Der amerikanische Autor Ernest Hemingway © picture-alliance / akg-images | akg-images
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AUDIO: Vielfältig und widersprüchlich: Die US-Literatur (4 Min)

Die USA verstehen - mit Hemingway, Highsmith und Harry Rowohlt

Ausgerechnet Patricia Highsmith, die lieber in Europa lebte, zählt wie John Steinbeck, Susan Sontag und Elisabeth Strout zu den präzisen Chronisten der USA. Unser Kollege versucht einen Überblick über die vielfältige US-Literatur zu geben.

von Alexander Solloch

Mit Inbrunst und allenfalls mildem Spott singt Harry Rowohlt (1945-2015) Amerikas "Zweithymne", in der es unter anderem heißt: "America the Beautiful, America! America! God shed His grace on thee, And crown thy good with brotherhood, from sea to shining sea". Also: "Amerika! Amerika! Gott sei Dir zugetan! Krön‘ Deine Kraft mit Bruderschaft, von Ozean zu Ozean!"

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Susan Sonntag, Vertreterin engagierter Literatur

Der berühmte Übersetzer aus Hamburg, der als junger Mann ein Jahr in New York gelebt hatte, liebte die USA, war erstaunt, erschüttert, fasziniert vom Widerspruch zwischen Freiheit und Offenheit auf der einen, Gewalt und Einsamkeit auf der anderen Seite. Neben Iren übersetzte Rowohlt denn auch vor allem Amerikaner: Kurt Vonnegut, den großen Pazifisten, Robert Crumb, den genialen Comickünstler, eine Ikone des Anti-Konventionellen, und sogar – obwohl er sonst nur Männer übersetzte – Susan Sontag (1933-2004) , diese kraftvolle Vertreterin engagierter, keinen Konflikt scheuender Literatur.

Sie sagte einst: "Ich betrachte mich in erster Linie als Schriftstellerin, definiere mich nicht als Kritikerin oder Intellektuelle. Ich bin aber auch ein menschliches Wesen, eine Bürgerin eines speziellen, viel zu wichtigen Landes, Weltbürgerin". Und weiter: "Ich glaube an den Begriff der ‚Weltliteratur‘, der meines Wissens von einem deutschen Schriftsteller namens Goethe geprägt wurde. Und ich fühle mich zugehörig, denn für mich ist Literatur ein internationales Anliegen."

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Faulkner, Hemingway, Wolfe: lupenreine Klarheit im Stil

Vor allem auf Susan Sontags Kurzgeschichten trifft das zu, was man - auch im Wissen um die Risiken allzu leichtfertiger Verallgemeinerung - der US-amerikanischen Literatur insgesamt und bis heute nachsagen kann: Lupenreine Klarheit im Stil verbindet sich mit dem Wunsch, nicht bloß zu erzählen, sondern auch etwas auszusagen, womöglich gar: zu bewegen. Eine einfache, lakonische, dabei immer zupackende und kraftvolle Sprache hält die Werke etwa von Autoren wie William Faulkner, Ernest Hemingway und Thomas Wolfe immer frisch.

Und natürlich von John Steinbeck (1902-1968) , dem Meistererzähler von der kalifornischen Pazifikküste, einer der meistgelesenen Autoren des 20. Jahrhundert. Kaum ein Roman beschreibt so nahbar und eindringlich die Liebe der Amerikaner zum Geld wie Steinbecks "The Winter of our Discontent" ("Der Sommer unseres Missvergnügens"). Aber das Wundersame an seinem Werk ist dessen Vielschichtigkeit.

Steinbecks und seine zeitlos-menschlichen Konflikte

Die vermeintlich kleineren Romane wie "Tortilla Flat" oder "Die Straße der Ölsardinen" zeigen sehr humorvoll und menschenfreundlich das Leben der sogenannten kleinen Leute, Außenseiter, Ganoven und Schelme, wobei sich im Hintergrund amerikatypische, gesellschaftliche und zeitlos-menschliche Konflikte andeuten. Die werden dann monumental ausgeleuchtet in seinen großen, gewichtigen, ernsten Werken "Früchte des Zorns" und "Jenseits von Eden".

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Als Steinbeck 1962 den Literaturnobelpreis bekam, erklärte er: "Es ist die Aufgabe des Schriftstellers, die erwiesene Befähigung des Menschen zur Größe zu erklären und zu feiern: die Befähigung zur Größe des Herzens und des Geistes, zu ritterlichem Rückzug und Mut, zu Mitgefühl und Liebe."

Unübertroffen in ihren präzisen Porträts: Patricia Highsmith

Wo ist sie hin, die Liebe? Gegenwartsautorinnen und -autoren wie Jonathan Franzen, Hanya Yanagihara, Elizabeth Strout oder T.C. Boyle untersuchen in ihren Werken die großen sozialen Spannungen unserer Zeit. Unübertroffen aber in messerscharfer Präzision und brutaler Direktheit bleibt Patricia Highsmith (1921-1995). Bald seit 30 Jahren tot, ist sie doch immer noch die beste Informantin über das Leben in Amerika, das Leben ganz normaler Angestellter mit ganz normalen Träumen und ganz normalen Hunden und... ganz normalen Abgründen.

Allerdings lebte Highsmith lieber in Europa, fand die Menschen dort spannender als etwa in ihrer Heimat Texas, wo selbst die Zeitungen nur mittelmäßig seien. New England möge sie, und auch Pennsylvania. Von dort komme man schnell nach New York, sagte sie einmal.

Ihre Romane widerlegen das. Und sowieso gilt ja für dieses Riesenland, wie Harry Rowohl eben so so schön singt: "Amerika! Amerika! Gott sei Dir zugetan! Krön‘ Deine Kraft mit Bruderschaft, von O zu Ozean!"

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