Güster: Wie aus einer Industriebrache eine Idylle wurde
Einst war Güster ein Bauerndorf mit wenigen Hundert Einwohnern, bis hier Kies entdeckt wurde. Später wurden zwei Millionen Bäume gepflanzt und machten aus der Industrielandschaft einen Erholungspark.
"Güster ist einzigartig", meint Michael Muntau mit strahlendem Gesicht. Hier gab es einst Felder, erzählt er, die von Bauern bewirtschaftet wurden. Später entstand dann eine Industrielandschaft, in der alles weggebaggert wurde, was für die Bauwirtschaft nützlich war. Schließlich wurde alles wieder grün und ein Gebiet, in dem Menschen sich von Stress erholen können. Muntau ist der Vorsitzende des Fördervereins Güster der Gemeinde im Kreis Herzogtum Lauenburg, die sich mit der Geschichte des Ortes auseinandersetzen und an sie erinnern.
Der drittgrößte Binnenhafen Deutschlands
Nachdem in Güster um 1900 Kiesbestände entdeckt wurden, fing der Abbau an. Er lohnte sich auch deshalb, weil das Dorf direkt am Elbe-Lübeck-Kanal liegt. Auf der 61 Kilometer langen Wasserstraße zwischen Lübeck und Lauenburg konnte Sand und Kies verladen und rasch an die Baustellen gebracht werden. Güster war nach Tonnage zeitweise der drittgrößte Binnenhafen Deutschlands - nach Duisburg und Berlin.
Und so veränderte sich langsam das "Gesicht" des Ortes. Dort, wo früher Weizen wuchs oder Kühe grasten, standen jetzt riesige Bagger, die den Boden umpflügten. Mit dem in Güster gewonnenen Kies wurden große Bauprojekte umgesetzt, wie der Bau der Hamburger Hochbahn, die Spitaler- und Mönckebergstraße in Hamburg, die Befestigung Helgolands oder auch die Autobahn A24.
Kiesabbau macht die Gegend zu einer "Mondlandschaft"
"Das war eine Mondlandschaft", sagt Wilhelm Brügmann, Jahrgang 1937, und lange Bürgermeister von Güster. Er erinnert sich, wie die Kies-Fabrikanten immer neue Parzellen von den Landwirten erhandelten. Schließlich stand hier "kein Baum und kein Strauch" mehr, erinnert sich Brügmann. Bereits in den 1950er-Jahren kamen die ersten Camping-Gäste nach Güster. Der Zustrom, vor allem aus Hamburg, sei enorm gewesen. Tausende Autos verstopften die Straßen und brachten Wochenendurlauber. Manchmal hätten die sich im Sand gesonnt, während an anderer Stelle noch gebaggert wurde.
Der "Wüstenkönig" pflanzt zwei Millionen Bäume
Und dann, sagt Willy Brügmann, kam Paul Prüß. "Man nannte mich den Wüstenkönig, weil ich hier die Landschaft verwüstet habe", sagt der Kies-Fabrikant Prüß 1974 in einem Film des NDR. Dann aber, erzählt er weiter, habe er beschlossen, Bäume zu pflanzen, Wälder entstehen zu lassen. Insgesamt mehr als zwei Millionen Bäume wurden es. Sie machten schließlich aus der Industrielandschaft Güster ein Erholungsgebiet.
1981 schloss der letzte Kiesabbau-Betrieb. Die alten Baggerlöcher wurden Seen, an deren Ufer Campingplätze, Gaststätten und vor allem viele Einfamilienhäuser stehen. Die meisten von ihnen sind in den 1970er-Jahren entstanden und waren "nackte Kiesgrundstücke", wie Michael Muntau erzählt, deren Besitzer sie erst liebevoll aufgeforstet haben. Fast jedes von den Häusern hat einen eigenen kleinen Strand. Zahlreiche Segelboote oder andere Boote tummeln sich auf dem Wasser.
Ein Kanal führt auch heute noch in den Elbe-Lübeck-Kanal, an dem viele Angler und auch Fahrradfahrer unterwegs sind. Und so ist die frühere Industrielandschaft inzwischen eine echte Idylle.