Kommentar: Hamburgs Politik muss gegen das Clubsterben vorgehen
"Das Molotow muss bleiben" - das haben in den vergangenen Wochen tausende Hamburgerinnen und Hamburger auf einer Demo gefordert. In der Politik gab es in dieser Woche eine Zwischenlösung. Aber das Ergebnis - nämlich ein Aufschub - ist völlig unzureichend, findet Tristan Dück in seinem Kommentar.
Das Molotow darf ein halbes Jahr länger an seinem Standort bleiben, muss dann aber trotzdem raus, weil der Vermieter dort ein Hotel bauen will. Ich finde, das ist ein Armutszeugnis. Denn verdrängt wird das Molotow trotzdem, nur eben erst zum Jahresende. Jeder weitere Umzug, jede Zwischenlösung wäre finanziell und logistisch eine riesige Last für den kleinen Club.
Können die vereinten Kräfte aus Stadtgesellschaft, Kultur und vor allem der Politik wirklich so wenig gegen das Interesse einzelner Investoren ausrichten?
Clubsterben bedroht auch Läden unter der Sternbrücke
Das Molotow ist prominentes Beispiel eines viel größeren Phänomens - manche sprechen vom "Clubsterben", das auch ehemalige Clubs unter der Sternbrücke bedroht. Für zwei von ihnen, den Waagenbau und die Astra Stube, ist die Zukunft noch immer ungeklärt. Die Stadt unterstützt sie zwar bei der Standortsuche - die Clubs haben einem Ausweichquartier hinter den Deichtorhallen allerdings eine Absage erteilt. Dass sie sich nicht mit der erstbesten Alternative abspeisen lassen wollen, nicht mehr dahin verkriechen, wo sie gerade nicht stören - das verstehe ich!
Wert von Clubkultur wird spürbar
Die Clubs können selbstbewusst gegenüber der Politik auftreten. Gerade jetzt, wo durch den gesellschaftlichen Rückhalt und das mediale Echo ein breiteres Bewusstsein für den Wert von Clubkultur spürbar wird. Die Stadt muss jetzt erstmal zeigen, was ihr die Livemusikszene wert ist, und die Clubs beim Umzug finanziell unterstützen.
Kultur muss in Stadtplanung früher mitbedacht werden
Auf lange Sicht reicht das aber nicht. Es muss eine Lösung her, damit die Politik nicht erst im Nachhinein Schadensbegrenzung betreiben kann. Kulturelle Orte müssen in der Stadtplanung früher mitbedacht und verankert werden. Auf Bundesebene müssen in der Baunutzungsverordnung Musikclubs endlich als kulturelle Anlagen anerkannt und nicht wie bisher mit Bordellen und Casinos gleichgesetzt werden.
Hamburg muss etwas für die Livemusikszene tun
Hamburg präsentiert sich mit dem Reeperbahnfestival als international gefragtes Sprungbrett für Newcomer. Und wenige Meter vom Molotow entfernt erinnert heute der Beatles-Platz daran, dass in unserer Stadt eine der erfolgreichsten Bands aller Zeiten entdeckt wurde - und zwar in Clubs. Jetzt muss Hamburg etwas dafür tun, dass die legendäre Livemusikszene hier auch in Zukunft ihren Platz findet.