Rave im Museum: Das Kunstmuseum Wolfsburg lockt junge Leute
Ein Biertasting in Verbindung mit einer Mondrian-Ausstellung, ein Graffiti-Workshop und ein Art-Rave: Ein ehrenamtliches Orga-Team begeistert junge Leute mit ungewöhnlichen Aktionen für Kunst - und fürs Museum.
Medienwissenschaftlerin Maver Kolosoglu, 34 Jahre alt, hatte ursprünglich nur für ein Jahr eine Vertretungsstelle in der Kommunikationsabteilung am Kunstmuseum Wolfsburg übernommen. Dabei fiel ihr auf: "Wir haben im Museum selbst viele junge Leute, warum machen wir kein junges Programm?" Kurzerhand reaktivierte sie im September 2022 den jungen Freundeskreis unter dem neuen Label "Young Generation" - und es läuft ziemlich gut. Gemeinsam mit neun anderen Ehrenamtlichen organisiert sie seither das Programm.
Wie viele Mitglieder hat die Young Generation?
Maver Kolosoglu: In den vergangenen anderthalb Jahren sind wir auf fast 100 Mitglieder gekommen. Dabei decken wir eine Altersspanne von 18 bis 35 Jahre ab. Wir sind außerdem zehn Ehrenamtliche im Orga-Team, ohne das ehrenamtliche Engagement würde es die Young Generation nicht geben. Uns alle eint die Liebe zu Kunst und Kultur, ich glaube, die Motivation des Orga-Teams ist unser Erfolgsgeheimnis.
Welche Angebote kommen denn besonders gut bei jungen Menschen an?
Kolosoglu: Ich denke, zu den besten Programmpunkten gehörten bisher "Drink and Draw". Da hatten wir ein Biertasting im Museum mit einer regionalen Brauerei organisiert und haben anschließend - passend zur Mondrian-Ausstellung - einen eigenen Mondrian aus Acryl auf Leinwand produziert. Sehr erfolgreich war auch ein Graffiti-Workshop, der an die Ausstellung "Freundschaften" angelehnt war, in der es um kollaborative Arbeiten ging. In dem Zuge haben wir auch die jungen Freunde vom Sprengel-Museum in Hannover eingeladen und an verschiedenen Leinwänden gemeinsam Werke erarbeitet und gesprüht.
Für uns war auch der erste Art-Rave im Museum ein besonderes Erlebnis: Wir hatten zwei verschiedene Workshops im Angebot und haben dann gemeinsam geraved. Grundsätzlich gibt es zu jeder unserer Veranstaltungen vorab eine kostenlose Führung durch die aktuelle Ausstellung und die Angebote knüpfen immer an den Ausstellungen an.
Viele Kultureinrichtungen tun sich schwer damit, junge Menschen anzusprechen. Welche Tipps haben Sie?
Kolosoglu: Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen sollte man ein diverses und inklusives Programm anbieten. Das ist auch unser Ziel mit der Young Generation, diverser und inklusiver zu werden. Wir wollen Zugänge zum Museum erleichtern, weg von diesem elitären Klischee-Bild. Kunst soll für alle da sein, wir wollen mit Kultur alle erreichen. Wir wollen unser Programm für alle Gesellschaftsschichten öffnen. Das geht mit der Sprache los: Wie spricht man ein junges Publikum an?
Zum Beispiel achten wir darauf, dass unsere Texte alle Geschlechter einschließen und altersunabhängig gut verständlich sind. Wir versuchen, auf alle Bedürfnisse einzugehen und die Barrierefreiheit der Texte zu gewährleisten. Natürlich berücksichtigen wir Diversität auch bei der Auswahl unserer Künstlerinnen und Künstler. Beim Mondrian-Workshop hatten wir beispielsweise eine iranische Künstlerin eingeladen, beim Art-Rave hatten wir einen Künstler aus Kamerun dabei. Wir sind übrigens auch im Orga-Team sehr divers und können so möglichst viele Perspektiven berücksichtigen.
Wie kommunizieren Sie denn mit potenziellen neuen Mitgliedern?
Kolosoglu: Unsere Hauptkommunikation machen wir über Instagram. Dort stellen wir unser Programm vor, geben Einblicke hinter die Kulissen, in die Ausstellung. Dort machen wir auch viel Kunstvermittlung. Außerdem haben wir klassisch noch die Internetseite, die an die Seite des Kunstmuseums gekoppelt ist. Je nach Veranstaltung versenden wir auch Newsletter.
Was kostet das Programm?
Kolosoglu: Es gibt einen Jahresbeitrag von 30 Euro, der für alle bis 35 Jahre gilt. Da ist der kostenlose Eintritt ins Museum und zu allen unseren Veranstaltungen dabei.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum ab?
Kolosoglu: Es ist ein gegenseitiger Input beziehungsweise Output. Das Ganze läuft in Kooperation ab. Wir gestalten unser Programm ja immer ausgehend von den aktuellen Ausstellungen, unser Programm ist sozusagen ein kleines Extra dazu. Wir nutzen die Räumlichkeiten des Museums und das Haus bietet uns tolle Chancen. Letztes Jahr durften wir zum Beispiel gemeinsam mit dem Team des Museums eine eigene Ausstellung in der Lounge kuratieren. Dort haben wir eine Foto- und Filmpräsentation von zwei Mitgliedern der Young Generation gezeigt, das war für uns einmalig und besonders.
Das Interview führte Anina Pommerenke.