Als Mutter in der Filmbranche: "Nicht sonderlich familienfreundlich"
Saralisa Volm ist Schauspielerin, Filmproduzentin, Regisseurin, Kuratorin, Autorin und Mutter von vier Kindern. Im Interview spricht sie darüber, wie ihr der Spagat zwischen Beruf und Mutterschaft gelingt.
Frau Volm, in meiner Familie war der Muttertag auf dem Index: Man möge bitte nicht nur einmal im Jahr "danke" sagen, Blumen schenken und so weiter. Wie ist das bei Ihnen zu Hause?
Saralisa Volm: Gemischt. Ich glaube, es ist nicht der wichtigste Tag bei uns, aber ich freue mich prinzipiell über alle Feste, egal wo sie herkommen. Das heißt, ich nehme auch gerne Kuchen, Blumen und alles andere.
Sie haben vier Kinder: Mit welchen Strategien meistern Sie Ihre Berufstätigkeit und Ihre Mutterschaft? Au-pairs und Dienstboten?
Volm: Leider nicht. Aber ich habe einen großartigen Partner, und ich glaube, das ist schon das Wesentliche. Wenn man das große Glück hat, dass man schon mal zu zweit ist und sich aufteilen kann und dazu vielleicht auch so ein bisschen Familie hat, die ab und zu einspringen kann, hilft das enorm. Ansonsten muss man das mit Geld auffangen, und das muss man erst mal haben.
Alles zu schaffen, ist die eine Sache. Aber dann auch noch Zeit für sich zu haben und nicht in diesen Caring-Burn-out zu geraten - das ist die andere Sache. Wie wie gelingt das?
Volm: Ich würde sagen, dass ich wahnsinnig privilegiert bin und das große Glück habe, dass meine Arbeit und Zeit für mich oft Hand in Hand gehen. Das heißt jeder Museumsbesuch, den ich mache, und auch ein Tag am Filmset ist Arbeit - und trotzdem aber auch Zeit für mich. Sonst würde es nicht funktionieren. Wenn ich zusätzlich noch ein Bedürfnis nach Hobbys oder ernsthafter Freizeit hätte, dann wäre der Kalender zu voll.
Vor zehn Jahren haben Sie die Wahrnehmung von Frauen so beschrieben: Karriere und keine Kinder - Egozentrikerin; Kinder und keine Karriere - Frau am Herd; Kinder und Karriere - Rabenmutter. Hat sich diese extreme Wahrnehmung inzwischen geändert?
Volm: Ich habe das Gefühl, dass wir da in Deutschland immer noch wahnsinnig hinterherhinken. Das zeigt zum Beispiel die Verfügbarkeit von Kita-Plätzen, die nicht gegeben ist. Wir leben in einer Zeit, wo beide berufstätig sein müssen, um sich Kinder leisten zu können. Man kann bei weitem nicht mehr von einem Postboten-Gehalt, wie früher, zwei Kinder großziehen. Und trotz allem schaffen wir es nicht, eine Betreuungssituation herzustellen, die es Frauen und Männern auch erlaubt, zu arbeiten. Da hängen wir immer noch hinterher. In vielen Bundesländern herrscht immer noch das Bild, die Frau möge doch bitte zu Hause am Herd bleiben, und wozu braucht man denn all diese Kita-Plätze?
Was hat sich in der Filmbranche getan? Gibt es da manchmal so etwas wie Kinderbetreuung am Set und derlei?
Volm: Die Filmbranche ist da besonders schwierig. Wir können das heute theoretisch kalkulieren mit Kinderbetreuung, das wird ganz selten mal gemacht. Mir wurde aber mal von männlichen Produzenten gesagt: Wir müssen es nicht nur kalkulieren, wir müssen es auch finanzieren. Die Projekte sind momentan aufgrund von Inflation und so weiter eher ein bisschen unterfinanziert. Das heißt, das gibt es nicht so häufig. Der andere Punkt ist: Selbst wenn man die Familie dabei hat, haben wir Tarifverträge mit 50 Stunden die Woche als Basis. Das ist nicht sonderlich familienfreundlich oder vereinbar. Da ist man unter Umständen nach 13 Stunden wieder zurück im Hotel und muss sich überlegen, ob man eigentlich noch Zeit, Nerven, Kraft hat, sich jetzt noch um die Familie zu kümmern. Die Filmbranche ist, bei allen Ideen, die es so gibt - 35-Stunden-Woche, Vier-Tage-Woche -, sehr hinterher, weil einfach Drehtage so teuer sind.
Das Interview führte Mischa Kreiskott.