Eine Hamburgerin gründete Deutschlands erstes Frauenhaus
Seit Langem kämpfen Frauen für gleiche Chancen und Rechte. Eine von ihnen: die Hamburger Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann. Sie stritt für das Frauenwahlrecht, bessere Bildungschancen für Mädchen - und gründete 1897 das erste Frauenzentrum Deutschlands.
Noch Ende des 19. Jahrhunderts hatten Frauen keinerlei finanzielle oder politische Rechte. "Kinder, Küche, Kirche" - das war die zugedachte Bestimmung in der Gesellschaft. Doch es machten sich auch schon in der Zeit Frauen auf, das zu verändern. Eine von ihnen war die Hamburgerin Lida Gustava Heymann.
Das elterliche Anwesen wird zum "goldenen Käfig"
Sie wird 1868 geboren, wächst als eine von fünf Töchtern großbürgerlich in Hamburg Harvestehude auf. In dieser besseren Gegend blieb man gern "unter sich". Der Vater war im Kaffeehandel reich geworden, die fünf Töchter werden "angemessen bürgerlich" erzogen. Ihre vier Schwestern heiraten und wählen ein konventionelles Leben. Das kommt für Lida Gustava Heymann nicht infrage.
Mit Engagement gegen soziale Not und Ungerechtigkeit
Sie entflieht dem "goldenen Käfig" und erkundet stattdessen in Männerkleidern nachts die Welt der Prostituierten, prangert deren Ausbeutung an und attackiert öffentlich die städtischen Behörden, die an den Bordellen mitverdienen. Außerdem unterrichtet sie Kinder in einer Armenschule und bekommt so Kontakt zu der anderen, ärmeren Seite der Hamburger Gesellschaft. Hautnah erlebt sie soziale Not und Ungerechtigkeit, insbesondere gegenüber Frauen. Das will sie ändern.
Ein Frauenzentrum mit dem Erbe des Vaters
Ihrem Vater imponiert die Entschlossenheit seiner Tochter, er bezieht sie früh in seine Geschäfte mit ein. Als der Hamburger stirbt, macht er sie zur Haupt-Erbin. Über sechs Millionen Mark kann sie nun verfügen. Und während die meisten Frauen der Zeit wirtschaftlich abhängig sind, ist Lida Gustava Heymann jetzt frei und gründet mit dem Erbe 1897 das erste Frauenhaus Deutschlands - mitten in der Hamburger Innenstadt. In diesem Frauenhaus bietet sie Mädchen und Frauen Schutz, Bildung und Beratung.
"War das für uns alle ein stolzes Gefühl! (...), dort konnten wir schalten und walten, wie es uns gefiel." Lida Gustava Heymann über die Gründung des Frauenzentrums
Praktische Hilfe für Hamburgs Frauen und Mädchen
In dem Zentrum für Frauen gibt es einen Kinderhort, eine Rechtsberatung, Vorträge und sogar eine Schule, in der Mädchen gemeinsam mit Jungen unterrichtet werden - damals eine Sensation. In dieser Zeit lernt sie die Frauenrechtlerin Anita Augspurg kennen. Sie wird zur Verbündeten und Lebenspartnerin, gemeinsam engagieren sie sich für das Frauenwahlrecht, veröffentlichen Zeitungen und vernetzen sich auch international. Ihre Forderungen werden als so radikal wahrgenommen, dass Heymann sogar von der Hamburger Polizei bespitzelt wird.
Die Einführung des Frauenwahlrechts erlebt Lida Gustava Heymann 1919 und gehört mit ihrem Engagement heute zu den bedeutendsten Frauenrechtlerinnen Deutschlands.
Mehr dazu bei DAS! am Weltfrauentag am 8. März. Zu Gast in der Sendung von 18.45 bis 19.30 Uhr ist Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD).