Kinder und Karriere: Die Dirigentin Alondra de la Parra
Sie ist eine der wenigen Frauen am Pult: die Dirigentin Alondra de la Parra. Und sie ist Mutter von zwei Söhnen im Grundschulalter, die sie größtenteils allein aufgezogen hat. Wie hat sie es geschafft, trotzdem Karriere zu machen?
Alondra de la Parra ist in vieler Hinsicht eine Pionierin: als eine der wenigen Frauen in einer Männerdomäne, als lange alleinerziehende Mutter. Sie hat zwei Söhne im Grundschulalter. Die werden oft gefragt, welches Instrument ihre Mutter spiele - dabei gibt sie den Takt an! "Die Musik geht von der Partitur in den Kopf, dann ins Herz, durch den Körper, ins Orchester. Darum haben Dirigenten kein Instrument: Wir müssen die Musik verkörpern", sagt Alondra de la Parra.
Zerreißprobe zwischen Familie und Beruf
Das Konzert, für das sie im Auditorio de Tenerife probt, findet auf der Nachbarinsel Gran Canaria statt. Alondra lebt mit ihren beiden Söhnen in Berlin. Das Zuhause ist gerade rund 3.600 Kilometer Luftlinie entfernt.
"In dieser Welt sind Mütter, die reisen und dirigieren, nicht vorgesehen. Ich hoffe inständig, dass sich das ändert. Ich habe so viele Opfer bringen müssen. Bei Konzerten, zu denen ich meine Kinder mitgenommen habe, musste ich mich zwischen ihnen und der Arbeit zerreißen. Am Ende habe ich fast nichts verdient, weil ich das Geld nur dafür ausgegeben habe, dass sie unterwegs betreut werden", erzählt die Dirigentin. "Zehn Jahre habe ich gespart, weil ich wusste: Wenn ich einmal Kinder habe, würde ich das Geld brauchen - oder ich müsste meine Karriere aufgeben. Ich musste Konzerte absagen, weil ich schwanger war und ein kleines Kind hatte. Von allen Orchestern, denen ich absagen musste, haben mich vielleicht zehn Prozent wieder eingeladen."
Alondra de la Parra: Verletzlich und trotzdem stark
Alondra wuchs in Mexico City auf. "Als Kind habe ich mich nur für das Orchester interessiert; besonders für die Celli, weil ich selbst Cello gespielt habe", erzählt Alondra de la Parra. "Mein Vater fragte: Achtest du gar nicht auf den Dirigenten? Und ich: Der ist der Unwichtigste von Allen. Der macht doch nichts! Er meinte: Das sieht vielleicht so aus, aber in Wirklichkeit bringt der Dirigent alle in Einklang. Durch ihn entsteht die Harmonie. Du wärst eine großartige Dirigentin!"
Sie ist eine großartige Dirigentin geworden - und ist so viel mehr als nur eine Frau unter lauter Maestros. "Ich bin meine Lehrer und meine Eltern, ich bin meine Söhne und meine Freunde: All diese Erfahrungen und Beziehungen machen mich aus", sagt Alondra de la Parra. "Man kann mich doch nicht nur aufs Frausein reduzieren! Eine Sache habe ich von einem richtig guten Dirigenten gelernt: Kurt Masur. Er sagte: Sei stark. Du musst stark sein, denn es wird immer Leute geben, die anderer Meinung sind, die Dich nicht mögen oder sogar gegen Dich sind. Aber bleibe verletzlich. Denn wenn Du versuchst, Dich selbst zu schützen, dann wirst Du hart. Du verlierst Deine Weichheit und Verwundbarkeit. Sei also in der Lage, beides zu sein: verletzlich und trotzdem stark."