Hamburger Clubawards: Räume für Diskurs und Experimentelles
Hamburgs Clubszene präsentiert sich schon länger als Verfechterin einer offenen und vielfältigen Gesellschaft, als Ort für Politik und Party. Bei den alljährlichen Clubawards wird das gefeiert.
Die Atmosphäre ist irgendwas zwischen Oscarverleihung und Clubkonzert, in der vollgepackten Markthalle. Passt ja für die Clubawards, mit denen die Hamburger Clubszene sich jedes Jahr selbst feiert.
Zurecht, aber dahinter steckt noch mehr, sagt Anna Lafrentz vom veranstaltenden Clubkombinat: "Wir beobachten, dass Clubs als Kulturorte immer ernster genommen werden und die Orte werden gleichzeitig immer lauter. Clubs waren schon immer politisch und sie sind es umso mehr, weil es notwendig ist, unsere Werte zu schützen."
Hebebühne für beste Newcomer-Förderung ausgezeichnet
Vielfalt, Offenheit, Mitbestimmung - große Worte, die besonders in den kleinen, subkulturellen Clubs mit Leben gefüllt werden. An diesem Abend werden die Menschen ausgezeichnet, die genau daran jeden Tag, oder besser, jede Nacht arbeiten.
Einer von zwölf Preisen geht an den Club mit der besten Newcomer-Förderung - und das ist dieses Mal: die Hebebühne. Die Trophäe: eine stilisierte Krone aus golden angemaltem Holz. Hauke von Horeis und sein Team könnten stolzer nicht sein auf diesen Preis für ihren kleinen Club in Ottensen: "Wenn Newcomer:innen anfangen und dann zum nächsten großen Ding werden, müssen sie sich bei uns die Hörner abstoßen. Wo sollen junge Bands, die maximal 50 bis 100 Leute ziehen, auftreten, wenn's nicht Clubs geben würde, die genau das anbieten."
Den Wert dieser kleinen Live-Musik-Spielstätten hat zunehmend auch die Politik auf dem Schirm. Im neuen Hamburger Haushalt wurde die Fördersumme für Clubs um 1,3 Millionen Euro erhöht und damit fast verdreifacht. Ist die Szene nach flauen Jahren also endlich im Aufwind?
Viele Clubs im Umbruch und Umzug
Dafür spricht zumindest, dass hier seit Langem auch wieder ein "Bester Neuer Club" prämiert wird. Aber dieser Preis geht ironischerweise gar nicht an einen wirklich neuen Club, sondern an das Fundbureau. Das war Jahrzehnte lang unter der Sternbrücke zu Hause - musste aber wegen deren Abriss kürzlich in die Nähe des Hauptbahnhofs umziehen.
Also nicht alles neu, aber zumindest ein Comeback für Betreiberin Luna Twiesselmann: "Wir müssen unsere Gäste dahinziehen und das hat wahnsinnig viel Geld gekostet und Mühe", sagt sie. Und dann war da noch die lange Schließzeit. "Insofern fühlen wir uns sehr geehrt und freuen uns mega über den Award."
Umzüge sind in Hamburg kein Einzelfall. Der Indie-Club Molotow steckt gerade mittendrin. Und auch der "MS Stubnitz" steht das Ganze bevor: Noch liegt das zur Konzertlocation umgebaute Schiff nahe den Elbbrücken. Aber dort in der HafenCity darf der Club nur noch bis Ende 2026 bleiben. Felix Stockmar und die "Stubnitz"-Crew suchen jetzt nach Lösungen. "Der Punkt eigentlich für uns alle, die diesen Ort betreiben, ist, um jeden Preis diese Räume offen zu halten, wo Diskurs stattfinden kann. Freiräume für Experimentelles, für Neues. Diese Räume werden immer enger."
"MS Stubnitz" als Raum für eine demokratische Gesellschaft
Die "MS Stubnitz" gewinnt gleich zwei Preise – einmal als Bester Club, prämiert von der 100-köpfigen Jury, und dann noch als Lieblingsclub im Publikumsvoting. Das dürfte den Stubnitz-Betreibern Rückenwind geben, wenn sie wieder mit der Stadt verhandeln, wo ihr Kulturschiff künftig anlegen darf. Felix Stockmar: "Diese Räume braucht es, sonst findet eine demokratische Gesellschaft nicht mehr statt."
Die Clubszene Hamburgs - sie präsentiert sich hier selbstbewusst als Verfechterin einer offenen und vielfältigen Gesellschaft. Die Clubawards zeigen gerade in stürmischen Zeiten, wie Party und Politik zusammengehören.