Hamburger Molotow-Club: Betreiber kündigt Massenentlassung an
Sechs Monate bleiben dem Betreiber und seinen Mitarbeiter noch am Hamburger Nobistor, dann muss der Club einem Hotelneubau weichen. Nun hat Molotow-Chef Andi Schmidt eine Massenentlassung angekündigt.
Das Molotow gilt in Hamburgs Club- und Musikszene als Institution. Zweimal schon musste der Club umziehen. Die letzten zehn Jahre war er am Nobistor zu Hause - doch kurz vor Weihnachten kam die Nachricht, dass das Molotow einem Hotelneubau weichen muss. Proteste und Aktionen halfen bisher nichts. Ein Gespräch mit Clubbetreiber Andi Schmidt.
Wie ist die aktuelle Situation?
Andi Schmidt: Ziemlich dramatisch. Ich war bei meinem Steuerberater, der mir gesagt hat, dass ich eine Massenentlassungsanzeige einreichen muss, um allen gesetzlichen Formalitäten und Fristen genüge zu tun, weil es ein halbes Jahr Kündigungsfrist gibt. Somit muss ich das bis Ende des Monats machen. Das ist natürlich ein sehr schwerer Schritt.
Wie viele Menschen betrifft das?
Schmidt: 47, wie ich jetzt genau weiß. Ab 35 oder 40 muss man dieses Massenentlassungsdings machen.
Man hat ja eigentlich das Gefühl, dass ganz viele Kräfte in dieser Stadt - ich denke nur an die Demo Ende des Jahres - auf Seiten des Molotows sind. Auch die Kulturbehörde, der Kultursenator hat sich dafür ausgesprochen, dass ihr da seid. Wie sind da die Gespräche?
Schmidt: Wir sind im Gespräch und versuchen eine Lösung zu finden, was natürlich nicht einfach ist. Jede Unterbrechung bedeutet, dass ich meine Leute entlassen muss und dass ich wieder von vorne anfangen muss. Deswegen will ich eigentlich da bleiben, wo ich bin. Weil ich auch nicht einsehe, dass immer die Clubs weichen müssen. Irgendjemand will immer was bauen: Hotels, eine Straße, eine Brücke - und immer müssen die Clubs gehen, warum? Das Molotow umzusiedeln macht keinen Sinn und das werde ich auch nicht mitmachen.
Kannst Du das uns das ein bisschen genauer erklären. Hamburg schmückt sich weltweit mit dem Reeperbahn-Festival und den Klubs, die wir an der Reeperbahn haben. Das werden immer weniger. Warum muss das Molotow bleiben und warum muss es bleiben, wo es jetzt ist - am Nobistor?
Schmidt: Das Molotow muss auf der Reeperbahn bleiben, weil es außer uns nur noch zwei andere Klubs gibt, die überhaupt Live-Musik machen: das Mojo und das Docks. Live-Musik gehört auf die Reeperbahn. Hamburg nennt sich Musikstadt und schmückt sich mit dem Etikett. So muss es dann halt auch was für den Erhalt tun. Wenn es jetzt auf der Reeperbahn nur noch Hotels, Fast-Food-Ketten und Systemgastronomie gibt, dann wird es eine beliebige Amüsiermeile, wie es sie in jeder Stadt über hunderttausend Einwohner gibt. Wenn es das ist, was Hamburg möchte, dann sollen sie so weitermachen. Wenn nicht, dann müssen wir etwas ändern.
Also ich hoffe, dass wir da nicht ausziehen müssen. Und wenn wir ausziehen, dann ziehe ich noch einmal um und zwar nur an den Ort, an dem ich dann bleibe. Dieses von hier nach da und dann wieder da und so, das funktioniert nicht. Ein Club ist nicht irgendwie so ein Monopoly-Hotel, was man von einem Spielende auf das andere schieben kann, sondern eher wie ein Kartenhaus, das zusammenfällt, wenn man es verschiebt.
Das Gespräch führte Susanne Hasenjäger.