Johannes Bugenhagen: Der Reformator des Nordens

Stand: 28.10.2024 09:55 Uhr

Johannes Bugenhagen war Mitverfasser der ersten niederdeutschen Bibel und ein geschickter Verhandler. Er brachte die Reformation Martin Luthers in den Norden, dessen enger Freund er war.

von Astrid Reinberger

Als dieser hatte er Martin Luther getraut und hielt auch dessen Beerdigungsrede. Als Seelsorger war Bugenhagen in der Bevölkerung außerordentlich beliebt, wenn auch seine Predigten in dem Ruf standen, über Gebühr lang zu sein. Er schlichtete Ehen ebenso wie er es vermochte, in Hamburg die erste evangelische Kirchenordnung durchzusetzen - gegen den Widerstand des alteingesessenen Klerus.

Es ist Bugenhagens Umsicht und seinem Pragmatismus zu verdanken, dass die Reformation ihren Weg in die Institution Kirche fand.

Bugenhagens schneller Aufstieg

Johannes Bugenhagen: Gemälde von Lucas Cranach dem Jüngeren, 1555. © picture-alliance / akg-images Foto: akg-images
Johannes Bugenhagen auf einem Gemälde von Lucas Cranach dem Jüngeren von 1555.

Johannes Bugenhagen wurde am 24. Juni 1485 auf der heute polnischen Insel Wollin, der Nachbarinsel Usedoms, geboren. Sein Vater war Ratsherr, allerdings nicht vermögend genug, um seinem Sohn das Studium zu finanzieren. Die Begabung des Jungen wurde schnell erkannt und gefördert. Die Schwester des Pommerschen Herzogs, die Zisterzienseräbtissin Maria, unterstützte die Familie: Bugenhagen konnte an der Universität Greifswald studieren. Ohne das Studium zu beenden, wurde er Lehrer der Ratsschule Treptow an der Rega. Wenig später - da war er gerade 19 Jahre alt - wurde er zum Rektor gewählt.

In dieser Zeit begann Bugenhagen, sich mit theologischen Fragen auseinanderzusetzen, die Bibel auszulegen und im nahe gelegenen Kloster Belbuck junge Geistliche zu unterrichten. Sein Unterricht muss außergewöhnlich gewesen sein, denn schon bald kamen Schüler aus verschiedenen Regionen - vom heutigen Baltikum bis aus Westfalen - um seine Bibel-Auslegungen anzuhören. Bugenhagen pflegte einen völlig neuen Unterrichtsansatz, offenbar geprägt von den humanistischen Schriften des Erasmus von Rotterdam. Ihm ging es darum, junge Menschen zu "verständigen Leuten" zu machen, aber sie sollten auch "fröhlich und lustig" sein.

Die Entstehung der "Pomerania"

Aufgeschlagene Landeschronik Pommerns: die Pomerania. © picture-alliance/ dpa Foto: Stefan Sauer
Die "Pomerania" gelangte 1750 in den Besitz der Greifswalder Universitätsbibliothek und wird dort als kostbarer Schatz aufbewahrt.

Im Auftrag des Herzogs von Pommern, Bogislaw X., reiste Bugenhagen ab dem Jahr 1517 durch Pommern, um die Geschichte des Landes aufzuschreiben. Es entstand die "Pomerania", eine der ersten Landes-Chroniken überhaupt. Bemerkenswert an dieser Handschrift sind vor allem die Kommentare Bugenhagens. Er äußerte sich darin gegen Prediger, die sich nicht an das reine Bibelwort hielten, sondern durch das Erzählen von gespenstischen Fabeln Gottesfurcht im Volk verbreiteten - so wie es zu dieser Zeit üblich war. Vom "lutherischen Lärmen", wie Luther selbst sein aufklärerisches Wirken bezeichnete, hatte Bugenhagen zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel gehört.

Vom Gegner zum Anhänger Martin Luthers

Martin Luther und sein Kreis, darunter Johannes Bugenhagen und Philipp Melanchton, an der Bibelübersetzung arbeitend auf einem Gemälde von P.A.Labouchere von 1853. © picture alliance/akg-images Foto: akg-images
Bugenhagen gehörte zum Kreis der Reformatoren um Martin Luther.

Um 1520/1521 fiel ihm Luthers Schrift "Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche" in die Hände, in der dieser die Praktiken der römischen Kirche kritisierte. Bugenhagen war entsetzt. Er hielt Luther für einen schändlichen Ketzer. Dennoch beschäftigte er sich eingehend mit Luthers Thesen, bis sich sein Urteil sogar ins Gegenteil wandelte. Vor der Treptower Geistlichkeit soll Bugenhagen laut der "Newe Sachssen Chronica" schließlich gesagt haben: "Was soll ich euch wohl sagen? Die ganze Welt liegt in äußerster Blindheit. Aber dieser Mann alleine sieht die Wahrheit."

Bugenhagen nahm Kontakt zu Luther auf, wenig später reiste er nach Wittenberg. Dort entwickelte sich der vom Wittenberger Reformatorenkreis als "Doctor Pommer" oder "Doctor Pomeranus" bezeichnete Bugenhagen neben Luther und Philipp Melanchthon zum bedeutendsten Reformator seiner Zeit. Er hielt Vorlesungen an der Universität zu Wittenberg und wurde 1523 zum Nachfolger des Wittenberger Stadtpfarrers gewählt. Ebenfalls zu dieser Zeit heiratete er und brach damit noch vor Luther mit dem für Pfarrer üblichen Zölibatsgebot.

Johannes Bugenhagen: Ein gefragter Stratege

1528 wurde er nach Braunschweig gebeten, um dort die schwierigen Verhältnisse zu ordnen. Der Rat war für die Reformation, Herzog und Kaiser dagegen. Bugenhagen schrieb eine niederdeutsche Kirchenregelung, auf die sich letztlich alle einigen konnten. Zudem hielt er Predigten, in denen er seine Reformen auch den "einfachen" Leuten erklärte und somit deren Akzeptanz erhöhte. Sein Verhandlungsgeschick sprach sich herum. Schließlich wurde er verantwortlich für die Kirchenordnungen von Hamburg, Lübeck, Hildesheim, Wolfenbüttel, Pommern und Dänemark.

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Bugenhagen war umsichtig genug, nicht nur zu ordnen, wie mit Ämtern verfahren werden oder wie der Gottesdienst ablaufen sollte, sondern er implementierte auch Regelungen für die Armenversorgung und für Schulen. In Hamburg gründete Bugenhagen mit dem Johanneum das erste humanistische Gymnasium der Stadt. In Pommern führte er Stipendien für begabte Kinder ein, deren Eltern sich die Universität nicht leisten konnten. Er setzte sich - ungewöhnlich für die Zeit - auch für die Bildung von Mädchen ein.

Mehrfach wurde ihm angeboten, in den Orten zu bleiben und dort als Bischof zu wirken. Doch immer lehnte er ab, um in Wittenberg leben und sein Amt als Stadtpfarrer innehalten zu können. 1533 wurde er in Wittenberg offizieller Professor. Maßgeblich war er an der Übersetzung der ersten vollständigen niederdeutschen Bibel beteiligt, der "Bugenhagen-Bibel", die ein halbes Jahr vor Luthers hochdeutscher Bibelübersetzung fertig wurde.

"Doctor Pommer" bleibt in Wittenberg

"Doctor Pommer" - er blieb auch in Wittenberg, als der Kaiser nach Luthers Tod 1546 begann, mit Waffengewalt gegen die Reformation anzugehen. Viele andere, so etwa Melanchthon, verließen aus Angst vor Repressionen die Stadt. Die einsetzende Re-Katholisierung belastete Bugenhagen sehr. Er verfasste Rechtfertigungsschriften, in denen er Luther und seinen Thesen die Treue bewies.

Mit 72 Jahren musste Johannes Bugenhagen aufgrund von raschem Kräfteverfall sein Pfarramt schließlich aufgeben. Er starb kurze Zeit später, am 20. April 1558.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Oldenburg | 13.07.2020 | 19:30 Uhr

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