Jens Peter Jessen © NDR Foto: NDR

Zeitreise: Jens Peter Jessen - der vergessene Verschwörer

Stand: 21.07.2024 00:00 Uhr

Es ist einer der berühmtesten Mordversuche in der Geschichte: das Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944. Der Schleswig-Holsteiner Jens Peter Jessen hat dabei eine entscheidende Rolle gespielt.

Eine Bombe in einer Tasche im Führerhauptquartier Wolfschanze. Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der direkten Kontakt zu Hitler hat, postiert sie unter dem Tisch und lässt sich ans Telefon rufen. Die Bombe detoniert. Diesen Plan hat er entscheidend mitgeprägt: Jens Peter Jessen aus Nordschleswig - Deckname "Nordmann". Der dänische Autor Sören Flott hat ein populärwissenschaftliches Buch über Jessen geschrieben. Jessen sei sogar der erste gewesen, der die Idee zu diesem Attentat formuliert hat. Das hat Flott den Tagebuchaufzeichnungen von Widerstandskämpfer Ulrich von Hassell entnommen.

Steile Karriere innerhalb kürzester Zeit

Jens Peter Jessen wird 1895 in der Nähe von Tingleff geboren. Am Alten Gymnasium Flensburg macht er sein Abitur, ist später Soldat im Ersten Weltkrieg. Er studiert an der Kieler Universität Jura und Volkswirtschaft. Das ist der Beginn seiner Laufbahn als Wissenschaftler an zahlreichen Universitäten im In- und Ausland. 1933 ist Professor Jessen Leiter des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel. Er sympathisiert mit dem Nazi-Regime, hofft dadurch Karriere zu machen und die Politik als Ökonom mitgestalten zu können. Doch diese Erwartung wird enttäuscht. Als dann noch das Schicksal seiner jüdischen Freunde durch das Regime besiegelt wird, schwenkt Jessen um. Für ihn stehen Moral und Ethik vor Militär und Politik. Er zweifelt und wird schließlich Gegner des Regimes.

Direkt an der Quelle

Jessen geht nach Berlin. Dort hat er einen Lehrstuhl. 1939 wird er Mitglied der elitären Mittwochsgesellschaft. Damit bewegt er sich im Kreis von Widerständlern. 1941 - dann wird er Abteilungsleiter beim Generalquartiermeister. Damit hat er eine Schlüsselposition. Als Chef der Passierscheinhauptstelle ist es ihm möglich, Reisegenehmigungen auszustellen. So wird er zum Bindeglied in dem Kreis der Widerständler. Den Verschwörern ist klar: Nur jemand, der direkten Kontakt zu Hitler hat, kann das Attentat ausüben. Jessen zieht in dem Netzwerk die Fäden im Hintergrund. Am Vorabend des Attentats - das letzte Treffen bei ihm zu Hause in Berlin - in der Limonenstraße 26.

Am Ende bleibt der Tod

Am Tag nach dem Putschversuch werden Stauffenberg und vier Mitverschwörer erschossen, 600 Verdächtige verhaftet. Auf Spuren von Jens Peter Jessen gelangt die Gestapo erst spät - vermutlich durch Verhöre. Viele Beweise verschwinden. Eine Namensliste soll jedoch aufgetaucht sein. Am 11. Oktober 1944 wird Jessen verhaftet und muss sich vor dem Volksgerichtshof verantworten. Er wird zum Tode verurteilt. Wegen Mitwisserschaft und Nicht-Anzeige einer hochverräterischen Verschwörung. In Berlin-Plötzensee wird Jens Peter Jessen erhängt - am 30. November 1944. Auf dem Friedhof von Tingleff steht heute ein Gedenkstein, der Jens Peter Jessen erinnert: den Wissenschaftler, den Mann, der erst Anhänger und dann Gegner der Nazis war - den vergessenen Verschwörer.

Weitere Informationen
Reichsmarschall Hermann Göring (helle Uniform) und der Chef der "Kanzlei des Führers", Martin Bormann (l), begutachten die Zerstörung im Raum der Karten-Baracke im Führerhauptquartier Rastenburg, wo Oberst Stauffenberg am 20. Juli 1944 eine Sprengladung zündete, mit der Absicht Hitler zu töten (Archivfoto vom 20.07.1944). Als am 20. Juli 1944 gegen 12.50 Uhr der Sprengsatz in der "Wolfsschanze" detoniert, ging Claus Schenk Graf von Stauffenberg vom Tod des Diktators aus. Für den Attentäter schien das größte Hindernis für den Sturz der Nazis beseitigt. © picture alliance / dpa Foto: Heinrich Hoffmann

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 20.07.2014 | 19:30 Uhr

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