Der "Judenstern": Stigma und Zeichen brutaler Verfolgung
Mit der "Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden" werden alle Juden im Deutschen Reich zum Tragen des "Judensterns" verpflichtet. Die Verordnung tritt zum 19. September 1941 in Kraft.
Nach einer Kennzeichnungspflicht für Juden gefragt, äußerte Adolf Hitler während einer Rede vor Kreisleitern der NSDAP 1937 gegenüber einem Journalisten: Dieses "Problem der Kennzeichnung" werde seit zwei, drei Jahren fortgesetzt erwogen und eines Tages so oder so natürlich auch durchgeführt. "Denn: Das Endziel unserer ganzen Politik ist uns ja allen ganz klar."
Pflicht zum Tragen ein letzter Schritt vor den Deportationen
Rund vier Jahre später trat am 19. September 1941 die "Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden" in Kraft. Sie verpflichtete die Juden zum Tragen eines gelben Sterns auf ihrer Kleidung. Für ihre Träger bedeutete sie soziale Isolation und Stigmatisierung. Diskriminierung, Entrechtung und Ausgrenzung erfuhren damit eine weitere Steigerung. Die Einführung des gelben Davidsterns, in der NS-Propaganda "Judenstern" genannt, war eine der letzten Maßnahmen der Nationalsozialisten vor Beginn der Deportation.
Gebrandmarkt und verhönt
Das handtellergroße Abzeichen, dem Hexagramm des Maggen-Davids (Davidstern) nachempfunden, mussten alle Juden ab sechs Jahren sichtbar auf der linken Brustseite der Kleidung tragen. Die Aufschrift "Jude" war so gestaltet, dass sie die hebräische Schrift verhöhnte. Gezwungen von der Gestapo musste die jüdische Gemeinde selbst die Sterne für 10 Pfennig pro Stück verkaufen. Ausgenommen vom Tragezwang waren Juden, die mit einem nichtjüdischen Partner verheiratet waren, also in einer sogenannten privilegierten Mischehe lebten.
Rückgriff auf antisemitische Tradition des Mittelalters
Bei der Wahl des diffamierenden Symbols griffen die Nationalsozialisten auf die jahrhundertealte Geschichte des Antisemitismus zurück. Bereits im Mittelalter wurden Juden fast überall im christlichen Europa gezwungen, bestimmte Abzeichen zu tragen. Abhängig von Land oder Gebiet mussten sie meist gelbe Flecken, Sterne oder Ringe an der Kleidung tragen oder den sogenannten Judenhut aufsetzen.
Im von Deutschland besetzten Polen war der "gelbe Stern" bereits ab November 1939 für alle Juden Pflicht.
Verordnungen und Gesetze besiegelten die Ausgrenzung
Die schrittweise Entrechtung und Ausgrenzung der Juden hatte nur wenige Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begonnen. Immer neue Gesetze und Verordnungen hatten entwürdigende Auswirkungen auf ihr Leben. Durch Berufsverbote und Enteignungen von Betrieben wurde ihre wirtschaftliche Existenz nach und nach vernichtet. Und sie wurden aus dem öffentlichen Leben verdrängt: Für Juden bestanden Ausgehbeschränkungen, Kinder durften keine öffentlichen Schulen mehr besuchen, das Betreten von Theatern, Kinos oder Museen war ihnen verboten. Auf Parkbänken prangte die Aufschrift "Nur für Arier", an den Eingängen zu Restaurants hingen Schilder mit der Warnung "Juden sind hier unerwünscht".
Ab Oktober 1938 mussten alle Juden ihre Reisepässe abgeben. Neue Ausweise erteilten die Behörden nur begrenzt, gekennzeichnet waren sie mit einem eingestempelten "J". Ab Anfang 1939 mussten Juden Kennkarten bei sich führen und einen Zwangsvornamen annehmen. Männer erhielten den Zusatz "Israel", Frauen den Namen "Sara".
Gettoisierung am Vorabend der Deportationen
Zu den unzähligen Restriktionen zählte auch die bereits erwähnte Polizeiverordnung vom September 1941. Sie beinhaltete nicht nur die Kennzeichnungspflicht durch den "Judenstern". Sie untersagte Juden auch, Orden und sonstige Ehrenzeichen zu tragen, und sorgte außerdem dafür, dass sie ihren Wohnbezirk ohne eine polizeiliche Genehmigung nicht mehr verlassen durften. Dies bedeutete ein weiteren Schritt im Prozess der Gettoisierung, der durch das "Gesetz über Mietverhältnisse von Juden" vom 30. April 1939 bereits eingeleitet worden war. "Arische" Vermieter konnten Juden demzufolge jederzeit fristlos kündigen, sofern eine neue Unterkunft vorhanden war. Gleichzeitig verpflichtete das Gesetz Juden, die über Wohnraum verfügten, Wohnungslose bei sich aufzunehmen.
Die Folge war die Entstehung von sogenannten Judenhäusern. Jeder Wohnungswechsel musste zudem mit Unterstützung der jüdischen Gemeinde genau registriert werden. Ab dem 1. April 1942 wurden auch die Wohnungen mit einem "Judenstern" neben dem Namensschild gekennzeichnet. Die Registrierung, räumliche Zusammenlegung und Kennzeichnung der Juden bot den Nationalsozialisten die Möglichkeit zur "perfekten" Überwachung. Die Maßnahmen ermöglichten in der Folge die planmäßige Deportation und Ermordung der Juden.