"Aura" ist Jugendwort des Jahres 2024
Der Langenscheidt Verlag hat das Jugendwort des Jahres 2024 gekürt: Mit einem knappen Vorsprung vor "Talahon" und "Schere" wurde "Aura" als diesjähriges Jugendwort auf der Frankfurter Buchmesse vor Live-Publikum bekannt gegeben.
Das Wort "Aura" kommt ursprünglich aus dem esoterischen Sprachgebrauch. Seit 2020 wird der Begriff in einen neuen Kontext gestellt, als erstes in Anlehnung an den niederländischen Fußballspieler Virgil Van Dijk. Aktuell bezieht sich "Aura" oft scherzhaft auf die Ausstrahlung, das Charisma oder den Status einer Person. "Wir erleben erneut, wie lebendig Jugendsprache ist. Vielfältige Einflüsse, Nutzungssituationen und Deutungen regen zur Diskussion an, was wir natürlich gerne begleiten", sagt Nikolas Hoenig, Head of Marketing beim Verlag PONS Langenscheidt.
Steigende Teilnehmendenzahlen bei der Abstimmung
Jugendliche zwischen elf und 20 Jahren waren aufgerufen, Vorschläge für das Jugendwort einzureichen. Eine Fachjury hat alle Einreichungen geprüft. Erst wenn ein Begriff als "verbreitet" eingestuft wird, nicht beleidigend ist, repräsentativ ist und dieser laut Pressemeldung von Langenscheidt "nicht von einer Kampagne initiiert ist", bleibt er im Rennen.
Abgestimmt haben in diesem Jahr elf Prozent mehr Teilnehmende als im Vorjahr. Insgesamt lag die Zahl der Votes im hohen sechsstelligen Bereich. "Das gesteigerte Engagement in diesem Jahr zeigt, wie sehr das Interesse und die aktive Mitgestaltung der jungen Menschen an ihrer eigenen Sprache zunimmt", erklärt Patricia Kunth, Marketing Managerin bei PONS Langenscheidt und Projektleiterin der Jugendwort-Kampagne, in der Pressemitteilung.
Diese Begriffe waren zuvor mit in den Top 10
- Akh (arabisches Wort für Bruder, auch Anrede für einen Freund oder Bekannten)
- Hölle nein (kommt aus dem englischen "hell no" und wird als Widerspruch verwendet)
- Yurr (bedeutet "ja" oder "what's up")
- Yolo (steht für "you only live once")
- Nein Pascal, ich denke nicht (Phrase wird genutzt, um einer Aussage zu widersprechen)
- Pyrotechnik (Ausdruck der Unterstützung für den Einsatz von Pyrotechnik bei Sportveranstaltungen)
- Digga(h) (oft aber nicht immer eine Anrede für einen Kumpel oder Kollegen)
Aufregung um "Talahon"
Der Begriff "Talahon" ist stark umstritten. Er kommt aus dem Arabischen, leitet sich übersetzt von "Komm her (wenn du dich traust)" ab, steht mittlerweile aber auch für junge Männer, die gefälschte Luxusklamotten tragen und mit Bauchtasche, Trainingshose und Goldkette durch die Innenstadt laufen, um sich wichtig zu machen. Gemeint sind oft auch junge Männer mit Migrationshintergrund. So lautet zumindest das Klischee. Sogenannte Talahons sorgen in den sozialen Medien für Aufregung und teils rassistische Diskussionen über Migration und Jugendkultur.
TikTok hat großen Einfluss
Wenig überraschend, hat vor allem Social Media, allen voran TikTok, den größten Einfluss auf die Wortwahl junger Menschen. Damit lassen sie Ältere eher lost zurück. Die Wörter müssen nicht zwingend deutsch sein. Auch Begriffe aus dem Arabischen, Türkischen, Englischen oder anderen Sprachen zählen, wenn sie häufig genutzt werden. Einreichungen mit rassistischem, sexistischem oder homophobem Bezug sind nicht zulässig.
"Boomer-Wort" des Jahres 2024 lautet "Sportsfreund"
Im Mai hatte der TikToker Levi Pennell seinerseits zur Wahl des Boomer-Wortes 2024 aufgerufen. Er wollte herausfinden, welches "Retro"-Wort der Boomer-Generation viel zu selten genutzt werde. Von all den unter seinem Account von Jugendlichen eingereichten Begriffen, an denen sich wohl an die 200.000 Nutzende beteiligt hatten, blieben drei übrig. Tagesschau-Moderator Jens Riewa verkündete die Top 3 Boomer-Worte des Jahres auf Pennells Account: "Schnabulieren", "Papperlapapp" und "Sportsfreund". Gewonnen hat letztlich "Sportsfreund".
Rückblick auf 2023: "Goofy" war Jugendwort des Jahres
Vergangenes Jahr war "goofy" das meistgewählte Wort der Jugendlichen im Voting. Bekannt wurde das Wort bereits 1939, als Comicfigur von Walt Disney. Als treuer Freund von Micky Maus fällt Goofy besonders durch seine Naivität und Tollpatschigkeit auf.
Das waren die Jugendwörter der vergangenen zehn Jahre
- 2023: goofy - tollpatschige, alberne Person oder Verhaltensweise, die andere zum Lachen bringt
- 2022: smash - mit jemandem etwas anfangen
- 2021: cringe - peinlich, zum Fremdschämen
- 2020: lost - ahnungslos, verwirrt
- 2019: kein Jugendwort
- 2018: Ehrenmann/Ehrenfrau - guter Mensch
- 2017: I bims - Ich bin's
- 2016: fly sein - besonders abgehen
- 2015: Smombie - Zusammensetzung aus Smartphone und Zombie
- 2014: Läuft bei dir - Gut gemacht! Du hast es drauf! Cool!
- 2013: Babo - Boss, Chef:in
Seit 2008 veröffentlicht Langenscheidt das Jugendwort des Jahres - als allererstes siegte damals "Gammelfleischparty" (Ü-30-Party). Bei den Einreichungen achtet ein Gremium lediglich darauf, dass bestimmte Kriterien eingehalten werden.
Viele Begriffe sind generationsübergreifend in den Wortschatz übergegangen. Ein gutes Beispiel dafür ist "cringe" (das Fremdschämen), das Jugendwort 2021, das auch von Älteren genutzt wird. Petra Schulz, Professorin für Deutsch als Zweitsprache an der Goethe-Universität Frankfurt, hat dafür eine einleuchtende Erklärung: "Der Begriff 'cringe' hat sich durchgesetzt, weil er eine lexikalische Lücke gefüllt hat."