Ein Metalldetektor fährt über einen Waldboden © NDR

Unterwegs mit illegalen Schatzsuchern im Norden

Stand: 23.11.2023 19:51 Uhr

Für den neuen Fall im NDR Kultur-Podcast "Kunstverbrechen" gelingt es Reporter Torben Steenbuck zwei illegale Sondensucher zu begleiten. In einem Wald - irgendwo in Mecklenburg-Vorpommern - beginnt die Suche.

von Torben Steenbuck und Jonas Kühlberg

Es begann mit den Recherchen zur Himmelsscheibe von Nebra und ihren Raubgräbern. Die Himmelscheibe ist heute ein weltweit bekanntes Museumsstück - und ein archäologischer Jahrtausendfund, der fast verloren gegangen wäre. Zwei Raubgräber fanden sie 1999 in einem Wald im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt und wollten das große Geld machen. Gefunden haben sie die Scheibe mit Metalldetektoren. Sondensucher nennen sie sich. Und die gibt es bis heute zahlreich, auch in Norddeutschland.

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Ein leerer Bilderahmen hinter Polizei-Absperrband. © NDR Foto: Foto: [M] Aleksandr Golubev | istockphoto, David Wall | Planpicture

ARD Audiothek: "Die Himmelsscheibe von Nebra - 2. Folge Kunstverbrechen

Lenore Lötsch und Torben Steenbuck erzählen vom Fund der Himmelsscheibe und ihr spektakulärer Weg in ein Museum. extern

Um die illegalen "Sondler" besser zu verstehen, versucht NDR Kultur-Reporter Torben Steenbuck mit der Szene in Kontakt zu treten. Zwei von ihnen wollen schließlich mit ihm reden. Wir nennen sie Matthias und Peter - denn beide wollen unerkannt bleiben. Steenbuck gelingt es, die beiden bei einem Waldstück in Mecklenburg-Vorpommern bei der illegalen Sondensuche zu begleiten.

Bei einem Leitwert von 60 lohnt sich ein Spatenstich

Ein Mann hält einen Metalldetektor über einen Waldboden © NDR Foto: Torben Steenbuck
Mit einem Metalldetektor suchen die Sondengänger den Waldboden ab.

Matthias und Peter suchen mit Metalldetektoren den Waldboden ab. Sie tragen lange Sonden mit einer runden Scheibe am Ende in der Hand. An dem Handgriff lässt sich die Leitfähigkeit im Boden anzeigen. Bei einem Leitwert von über 60 lohnt sich ein Spatenstich, weil genügend Metall im Boden gefunden wurde, erklären die Sondengänger.

Nach ein paar 100 Metern im Wald ändert sich der Ton. "Treffer" melden die Detektoren! Irgendwo verbuddelt in der Erde müsste etwas sein, vielleicht aus Silber oder Kupfer oder einem anderen Metall. Als illegaler Schatzsucher geht man aber nicht unvorbereitet in den Wald oder aufs Feld. Sich in der Stadtchronik auszukennen und ein paar ältere Anwohnerinnen und Anwohner zu fragen, kann hilfreich sein.

Ein Taschenmesser von 1900 und ein NSDAP-Abzeichen

Auf einer Handfläche liegt ein Abzeichen der ehemaligen NSDAP-Partei, © NDR Foto: Torben Steenbuck
Die Sondengänger finden im Wald ein altes Abzeichen der NSDAP-Partei.

Matthias und Peter finden an diesem Tag gemeinsam mit Reporter Torben Steenbuck ein altes Taschenmesser, was schätzungsweise aus dem Jahr 1900 stammt und ein altes NSDAP-Partei-Abzeichen. Marktwert etwa 45 Euro im Internet. "Das ist spannend, denn wir waren schon häufiger hier suchen und man findet trotzdem immer noch solche historischen Gegenstände", sagt Peter.

Nach einem Fund müssen die Spuren im Boden schnell verwischt werden. "Weil jedes Loch verrät einen. Und gerade die Konkurrenz oder auch der Förster, die sehen das nicht so gern", erzählt Matthias. Die Konkurrenz ist seit Corona größer geworden und auch aggressiver, berichtet Matthias: "Bei Lübeck haben sie einem Kollegen mal die Reifen zerstochen, mitten im Wald. So weit geht da der Futterneid der Konkurrenz".

Funde gehören dem Land

Es gibt legale Sondengänger, mit einer Lizenz der Landes-Denkmalschutzbehörde. Und sie sind eine Hilfe für Archäologen! Jeder Fund muss penibel dokumentiert werden. Doch eine Belohnung gibt es selten, die Funde gehören dem Land, das regelt das sogenannte Schatzregal. Und dann gibt es die Illegalen Schatzsucher: manche forschen nach Relikten aus früheren Epochen, andere wollen vermeintliches "Nazi-Gold" aufspüren.

Vor allem das historische Interesse treibe sie auf die Suchen, die oft über mehrere Tage gehen können, sagt Peter. Registrieren wollen sie sich trotzdem nicht. "Wir wollen uns lieber frei bewegen." Sollten sie erwischt werden, drohen Geldbußen.

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10.000 Euro für eine V2 Rakete aus dem Zweiten Weltkrieg

Tatsächlich sind Sondengänger wie Matthias und Peter nicht die einzigen, die sich auf Schatzsuche im Norden begeben. In Schleswig-Holstein gibt es etwa 500 Sondengänger, die mit der Denkmalschutzbehörde zusammenarbeiten. Sie haben einen Kurs absolviert und schließlich eine Genehmigung erhalten, um auf den Feldern zu suchen. Die Personen, die illegal suchen, sollen allein in Schleswig-Holstein zehnmal soviele sein.

Und ein Fund kann sich lohnen: So bekommt man für ein Kettenglied vom Panzer "Königstiger 1" auf dem Schwarzmarkt 1000 Euro. Ein Bandenkampfabzeichen in Gold und Teile einer V2 Rakete aus dem Zweiten Weltkrieg sind bis zu 10.000 Euro auf dem Schwarzmarkt wert. Die Gegend um Peenemünde ist dabei als Suchgebiet sehr beliebt, da dort immer wieder alte Teile der Rakete gefunden werden.

Sondengänger finden 1999 einen Jahrhundertfund

Die Himmelsscheibe von Nebra © Imago/Lutz Winkler
Als die Himmelsscheibe von Nebra gefunden wurde, ahnte noch niemand, welchen Wert sie hat.

Manchmal ist unter den Funden aber auch ein Schatz, der seinesgleichen sucht. So wie im Jahr 1999. Damals fanden zwei Sondengänger die Himmelsscheibe von Nebra - einer der bedeutendsten archäologischen Funde des vergangenen Jahrhunderts. Doch der musste erst aus den Händen von unterschiedlichen Hehlern zurückerobert werden. Die ganze Geschichte dieses Fundes und den einmaligen Kunst-Krimi über die Himmelsscheibe von Nebra gibt es ab jetzt in der ARD Audiothek zu hören - in einer neuen Folge Kunstverbrechen, dem True-Crime-Podcast von NDR Kultur.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur | 28.11.2023 | 08:00 Uhr

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