Siegfried Marcus © Museum Malchin

Siegfried Marcus: Ein genialer Tüftler

Stand: 20.09.2023 12:50 Uhr

Siegried Marcus war ein Mechaniker und passionierter Erfinder. Der gebürtige Malchiner entwickelte Dynamos, aber auch Motoren für Automobile. Dafür erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. 1898 starb er in seiner Wahlheimat Wien.

Siegfried Samuel Liepmann Marcus kommt am 18. September 1831 in Malchin zur Welt. Dort wächst er auf als Sohn eines jüdischen Kaufmanns auf, der auch als Gemeindevorstand der kleinen jüdischen Gemeinde in Malchin tätig ist. In seiner Heimatstadt absolviert er eine Lehre als Mechaniker. Die ersten Berufserfahrungen sammelt er nach eigenen Angaben in Berlin in der gerade gegründeten Werkstatt von Siemens und Halske. 1852 geht er nach Wien, was zu damaligen Zeit keine Hochburg der Technik ist. Aber so entgeht Marcus dem preußischen Militärdienst. Darüber hinaus gehen neuste Forschungen davon aus, dass er Verwandte in Wien hatte.

Elektrotechnische Apparate entwickelt

Nach vier Jahren macht sich der passionierte Tüftler selbstständig. Insgesamt sind zehn von ihm gebaute Motoren bekannt. Mit seinen Motoren macht er kein Geschäft, sein Geld verdient Marcus vielmehr mit der Entwicklung von mechanischen und elektrotechnischen Apparaten. Dazu gehören unter anderem Dynamos, eine Bogenlampe, ein Telegraphen-Reliefschreiber und eine Thermosäule. Auf der Pariser Weltausstellung von 1867 erhält er eine Silbermedaille. Auch Kaiser Franz Josef zeichnet den Erfinder mit einem Orden aus.

Sein Leben in Wien

Siegfried Marcus fühlt sich wohl in Wien - er genießt die Wiener Caféhaus-Kultur. Obwohl Marcus nicht verheiratet ist, hat er zwei Kinder. Er weiß sich gut zu vermarkten, sodass vor allem die Fachpresse immer wieder über seine Erfindungen berichtet.

Der Marcuswagen 1 und 2

Der erste Motorwagen des Erfinders Siegfried Marcus, sogenannter Erster Marcus-Wagen (Foto 1870) © picture-alliance / brandstaetter images/Austrian Archives
Die Fotografie von 1870 zeigt den sogenannten ersten Marcuswagen.

Siegfried Marcus hat als erster die Idee, einen Motor auf eine Holzkarre mit Holzrädern zu stellen und mit Benzin zu betreiben. Zuvor hat man Versuche mit Dampf oder Leuchtgas gemacht. Damit ist Siegfried Marcus der erste Mensch, der mit einem benzinbetriebenen Wagen gefahren ist. Dafür hat der Tüftler nie ein Patent angemeldet. Wahrscheinlich auch, weil er seine Idee noch weiterentwickeln wollte.

1888/89 entwickelt er seinen zweiten "Marcuswagen". Dieser ist wohl das älteste fahrbereite Automobil der Welt, angetrieben von einem Benzin-Viertaktmotor hat es - wie moderne Autos - auch eine Vierradkonstruktion. Das Modell sieht schon wie ein richtiges Auto aus - mit vier Sitzen, einem Lenkrad und Bremsen. Lange Zeit wird der Marcuswagen 2 auf 1875 datiert. Das hätte Siegfried Marcus in der Tat zum Erfinder des Automobils gemacht. Erst die spätere Forschung ordnet das Konstruktionsdatum richtig ein: Historische Unterlagen belegen die Fertigstellung des Motors im Jahr 1888. Insgesamt hat Marcus 131 Patente in 15 Staaten angemeldet. Er hat jedoch niemals ein Patent auf ein Automobil beantragt, oder jemals behauptet, dass Automobil erfunden zu haben.

Museen zeigen Nachbauten

Historische Autoabteilung des Technischen Museums in Wien: Der erste Marcuswagen, darüber ein Porträt des Erfinders Siegfried Marcus. (Foto: 1930) © picture alliance / ÖNB-Bildarchiv/picturedesk Foto: Österreichische Lichtbildstelle
Im Technischen Museum Wien ist der Marcuswagen zu sehen.

Ein Modell des Marcuswagen 1 ist im Museum von Malchin zu sehen. Das Original und ein Nachbau des Marcuswagen 2 stehen im Technischen Museum Wien. Ersteres steht als ältestes in fahrfähigem Zustand erhaltenes Automobil unter Denkmalschutz. Da es keinem Risiko mehr ausgesetzt werden darf, entschied sich das Museum in Wien 2006 eine Replik anfertigen zu lassen. Diese steht sogar für Ausfahrten zur Verfügung.

Das Museum von Malchin schreibt auf seiner Website, dass Menschen wie Siegfried Marcus ihren Anteil daran hätten, "dass sich unser aller Leben verändert hat. Heutige Selbstverständlichkeiten haben Personen wie er entdeckt und weiterentwickelt. Ihnen gebührt unser Dank und unsere Anerkennung".

Dieses Thema im Programm:

DAS! | 23.01.2011 | 18:45 Uhr

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