Unglück der "Lisco Gloria" auf der Ostsee: Die Chronologie
Die Ostseefähre "Lisco Gloria" ist in der Nacht zum 9. Oktober 2010 vor Fehrmarn in Flammen aufgegangen. Alle 249 Menschen an Bord konnten gerettet werden. Die Chronologie der Ereignisse.
8. Oktober 2010
22 Uhr: Die litauische Fähre "Lisco Gloria" der Reederei DFDS Seaways verlässt laut Fahrplan den Hafen Kiel. Ihr Ziel: das litauische Klaipeda. 249 Menschen sind an Bord.
9. Oktober 2010
Kurz nach 0 Uhr: Das Schiff befindet sich nördlich der schleswig-holsteinischen Insel Fehmarn. Auf dem Oberdeck kommt es zur Explosion. Große Teile des 2002 gebauten Schiffes stehen in Flammen.
Der Kapitän lässt die Fähre evakuieren. Auf dem Deck stehen die Menschen, teilweise nur spärlich bekleidet und in Decken gehüllt. Die Passagiere verlassen die brennende Fähre und treiben in Rettungsbooten und kleineren Rettungsinseln bei Windstärke fünf auf der Ostsee.
Die Besatzung des Bundespolizei-Schiffs "Neustrelitz" empfängt kurz nach Mitternacht den Notruf der Fähre und steuert sofort das Schiff an.
Auch die Ostseefähre "Deutschland" hört den Notruf. Die beiden Kapitäne Eugen Kube und Hannes Wasmuth nehmen sofort Kurs Richtung des brennenden Schiffes.
Die Crew der "Neustrelitz" erreicht den Unfallort als erste und nimmt die Passagiere an Bord und versorgt sie mit Decken und warmen Getränken. "Einige der Passagiere standen unter Schock. Wir konnten sie jedoch beruhigen und erklären, dass sie nun in Sicherheit sind", berichtet die Kommandantin der "Neustrelitz", Polizeihauptkommissarin Birgit Thärichen.
1.28 Uhr: Auch Hubschrauber des Marinefliegergeschwaders 5 aus Kiel unterstützen die Rettung. Die Crew von Pilot Sebastian Steffens rettet einen 14-jährigen Jungen, der durch das Feuer nicht ans Deck flüchten kann. "Eine Person hatte am Bug das Fenster eingeschlagen und uns zugewunken. Wir haben uns daneben in Schwebeflug gestellt und die Person mit unserem Rettungsnetz herausgeholt", beschreibt Steffens die dramatische Rettungsaktion.
2 Uhr: Die "Neustrelitz" legt längsseits der "Deutschland" an. Über die Lotsenpforte gehen die Schiffbrüchigen an Bord. Darunter auch eine Schulklasse aus Lettland und eine Mutter mit Kleinkind.
4 Uhr: Die "Deutschland" macht sich mit den Geretteten auf den Weg nach Kiel.
6 Uhr: Die Passagiere und Besatzungsmitglieder des Havaristen an Bord der "Deutschland" erreichen den Kieler Marinestützpunkt. Für die Geretteten stehen Dolmetscher, Psychologen und Seelsorger bereit. Die 28 Verletzten werden von Ärzten vor Ort versorgt, einige kommen in die Uniklinik in Kiel. Fahrgäste und Besatzungsmitglieder werden vorübergehend in einem Hotel untergebracht.
8 Uhr: Das Schiff brennt immer noch in voller Ausdehnung.
9. Oktober 2010
Vormittag: Die Löscharbeiten gestalten sich schwierig. Eine zweite Explosion verstärkt den Brand. Die Einsatzkräfte versuchen, ein Sinken des kombinierten Fracht- und Passagierschiffs zu verhindern. Die Fähre hat knapp 20 Grad Schlagseite.
12 Uhr: Das brennende Fährschiff treibt nicht mehr auf der Ostsee. Zwei deutsche Spezialisten erreichen von einem Hubschrauber aus das Deck der Fähre. Sie setzen die Anker zwei Seemeilen südlich der Insel Langeland.
Wegen der 200 Tonnen Dieselöl an Bord wird das dänische Umweltschiff "Marie Miljo" zur Verhinderung einer Ölpest herbeigerufen.
Einsatzkräfte kämpfen darum, ein Auseinanderbrechen des Schiffes auf der Ostsee zu verhindern. Mit Hochleistungs-Wasserwerfern wird die Außenhaut der Fähre gekühlt.
10. Oktober 2010
Vormittag: Das Feuer ist weitgehend aus. Die Dänen übernehmen das Kommando. An einigen Stellen auf der Fähre lodert das Feuer immer wieder auf und es gibt eine starke Rauchentwicklung.
12 Uhr: "Es ist keinerlei Öl ausgetreten", sagt der Kommandeur des dänischen Seerettungsdienstes SOK. Vier Spezialschiffe liegen weiter an der Unglücksstelle, um notfalls einzugreifen. An Bord sind neben 200 Tonnen Schweröl auch 18 Tonnen Diesel und 25 Tonnen Maschinenöl.
16 Uhr: Die Polizei korrigiert die Zahl der Geretteten. Nach dem endgültigen Abgleich mit der Passagierliste waren 236 Menschen an Bord des Schiffes, wie das Landespolizeiamt mitteilt. Die vom Leiter des Lagedienstes in Kiel genannte Zahl von 249 Passagieren und Besatzungsmitgliedern habe sich als zu hoch herausgestellt und sei durch Doppelerfassungen entstanden.