Hermann Löns auf einer Fotografie aus dem Jahre 1911. © picture alliance / akg-images Foto: akg-images

Hermann Löns: Der umstrittene Heidedichter

Stand: 26.09.2024 00:00 Uhr

Am 29. August 1866 wurde Hermann Löns im westpreußischen Culm geboren. Heute gilt er als der deutsche Heidedichter schlechthin. Er war aber auch ein bekennender Nationalist. Löns starb am 26. September 1914.

von Jan Ehlert

"Auf der Lüneburger Heide
in dem wunderschönen Land
ging ich auf und ging ich unter
allerlei am Weg ich fand." Textzitat

Hermann Löns: Ein Vordenker der Umweltbewegung

In Hermann Löns Werken grünen die Birken, blühen die Rosen und Fuchs und Hase sagen sich nicht nur einträchtig gute Nacht, sondern werden mit Namen wie Kunrad Flinkfoot und Lischen Hopsinskrut auch liebevoll verniedlicht.

Hermann Löns, geboren am 29. August 1866 im westpreußischen Culm ist als Dichter auch ein Naturfreund, keine Frage. Und: ein Umweltschützer, lange bevor es die Ökobewegung gab. Seine Texte, geschrieben Anfang des 20. Jahrhunderts, klingen heute noch modern, beinahe visionär.

"Eine Macht muss die Naturschutzbewegung werden. Eine solche Macht, dass die Industrie, der Handel und der Verkehr mit ihr rechnen müssen. Vielfach hat man sich ihnen zuliebe in ganz unnützer Weise an der Natur versündigt. Und wenn wir sie hindern, solche Sünden weiter zu begehen, so werden wir heute vielleicht Hohn und Spott ernten. Die Nachwelt aber wird es uns danken." Textzitat

"Der Wehrwolf": Werke voll Blut- und Bodenromantik

Kein Wunder also, dass sich Wanderfreunde und Naturschutzbewegungen heute noch auf Hermann Löns berufen. Aber: Ganz so einfach ist es nicht. Denn das Zitat geht noch weiter:

"Wir wollen verhindern, dass der große Volksgesundungsbrunnen verschüttet, das heilige Seelenbad verunreinigt werde. Weil wir wissen, dass Naturschutz gleichbedeutend ist mit Rasseschutz."

Hermann Löns - von den Nationalsozialisten verehrt

Und von solchen Sätzen gibt es einige: Löns predigt den Teutonismus, weil, so wörtlich, "Humanistik und Internationalismus uns kaputt gemacht haben". Seine Romane - besonders der "Wehrwolf" - sind voll archaischer Blut-und-Boden-Romantik und menschenverachtender Beschreibungen.

"Das Takelzeug ist noch zäher als wie Hirschläuse, meinte der Wulfsbauer, als sie die nackte Gesellschaft abgeschüttelt hatten, und er setzte hinzu: "Was für Völker jetzt im Lande herumstromen! Eine Schande ist es, daß da nichts getan wird!"

Also wird etwas getan: "Slah doot", schlagt sie tot, heißt der Schlachtruf der wehrhaften Bauern - gerichtet gegen alle Eindringlinge in ihr Land. Auch deshalb wurde der "Wehrwolf" den jungen Flakhelfern im Nazi-Deutschland zur Lektüre verordnet. Löns' Matrosenlied wurde als "Engelland"-Lied zur musikalischen Begleitung der Luftangriffe auf England.

Romantischer Heidedichter, überzeugter Nationalist

Dass er von den Nationalsozialisten so instrumentalisiert wurde, kann man Hermann Löns kaum vorwerfen; er war damals schon fast 20 Jahre tot. Und seine Romane wie "Der letzte Hansbur" oder "Das zweite Gesicht" waren schon Bestseller, bevor der nationalsozialistische Geist den Volksgeschmack bestimmte. Wer ihn zu dessen Vordenker machen will, wie Löns-Biograf Wilhelm Deimann, tut ihm unrecht - und blendet deutlich kritischere Werke wie "Die Häuser vom Ohlenhof" aus.

Ihn aber einfach nur als Heidedichter zu verehren, heißt auch, die Augen vor seiner Blut-und-Boden-Romantik zu verschließen. Ein kritischerer Umgang mit seiner Erinnerung wäre daher unbedingt notwendig, als fröhlich auf seinen Spuren zu wandern.

Sein Tod war im Gegensatz zu seinen Geschichten alles andere als romantisch. Am 26. September 1914 fiel der Schriftsteller und Journalist Hermann Löns in einer der entsetzlichen Schlachten des Ersten Weltkrieges bei Reims in Frankreich.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Lüneburg | 19.11.2018 | 22:45 Uhr

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