Das Kriegsende in Uslar und Haren
Ein französischer Zwangarbeiter wird Teil einer niedersächsischen Familie: "Wie aus Jean Jan und wieder Jean wurde" beschreibt unter anderem die Geschichte des Franzosen Jean, der von 1941 bis 1945 in der Mühle in Bodenfelde arbeiten musste und auch bei der Müllersfamilie Münder lebte. Stella Porath, Schülerin aus Uslar (Landkreis Northeim), hat sich für den NDR Geschichtswettbewerb mit dem Thema Zwangsarbeit in Uslar und Umgebung beschäftigt. Dafür recherchierte die 15-Jährige unter anderem in Zeitungsarchiven in der Region sowie in Chroniken und Büchern. Walter Münder aus Bodenfelde, einer der Müllersöhne, erinnert sich, wie Jean - von allen nur Jan genannt - mit ihm für die Schule lernte. Er ist Stella Poraths Zeitzeuge. "Eine sehr gute Ausarbeitung regionaler Geschichte", lobt die Jury.
"Mehr über Einzelschicksale erfahren"
Die Beschäftigung mit den Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen nach Kriegsende habe sie überrascht, schreibt Stella Porath in ihrem Fazit. "Einerseits, weil ich nachlesen konnte, wie unversöhnlich und fies Menschen sein können (...) . Andererseits, wie loyal viele Zwangsarbeiter ihren Arbeitgebern gegenüber waren, nur weil diese sie gut behandelt haben und ihnen genug zu Essen gaben." Sie wünscht sich, dass Schüler und die Gesellschaft mehr über solche Einzelschicksale zu erfahren. "Das ist eindrucksvoller und nicht so abstrakt wie bloße Zahlen und Daten."
Harens Zeit als polnische Enklave
"Befreit! Und dann?" - "Diese Frage spielt in der Geschichte unserer Heimatstadt Haren nach dem Zweiten Weltkrieg eine besondere Rolle", schreiben die Schüler des Gymnasiums Haren, die sich für den Wettbewerb zu einer klassenübergreifenden Arbeitsgruppe in ihrer Projekt-Zeitung "Vollgummibereift" zusammengeschlossen haben. "Das Kriegsende wurde hier 1945 von vielen Menschen etwas anders erlebt als an anderen Orten in Deutschland." Denn in der Stadt im Emsland entstand nach der Befreiung der Emslandlager die polnische Enklave Maczków, "wo sich zwischen 1945 und 1948 Harener Bürger und polnische Displaced Persons unter angespannten Verhältnissen begegneten". "Davon sind wir und unsere Familien bis heute betroffen", schreiben die Schüler. Mit einem Wettbewerbsbeitrag, einem Podcast und einem Stadtrundgang, wollen die Harener Schüler die Erfahrungen von Zeitzeugen, die eigene Recherche und den öffentlichen Raum verbinden.
Beitrag zur städtischen Erinnerungskultur
Das Projekt beschäftige sich eindeutig mit dem Verhältnis der Harener zu den polnischen Befreiern sowie mit der Befreiung der Emslandlager, urteilt die Jury. "Ein gut gemachter und interessanter, in die städtische Erinnerungskultur eingebetteter Beitrag zum Wettbewerb", lautet das Fazit.
Projekt geht weiter
Mit dem Wettbewerb ist das Projekt aber noch nicht beendet: Die Ergebnisse und Erfahrungen sollen in das geplante Dokumentationszentrum Haren/Maczków einfließen zu lassen, das die Stadt Haren aktuell im historischen Gebäude der "Inselmühle" einrichtet. "Dorthin soll zukünftig auch der podcastgestützte historische Stadtrundgang führen", so der Plan der Harener Gymnasiasten.