Suche nach Gold und Silber: Sondengänger in Haithabu
Viele Menschen wollen mit Metalldetektoren nach Schätzen in der Erde suchen. Beim Amt für Denkmalschutz muss man sich für einen entsprechenden Lehrgang auf die Warteliste setzen lassen.
Es "riecht" nach Gold in Haithabu bei Schleswig. Spätestens seit dem sensationellen Goldschatz-Fund von Nicki Steinmann spricht die Szene über kaum ein anderes Thema. Mitte Februar hatte der Sondengänger mit seinem Ausbilder einen 800 Jahre alten Schatz gefunden. Der Ansturm auf Sondengänger-Kurse ist seitdem so groß wie nie.
Beim Amt für Denkmalschutz beträgt die Wartezeit auf einen Teilnahme-Platz allerdings oft mehrere Jahre. Die Liste derer, die das begehrte Zertifikat nach Abschluss des dreitägigen Lehrgangs haben wollen: immer voll. Etwa 100 Sondengänger pro Jahr erhalten am Ende das Zertifikat und dürfen damit legal mit Metalldetektoren auf Flächen in Schleswig-Holstein nach alten Schätzen suchen.
Sondengänger-Kurse sind heiß begehrt
Mehr als 500 Interessierte pro Jahr bewerben sich für die Kurse. Die finden zweimal im Jahr statt und dauern drei Tage. Nach zwei Tagen Theorie gibt es einen Praxisteil. Der krönende Abschluss für alle Teilnehmer: das offizielle Zertifikat und die Erlaubnis vom Landesamt für Denkmalschutz, mit einer Sonde auf Schatzsuche gehen zu dürfen.
35 Teilnehmer dürfen beim ersten Kurs des Jahres auf einer Ackerfläche in Haithabu, direkt neben dem Wikingerdorf, ihren Praxisteil mit Metalldetektor absolvieren. Auch Andreas Dietze ist dabei. Der Hobby-Sondengänger gräbt nach wenigen Metern sichtlich angespannt mit seinen Händen ein Loch in die Erde. Nachdem bereits seine Sonde Metall durch ein lautes Piepsen angezeigt hat, kommt nun der sogenannte "Pinpointer" zum Einsatz. Der sieht aus wie ein überdimensionaler Kugelschreiber und kann Metall in der Erde ganz genau lokalisieren. Andreas Dietze schiebt ihn unter der Grasnarbe hin und her und stochert in der Erde herum. Es piept wieder, diesmal lauter. Ein Schatz oder doch nur Schrott?
"Mir geht total die Pumpe!" Sondengänger Andreas Dietze
Andreas Dietze, der bei der Bahn im Büro arbeitet und am Wochenende gerne die Sonde rausholt, zieht eine flache runde Scheibe aus dem Erdreich. Verdreckt und kaum zu erkennen. "Es kann 'ne Münze sein, kann aber auch alles sein." Wie die anderen Kurs-Teilnehmer auch hofft er auf einen archäologischen Fund. "In 99 Prozent der Fälle findet man Schrott", so der Sondengänger, aber "alle hoffen eben auf das eine Prozent". Andreas Dietze kann das Metallstück nicht bestimmen und ruft den Grabungstechniker Jan Fischer vom Archäologischen Landesamt hinzu. Schnell ist klar: Eine Silber- oder Goldmünze ist es nicht, aber vielleicht doch etwas sehr altes. Und deshalb steckt Experte Jan Fischer das runde Stück Metall in eine kleine Plastiktüte. Sie kommt später mit den restlichen verdächtigen Funden des Kurses zu den Restauratoren ins Schloss Gottorf. Hier werden sie noch einmal ganz genau unter die Lupe genommen.
"In 99 Prozent der Fälle findet man Schrott." Sondengänger Andreas Dietze
Mehrere Hundert Funde jährlich werden von den rund 500 bislang zertifizierten Sondengängern in ganz Schleswig Holstein gemeldet, dann ausgewertet und dokumentiert. Auf dem Acker in Haithabu findet zweimal im Jahr ein Markt statt. Und so finden die Kursteilnehmer auch reichlich Metall aus der Neuzeit - wie Centstücke, Nägel oder Knöpfe. Das Meiste ist uninteressant für die Archäologen.
"Beim falschen Ausgraben können Funde zerstört werden"
Beim Praxisteil des Kurses geht es in erster Linie um den richtigen Umgang mit Metalldetektoren und noch wichtiger: dem fachgerechten Ausgraben der Stücke. Denn hier können die Teilnehmer viel falsch machen, so Grabungstechniker Jan Fischer.
"Im Untergrund können ja Befunde intakt erhalten sein, das ist gerade hier in Haithabu der Fall. Die müssen also immer vorsichtig sein und dürfen nicht zu tief graben. Weil, wenn man einen Metallfund aus einer intakten Schicht entnimmt, dann zerstört man damit einen archäologischen Befund." Grabungstechniker Jan Fischer
Nur geschulte Sondengänger können archäologische Funde als solche erkennen, so der Experte weiter, deshalb sei die Schulung so wichtig. Es gehe schließlich um den Erhalt des archäologischen Erbes in Schleswig-Holstein. Nicht selten zerstören illegale Sondengänger nämlich durch Unkenntnis historische Schätze.
Denkmalschützer sind auf Sondengänger angewiesen
Man müsse in Schleswig-Holstein immer damit rechnen, dass man ein archäologisches Kulturdenkmal im Boden findet, sagt Jan Fischer. Auch an Stellen, die bisher völlig unauffällig erschienen, sei das möglich. Gefunden werden kann leider auch Sprengstoff, Munition oder auch Granaten. Die Sondengänger werden bei dem Kurs durch einen Fachmann des Kampfmittelräumdienstes angeleitet und auf solche Situationen vorbereitet.
Auch der Star der Szene nimmt an dem Zertifizierungskurs teil. Nikki Steinmann aus Tarp hat vor etwa zehn Wochen - während seiner Ausbildung - einen echten über 800 Jahre alten Goldschatz und zahlreiche Silbermünzen gefunden. Zusammen mit seinem Mentor Arjen Spießwinkel. Sogar internationale Fernsehsender berichteten über den Sensationsfund: "Viele sagen, es ist vorbei mit dem Hobby, eigentlich kann ich mir was anderes suchen, weil ich hab ja schon einen Schatz gefunden. Aber ich hoffe, da kommt noch was." Und das hoffen alle Sondengänger.
Funde müssen gemeldet werden
Behalten dürfen sie archäologische Funde allerdings nicht. Diese müssen dem Archäologischen Landesamt gemeldet werden. Auch das wird ihnen beim Lehrgang beigebracht. Den haben dann auch 35 Teilnehmer nach drei Tagen Theorie und Praxis erfolgreich abgeschlossen und halten das begehrte Zertifikat in den Händen. Ab sofort arbeiten Sie Hand in Hand mit dem archäologischen Landesamt.