"Elektra" in Lübeck: Sonderkonzert mit Fassbaender vorab
Am 27. Januar feiert die Oper "Elektra" am Theater Lübeck große Premiere. Vorab präsentieren Regisseurin Brigitte Fassbaender und Generalmusikdirektor Stefan Vladar das Melodram "Enoch Arden".
1961 startete die Sängerin Brigitte Fassbaender an der Bayerischen Staatsoper München ihre Weltkarriere als Mezzosopranistin. Seit 1995 ist sie vor allem als Regisseurin tätig und hat bislang an die 100 Inszenierungen erarbeitet. Für das Theater Lübeck inszeniert sie Richard Strauss’ "Elektra" neu, die musikalische Leitung hat Generalmusikdirektor Stefan Vladar.
Herr Vladar, kurz vor der Premiere "Elektra" von Richard Strauss ist einiges zu tun für Regisseurin und Dirigent. Sie bieten dem Publikum vorab eine ganz außergewöhnliche Veranstaltung an. Wie kam es zu der Idee, ein Melodram von Strauss aufzuführen?
Stefan Vladar: Frau Fassbaender und ich kennen uns sehr lange und ich habe gewusst, dass sie eine Vorliebe für Literatur hat. Nachdem sie aufgehört hat zu singen, hat sie sehr viele Rezitationen gemacht. Ich habe das Melodram "Enoch Arden" von Richard Strauss mehrfach gespielt. So kam eins zum anderen: Die Idee war da und ich habe sie gefragt, ob sie Lust hätte, das mit mir zu machen. Sie hat ganz spontan "vielleicht" gesagt, dann etwas drüber nachgedacht und mit großer Freude zugesagt.
Es ist die Geschichte eines schiffbrüchigen Seemanns zwischen den sinfonischen Dichtungen "Till Eulenspiegel" und "Also sprach Zarathustra", geschrieben von Strauss. Frau Fassbaender, wie kommen Sie zu diesem Melodram?
Brigitte Fassbaender: Ich habe das schon ein paar Mal gemacht. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich dazu gekommen bin. Es wurde mir vorgeschlagen. Ich liebe das Stück sehr. Das ist ein sehr rührendes und sehr nobles Stück, ohne jeden Kitsch, nach einer Ballade von Lord Alfred Tennyson. Es ist eine wunderschöne, alte Übersetzung ins Deutsche, die sehr poetisch und schön ist. Ein sehr frisches und kräftiges Stück von Strauss, sehr intim und sehr berührend.
Es gibt hinterher ein Künstlergespräch, wo Sie sicherlich auch auf die Premiere von "Elektra" eingehen werden.
Fassbaender: Das bleibt sicher nicht aus. Aber da hatten wir ja schon eine Einführungsveranstaltung. Ich warte ab, was auf mich zukommt.
Vladar: Das tue ich auch.
Können Sie einen kleinen Tipp geben, was bei dem Stück "Elektra" auf das Publikum zukommt?
Fassbaender: Wir hatten gestern die Orchester-Hauptprobe - die lief sehr gut. Morgen haben wir die Generalprobe und dann kommt die Stunde der Wahrheit. Das ist eine geballte Ladung von Emotionen, was da auf der Bühne stattfindet. Das ist der Rachefeldzug der Elektra, die den Mord an ihrem Vater rächen will. Es gibt drei wunderbare Frauenrollen in dem Stück: Chrysothemis, Elektra und Klytämnestra. Jede dieser drei Frauen trägt ein unglaubliches Schicksal mit sich. Das wird auf der Bühne verhandelt, das sind ganz gewaltige Ausbrüche. Das ist ein tolles Stück, ein seelischer Kriminalroman sondergleichen.
Herr Vladar, Sie arbeiten mit einer Regisseurin, die selbst auch Sängerin ist. Ist das besonders angenehm als Musiker? Manchmal muss man sich auch gegen Regisseure und deren Ideen ein bisschen wehren.
Vladar: Wir sind bei jedem Stück, das wir machen, angetreten, um dem, was dem Komponisten und Librettisten vorschwebt, so nahe wie möglich zu kommen. Da kann man von verschiedenen Seiten drauf schauen. Wenn das zwei Musiker tun, dann tun sie das ein bisschen anderes, als wenn da ein Schauspielregisseur sitzt und einem Musiker zuhört. Aber gerade bei Strauss ist es so einfach: Wenn man ein Ohr dafür hat, weiß man schon, dass die erste Interpretation des Textes schon die Musik macht. Da muss man ganz genau hinsehen und auch ganz genau hinhören.
Das Interview führte Raliza Nikolov.