Boykott oder lauter Protest? - Vom Umgang mit Trumps (Kultur-)Politik
Auch die deutsche Kulturszene ringt um den Umgang mit US-Präsident Donald Trump. Immer mehr Künstlerinnen und Künstler beziehen Stellung - durch Konzertabsagen wie von Christian Tetzlaff oder laute Meinungsäußerung von Jan Vogler
Donald Trumps Kulturpolitik bedeutet bislang: kürzen, verbieten, abschaffen. Seine Übernahme des renommierten Kennedy Centers in Washington, einer der wenigen staatlichen Kultureinrichtungen der USA, sorgte für viel Aufregung. Denn Feminismus, Gleichberechtigung oder Diversität sollen nicht mehr thematisiert werden. Vielerorts gibt es in den USA im Kulturbereich Kürzungen, Schließungen und die Abkehr von Vielfalt und freier Meinungsäußerung. Eine Situation, die ganz unterschiedliche Reaktionen bei deutschen Kulturschaffenden hervorruft.
Tetzlaff moniert Stille der US-Kulturszene
Die Entscheidung, alle seine Konzerte in den USA abzusagen, hat sich der Geiger Christian Tetzlaff nicht leicht gemacht. Er sagte im Gespräch mit NDR Kultur: "Ich habe fürchterlich mit mir gerungen, denn Amerika war eigentlich immer mein Hauptspielfeld. Ich habe jedes Jahr mindestens 20 Konzerte in Amerika und habe viele Kontakte, Freunde, Organisatoren und Räume, in denen ich wahnsinnig gern spiele. Ich habe aber für mich keine andere Möglichkeit mehr gesehen, auch für die Zukunft nicht. Wenn es etwas ist, was die Situation für die Amerikaner thematisiert, die unter der Politik leiden, dann kann ich mir vorstellen, ein Konzert zu spielen, aber als Unterhaltungsprogramm im Moment nicht", stellt Tetzlaff klar.
Das hat vor allem den Hintergrund, dass er sich dem Schweigen der Kulturszene nicht anschließen wollte. "Für mich ist der Grund, dass ich absage, weil in Amerika absolute Stille herrscht, bei Musikern, bei Orchestern, selbst bei Politikern. Wir würden alle erwarten, dass jetzt Millionen auf der Straße sind, denn es wird alles abgeschafft, wofür Amerika stand. Es werden Frauenrechte abgeschafft, es werden Gleichberechtigungs-Themen vollkommen gecancelt. Heute ist das Bildungsministerium aufgelöst worden, und 45.000 Menschen sollen entlassen werden. Die Liste ist endlos, aber keiner kommentiert es", bemängelt der Musiker.
Jan Vogler will viele Konzerte geben und seine Meinung sagen
Der Cellist Jan Vogler kann die Entscheidung seines Kollegen Christian Tetzlaff, seine Konzerte abzusagen, gut nachvollziehen - auch wenn er für sich selbst einen anderen Weg wählt: "Ich werde versuchen, so viel wie möglich in Amerika Kultur zu machen und meine Meinung so oft wie möglich zu sagen, denn im Moment wird Trump in den Talkshows absolut zerfetzt. Es gibt schon viele Leute, die kritisch sind, und das ist immer noch ein Zeichen von Demokratie. Ich bleibe optimistisch, obwohl ich viel Schaden sehe, den er anrichtet."
Pianistin Nosrati sagt US-Tour ab
Die deutsche Pianistin Schaghajegh Nosrati hat ihre für den Herbst geplante Tour in den USA erst dieser Tage ebenfalls abgesagt. Schweren Herzens, schreibt sie auf ihrer Instagram-Seite. Das harte Eingreifen in die Kulturszene, die Massenentlassungen von Menschen, die anderer Meinung als Trump seien und dessen Empathielosigkeit ließen ihr jedoch keine andere Wahl.
