Weihnachtstheater in Braunschweig: Was macht "Momo" so zeitlos?
Eine perfekte Möglichkeit, um sich ohne Hektik auf Weihnachten einzustimmen, ist das Stück "Momo" am Staatstheater Braunschweig. Regisseur Markolf Naujoks erklärt im Interview, warum das so ist.
Herr Naujoks, was bringt Sie in Adventsstimmung?
Markolf Naujiks: Mich persönlich bringt in Adventsstimmung, zu Hause zu sein, bei den Kindern, weil man am Theater schon viel unterwegs ist. Nach "Momo" kann ich die Adventszeit mit den Kindern verbringen und bin nicht unterwegs. Das ist ganz schön.
Momo - warum ist genau diese Heldin die passende Begleitung durch die vorweihnachtliche Zeit?
Naujiks: Sie ist die passende Begleitung, weil die Weihnachtszeit auch dafür da sein sollte, dass man im Winter auch mal Zeit hat, sich gegenseitig zuzuhören. Da ihre Superkraft ja das Zuhören ist, ist das vielleicht der Moment, wo man sich mal zusammensetzen und reden könnte, was im letzten Jahr so passiert ist, und man wieder ein bisschen zusammenrücken könnte. Deshalb ist das das richtige Stück, das hoffentlich dazu inspiriert, sich gegenseitig, auch über die Generationen hinweg, ein bisschen Zeit füreinander zu nehmen und sich zuzuhören.
Vermutlich haben viele Eltern oder Großeltern das selbst als Kind gelesen, und das verbindet das Publikum, oder?
Naujiks: Das denke ich auch. Das Team war zum Produktionsstart relativ groß, und wenn man sich zusammensetzt und die Frage stellt, wo die Berührungspunkte mit Michael Ende sind, hat jeder aus dem Team entweder das Buch gelesen oder den Film gesehen. Und wenn es nicht "Momo" war, dann war es "Die unendliche Geschichte". Mit Michael Ende hat fast jedes Kind und jeder Erwachsene irgendwann mal eine Berührung gehabt.
Nicht jedes Kinderbuch, was 50, 60 Jahre alt ist, ist noch zeitgemäß? Was macht "Momo" so zeitlos?
Naujiks: Bei den Kolleg*innen, die das in Hannover und in Oldenburg auf den Spielplan gesetzt haben, wird es sicherlich derselbe Grund gewesen sein wie in Braunschweig: weil es noch mal sehr aktuell geworden ist, dadurch das jetzt eine Zeitenwende beschrieben wird, die viele Menschen auch so empfinden. Denn bei "Momo" handelt das erste Viertel von einer intakten und funktionierenden Gesellschaft, und dann passiert plötzlich was, was alles durcheinanderbringt. Die Zeit verändert sich, es wird plötzlich alles schneller, härter, grauer. Die Leute hören sich nicht mehr zu. Das ist etwas, womit viele Menschen und auch Kinder heute etwas anfangen können, weil auch die Kinder merken, dass sich gesamtgesellschaftlich etwas verändert. Man hat das Gefühl, man steht an einer neuen Zeit, wo man vielleicht versuchen muss - wie Momo -, die Zeit ein bisschen zurückzudrehen oder wieder dazu zurückzukehren, wo man sich gegenseitig wieder zuhört. Weihnachten ist oft die Zeit, wo man sich in der Familie wiedersieht und wo vielleicht auch große politische Streitthemen unterm Weihnachtsbaum verhandelt werden. Da passt das Stück eigentlich sehr gut in die Zeit rein.
Gerade bei Weihnachtsmärchen oder bei Familienstücken sind ganz viele Kinder im Theater. Was ist das für ein Erlebnis, wenn man diese Begeisterung der Kinder mitbekommt?
Naujiks: Ich kriege jetzt die Rückmeldungen von den Kolleg*innen, die auf der Bühne stehen, und das Schöne bei "Momo" oder auch bei Weihnachts- und Familienstücken ist, dass einfach so eine große Energie da ist. Ich mache viel Kinder- und Jugendtheater, und so eine Energie und so einen Austausch zwischen Bühne und Publikum erlebt man als Schauspieler*in selten. Das ist einfach ganz toll.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.