Clubsterben in Hamburg: Droht das Ende des Cotton Clubs?
Schon seit 65 Jahren gibt es hier fast jeden Abend Jazz. Doch nach einem wirtschaftlich katastrophalen Sommer schlägt der Cotton Club in der Hamburger Neustadt jetzt Alarm. Unterstützt die Stadt ihre Clubs genug?
Das Undenkbare steht im Raum: das Ende des Cotton Clubs. "Wir wollen nicht aufgeben und wir werden nicht aufgeben", sagt Chef Helge Sachs. "Aber rein unternehmerisch betrachtet kommt man irgendwann an den Punkt, wo es ein Fass ohne Boden werden kann, so dass man irgendwann den Stecker ziehen müsste, wenn es zu schlecht liefe."
Früherer Betreiber Dieter Roloff kommt immer noch vorbei
Sachs hat vor zweieinhalb Jahren vom jahrzehntelangen Macher Dieter Roloff übernommen, der heute noch fast jeden Abend am Tresen sitzt. Ein Schild, auf dem "Dieter" steht, reserviert seinen Platz.
Dienstags ist eigentlich immer recht viel los. Regelmäßig gibt es Tanzkurse, etwa Lindy Hop. Ein Dutzend Menschen tanzen, die Musik kommt über Bluetooth vom Handy auf die Boxen. Die Stühle und Tische sind dafür an die Seite gestellt. Zwei Stunden später, beim Konzert der Formation Harlem Jump, ist es richtig voll.
Schlimmer Sommer - aber auch neues Publikum
So gut lief es vor allem im Sommer nicht. Der sei, auch saisonal bedingt, schlimm gewesen, sagt Betreiber Sachs. Er habe seit seiner Übernahme eine sechsstellige Summe in den Club gepumpt, die genaue Zahl will er nicht im Radio nennen. Neuerungen wie Tanzkurse locken zwar neues Publikum an, aber die Einnahmenseite ist ein Problem.
"Wir schwimmen definitiv nicht in Geld", so Sachs. "Ich kenne viele Clubs, die schließen mussten. Bei uns ist eine Weiterentwicklung aus eigener Kraft nicht möglich." Dabei ist viel zu tun. Die Toiletten sind alt, der Tanzboden auch. Sachs hat eine lange Liste mit notwendigen Sanierungen. Der Cotton Club bekommt, wie 56 andere Clubs in Hamburg, eine Förderung von der Stadt aus dem Live Concert Account der Kulturbehörde. 337.000 Euro müssen die Clubs sich teilen. Pro Club sind das im Schnitt gerade einmal 520 Euro im Monat.
Clubkombinat bemängelt Höhe der Förderung
Das ist zu wenig, findet Thore Debor von der Interessengemeinschaft Clubkombinat. "Ganz Deutschland bewundert dieses Konzept der Clubförderung", sagt Debor. "Aber aufgeteilt auf alle Clubs ist es im Endeffekt doch zu wenig für die derzeit arg angespannte Situation." Das Clubkombinat veröffentlicht dazu am Mittwoch eine Umfrage. Elf Prozent weniger Umsatz zum Vorjahreszeitraum melden die Clubs im Schnitt. Zehn Prozent der Clubs befürchten, dass sie im kommenden Jahr dichtmachen müssen. Einzelne Kostenpunkte wie Security oder Lichttechnik hätten sich verdoppelt.
Helge Sachs vom Cotton Club sagt, dass er dankbar sei für Förderungen. Er sagt aber auch, dass das System in Hamburg zu kompliziert ist und dass Mittel nicht immer nachvollziehbar verteilt würden."Ich schreibe fleißig Anträge und versuche, Fördermittel einzuwerben. Aber das ist mühselig. Da geht ein erheblicher administrativer Aufwand mit einher. Eine Verbesserung wäre, wenn es Mittel gäbe, die in einer gewissen Regelmäßigkeit zur Verfügung stünden." Das würde ihm eine bessere Planbarkeit ermöglichen.
Kulturbehörde verspricht Aufstockung des Live Concert Accounts
Die Kulturbehörde sieht sich auf NDR Anfrage gut aufgestellt in der Förderung. Sie verweist auf den Club Award und Projektmittel, zum Beispiel für Nachhaltigkeitsprojekte und Notfallhilfe für Clubs, die Räume suchen, wie das Molotow oder Waagenbau und andere. Außerdem soll der Live Concert Account aufgestockt werden - wann und um wie viel ist unklar. Im Cotton Club hofft man, dass es schnell geht. Die Lage ist ernst.