Schottische Fußball-Fans schwenken Fahnen © picture alliance/dpa/PA Wire | Steve Welsh

Fußball-Euphorie bei The King's Singers: Daumendrücken auf Schottisch

Stand: 14.06.2024 16:51 Uhr

Chris Bruerton ist Bariton beim britischen A-cappella-Ensemble The King's Singers - und Fußballfan. Der aus Neuseeland stammende Sänger hat schottische Wurzeln und drückt Schottland deshalb besonders die Daumen für die EM.

Sie kommen aus Neuseeland - Woher kommen Ihre schottischen Vorfahren?

Chris Bruerton: Meine Vorfahren kamen von den Orkney Inseln, ganz im Norden von Schottland, von Sanday - ganz im Nordosten, eine winzige Insel. Sie sind Ende des 19. Jahrhunderts nach Neuseeland ausgewandert - eine lange Reise. Ich bin in Christchurch im Süden Neuseelands aufgewachsen, aber ich habe noch Cousins in Schottland und ich bin ziemlich stolz auf meine schottischen Vorfahren.

Schottische Vorfahren, aber kein schottischer Akzent, oder?

Bruerton: Nein, ich bin der mit dem Kiwi-Akzent.

Viele Kinder, die Fußball spielen, wollen später mal Nationalspieler werden. Wie war es als Kind bei Ihnen, als junger Sänger? Hatten Sie immer schon den Traum, mal zu The King's Singers zu kommen?

Bruerton: Traurigerweise wollen viele Kinder am liebsten bei den All Blacks spielen - der Rugby-Nationalmannschaft. Aber ich hatte das Glück, dass meine Eltern mich immer gefördert und unterstützt haben, Sänger zu werden. Viele haben mir Mut gemacht, aber für die meisten geht's schon um Sport.

Wie sind denn die schottischen Fußballfans? Worauf müssen wir uns in Deutschland einstellen?

Bruerton: Sie sind unglaublich leidenschaftlich. Ich war mal in Neuseeland bei einem Fußballspiel und stand neben einem schottischen Fußballfan. Mein Wortschatz ist enorm gewachsen. Das meiste kann man im Radio nicht wiederholen. Sie haben eine sehr farbenprächtige Sprache. Anders als Deutschland, die ja immer bei großen Turnieren dabei sind, sind die Schotten erst zum vierten Mal dabei. Es geht vor allem um Spaß und die Freude, dabei zu sein.

The King's Singers als Ensemble aus Großbritannien haben natürlich mehrere Chancen, Daumen zu drücken: für Wales, für England, für Schottland. Wie ist das bei Ihnen im Ensemble? Wie sind da die Sympathien verteilt?

Bruerton: Natürlich verfolgen wir irgendwie alle Teams von der Insel. Manchmal machen wir ein Gewinnspiel und wetten, wer gewinnt, und wahrscheinlich bin ich der größte Fußballfan von uns. Nein - Nick, unser zweiter Bariton, ist großer Liverpool-Fan. Er ist natürlich für England, aber ich verfolge, wenn's geht, alle Spiele und bin dabei am eifrigsten.

Während der EM werden Sie auf Tour in den USA sein. Wie sind da die Chancen, Spiele zu schauen?

Bruerton: Wenn das von der Zeitverschiebung hinkommt, schauen wir das bestimmt im Fernsehen an oder vielleicht auf unseren Handys. Ich drücke jedenfalls Schottland die Daumen.

The King's Singers gibt es schon seit über 50 Jahren und ähnlich wie bei Nationalmannschaften kommen neue Spieler - also neue Sänger - immer wieder dazu. Was ist das Geheimnis eines Ensembles, sich so lange an der Spitze zu halten?

Bruerton: Für mich hat der Erfolg von The King's Singers mit der ständigen Verjüngung zu tun. Das tun wir, indem wir etwa alle zwei Jahre neue Mitglieder aufnehmen. Aber die Erfahrung und das Ethos der Gruppe bleiben erhalten - und genau so ist es auch in einer Fußballmannschaft. Man braucht immer ein Gleichgewicht aus Erfahrung und junger, neuer Energie. Die Leute kommen mit neuen Ideen, aber man schätzt auch das Erbe, die Erfahrung und die Weisheit. Das Gleichgewicht zu finden, macht ein Spitzenteam aus - in der Musik und im Sport.

Manuel Neuer ist 38 Jahre alt, der älteste Spieler bei der EM ist ein Ungar mit 40 Jahren. Wie sieht es bei The King's Singers aus? Wie lange kann man das machen?

Bruerton: Der älteste King's Singer, mein Vorgänger, war 55, als er aufgehört hat. Die Stimme reift erst in den 30ern. Man kann bequem auf hohem Niveau bis vielleicht 60 singen. Meistens hat es eher damit zu tun, dass man dann etwas Neues machen möchte. 200 Tage im Jahr aus einem Koffer zu leben, ist nicht gerade jedermanns Vorstellung von Glamour.

Die wichtige Frage: Wer wird Europameister?

Bruerton: Ganz schwierig. Leider nicht Schottland vermutlich - auch England wohl nicht. Es läuft vermutlich auf Frankreich oder Deutschland raus. Heimbonus für Deutschland. Portugal hat auch technisch tolle Spieler. Schottland wird es wohl nicht sein.

Das Gespräch führte Philipp Schmid.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 14.06.2024 | 07:00 Uhr

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