein Herz für Verlierer - die Mannschaften, die sich wohl nie für eine EM qualifizieren werden, sind im "Tschutti-Heftli" ganz vorne dabei: "Liechtenstein, San Marino oder Andorra spielen Jahr für Jahr die Qualifikation, geben alles, und wir haben gedacht: Das wollen wir jetzt mal würdigen", erzählt Silvan Glanzmann. "Wir haben die Kapitäne der fünf letzten Mannschaften der UEFA-Rangliste auch zeichnen lassen - und die sind ganz vorne auf Seite drei im Heftli."