Stand: 15.07.2008 16:24 Uhr

So erlebten Feuerwehrleute den Feuersturm

In der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1943 flogen britische Bomber schwere Angriffe auf Hamburg und lösten einen Feuersturm aus. Die Flammen zerstörten weite Teile der Stadt, Zehntausende Menschen starben. Hans Brunswig war damals Feuerwehrhauptmann in Hamburg. Zu Beginn des zweiten britischen Großangriffs auf die Stadt am 28. Juli 1943 hielt er sich in der Peilzentrale der Hauptfeuerwehrwache in St. Georg auf. "Wir bekamen in den ersten Minuten einige wenige Meldungen von unseren Turmbeobachtern, aber es blieb relativ ruhig. Wir dachten zunächst, es handele sich nur um einen Störangriff oder die Masse der Angreifer würde etwa in eine andere Richtung fliegen. Aber nach rund 20 Minuten setzte plötzlich ein ungeheurer Bombenhagel ein. Wir wurden durcheinandergeschüttelt und hatten natürlich große Angst."

Hans Brunswig als Feuerwehrhauptmann in den Vierzigerjahren. © NDR
Hans Brunswig hat ein Buch über den Feuersturm geschrieben. Das Foto zeigt ihn als Feuerwehrhauptmann in den 40er-Jahren.

Als der Bombeneinschlag etwas nachließ, gingen die Feuerwehrleute nach draußen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Zunächst brannten nur einzelne Dachstühle, die Gebäude selbst waren noch unversehrt. Doch in wenigen Minuten änderte sich die Lage völlig: "Es setzte eine Luftbewegung ein - ein Feuersturm. Er kam etwa aus Richtung Hauptbahnhof und zog mit ungeheurer Gewalt in Richtung Borgfelde und Hammerbrook."

Feuerwirbel rasten durch die Straßen

Hans Brunswig machte damals Bilder aus den Fenstern der Hauptfeuerwache. Darauf ist zu sehen, wie die Flammen fast waagerecht auf das Gebäude zugetrieben werden. "Menschen wurden auf der Straße regelrecht vom Sturm umgerissen. Wir wissen aus Berichten von Feuerwehrleuten, dass sie kriechend versucht haben, irgendeinen Punkt zu erreichen. Ich selbst bin einmal, als ich um eine Ecke an der Hauptfeuerwache herumging, glatt zu Boden gerissen worden und musste auch kriechend zurückkommen. In den Straßen, insbesondere in den Gebieten Borgfelde und Hammerbrook, bildeten sich regelrechte Feuerwirbel, die durch die Straßen gerast sind. Was sich in den Weg dieser Feuerwirbel stellte, das wurde wie mit einer gewaltigen Lötflamme verbrannt, sodass nur noch Aschereste übrig blieben."

Der ehemalige Hamburger Feuerwehrhauptmann Hans Brunswig. © NDR
AUDIO: "Menschen mit roher Gewalt aus dem Keller geholt" (1 Min)

Viele Feuerwehrleute verschmorten im Keller

Hans Martens, 1943 Feuerwehrmann in Hamburg. © NDR
Hans Martens erlebte den Feuersturm als Feuerwehrmann in Hamburg-Eimsbüttel.

Für die Einsatzkräfte war es unter diesen Bedingungen äußerst schwierig, Menschen zu retten, erinnert sich Hans Martens, damals ebenfalls Feuerwehrmann in Hamburg: "In Eimsbüttel war eine große Feuerwache, die hat einen Bombentreffer gekriegt und brannte oben. Die Feuerwehrleute saßen alle im Keller. Und die beiden Kompanien, die dort waren, haben ihre Hauptaufgabe darin gesehen, an die Feuerwache heranzukommen und die Leute aus dem Keller zu holen. Das ist aber nicht gelungen. Die Feuerwehrleute sind alle dort unten im Keller elendig verschmort." Schwierig war es vor allem, an die Eingänge zu den Kellern zu gelangen. "Die Keller hatten zwar Notausgänge, aber die waren von den zusammengestürzten Häusern alle versperrt. Das musste ganz sorgfältig weggeräumt werden, denn es lag noch furchtbar viel Schutt drüber, der nachrutschen konnte."

Der Tag nach dem Feuersturm - Erschütternde Bilder

Ein Junge spielt in den Trümmern der Hamburger Innenstadt nach dem Feuersturm. © picture-alliance/dpa
Die Hamburger Innenstadt ist nach dem Feuersturm eine einzige Trümmerlandschaft.

Besonders bedrückend sind die Erinnerungen an die vielen Toten, die den Flammen zum Opfer fielen. Als Hans Brunswig und seine Kollegen am Tag nach der Feuersturmnacht über den Heidenkampsweg zu einer Großtankstelle fahren, bietet sich ihnen ein schreckliches Bild: Hunderte und Aberhunderte von Toten liegen auf den Straßen und in den Trümmern. Besonders erschüttert hat Brunswig folgende Szene: "Da war ein verbrannter Meldefahrer, also ein Mann aus unseren Reihen. Er hatte eine Meldung überbringen sollen, hatte die Gasmaske aufgehabt und war so verbrannt, dass nur noch ein paar Knochenreste und das Fahrrad übrig waren. Aus dem gesamten Gebiet sind bis November 1943 rund 32.000 Tote geborgen worden, zum großen Teil waren es nur noch wenige Knochenreste, die man gefunden hat."

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 24.07.2013 | 07:49 Uhr

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