Tag der Menschen mit Behinderungen: Hamburger Kultureinrichtungen im Test
Der 3. Dezember ist der "Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen". Aus diesem Anlass haben wir uns gefragt: Wie behinderten(un)freundlich sind ausgewählte norddeutsche Kultureinrichtungen? Ein Selbstversuch von Mathias Heller, der selbst Betroffener ist.
Der Start ist zwischen Haupt- und Zentralem Omnibus Bahnhof. Zwei Grad, leichter Schneefall. Kein Wetter für lange Spaziergänge, eher für Indoor-Aktivitäten. Das Museum für Kunst und Gewerbe lockt mit umfangreichen Ausstellungen. Das knapp 150 Jahre alte Gebäude ist über Treppen erreichbar. Für Rollifahrer und Menschen, die Probleme mit Treppen haben, gibt es einen Aufzug an der Seite - neben dem Eingang.
Hier ist es nicht wirklich einladend. Dem strengen Uringeruch nach zu urteilen, wird der Aufzug nicht nur für den Transport benutzt. Aber egal. Wir sind ab jetzt ebenerdig unterwegs. Aufmerksames Personal hilft beim Start mit Türen. Doch leider kann es nicht überall in diesem riesigen Gebäude zur Hand gehen. Es gibt viele breite Gänge, große Räume und Fahrstühle machen den Besuch angenehm.
Kunsthalle und MKG barrierefrei
In der Kunsthalle ist es ähnlich. Hier geht es ebenerdig rein. Verschiedene Ebenen und Stockwerke sind mit Rampen oder Fahrstühlen verbunden. Große Kunst und weite Wege. Da kann man schon mal ordentlich Strecke machen - schön wäre es, wenn es ein paar mehr Sitzgelegenheiten für laufschwache Besucher gäbe, wie in Pariser oder Londoner Museen.
Ohnsorg Theater ist breit aufgestellt
Zurück zum Bahnhof. Hier findet sich vis-à-vis vom Schauspielhaus das Ohnsorg Theater. Besucher erwartet ein Highlight: ein elektrischer Türöffner. Ebenerdig, versteht sich. Zum Rang geht es auch per Lift. Das Theater bietet zahlreiche Unterstützungen an - nicht nur für gehbeeinträchtigte, auch für blinde Zuschauende. Zum Beispiel stehen einige Vorstellungen mit Audiodeskription per App auf dem Programm.
Es gibt aber noch mehr Unterstützung, wie Pressereferentin Leandra Staemmler erklärt: "Wir bieten ausgewählte Vorstellungen mit Übertitelung an. Da fährt unsere Kollegin live während der Vorstellung die Übertitel. Das richtet sich eigentlich an Menschen, die noch nicht so wissend in der plattdeutschen Sprache sind, könnte aber auch interessant sein für höreingeschränkte Menschen, denen dadurch das Verständnis für die Vorstellung erleichtert wird."
Betroffene: Unterschiedliche Eindrücke
Wieder auf dem Bahnhofsvorplatz. Hier cruised Miria aus Volksdorf durch die Menschenmenge. Sie sitzt im Rollstuhl und macht kurz Mittagspause. Die Veranstaltungskauffrau sieht sich nicht sonderlich in Hamburg beeinträchtigt: "Es gibt genug Möglichkeiten. Meistens finde ich, sind sie auch sehr kulant. Aber ich bin auch flexibel und beweglich. Ich bin damit aufgewachsen, deswegen habe ich damit überall nicht so die Probleme und mich daran gewöhnt. Auch die Kulturstätten in Hamburg finde ich relativ rollstuhlgerecht inzwischen."
Den Alltag in Hamburg empfindet ein weiterer Rollifahrer, der nicht genannt werden möchte, allerdings anders: "Ich werde meistens übersehen, gar nicht großartig beachtet und meistens ignoriert oder völlig beiseite gedrängt." Zwei Wahrnehmungen.
Rollstuhlplätze in alten Kinos und Theatern: Ja, aber ...
Schwierig wird es in alten Kinos, wie im Abaton im Grindelviertel. Denkmalgeschützt ist es, aber nicht barrierefrei. Außer man hat starke Freunde, die den Rolli auch gern mal über zwölf Stufen tragen. Die Kammerspiele lösen es pragmatisch. Starke Techniker oder der Service packen bei Rollifahrern am Eingang für ein halbes Dutzend Stufen mit an. Auch hier gibt es keine Chance für Aufzüge - genauso ist es im Passage-Kino an der Mönckebergstraße. Rollstuhlplätze sind vorhanden, aber kein Lift für die rund 30 Stufen zu den kleineren Sälen. Grund ist auch hier der Denkmalschutz.
Hamburger Dom: Mehr Möglichkeiten als man denkt
Zum Abschluss mache ich - trotz der Kälte - noch einen Besuch auf dem Hamburger Winterdom, dem Volksfest Nummer eins im Norden. Laut ist es, bunt und unterhaltsam. Fressbuden und Fahrgeschäfte überall. Auch geeignet für Menschen mit Handicap? Das Personal an den Fahrgeschäften sagt: Na klar, wir helfen.
Wie beim großen Willenborg-Riesenrad. Ein Schild am Kassenhäuschen zeigt sogar an: Für Rollstuhlfahrer! "Wir fördern das. Wir haben für E-Rollis einen Aufzug, mit dem die Leute hineinfahren können", erzählt Martina Schmidt im Kassenhäuschen. "Bei kleineren, einfacheren Rollstühlen haben wir Personal, die kommen dann und helfen den Leuten. Sie fahren bis an die Gondel ran - dann wird ihnen beim Einstieg und beim Ausstieg geholfen."
Fazit: Empathie schafft Barrierefreiheit
Fazit: Als behinderter Mensch stehen einem die Kultureinrichtungen in Hamburg offen - mal mehr, mal weniger. Je nachdem, wie viel der Denkmalschutz ermöglicht oder die Einrichtung, denn oft ist man nach wie vor auf die Empathie seiner Mitmenschen angewiesen. Das macht die größte Barrierefreiheit aus - egal wo.