"Pallas"-Unglück: "Das war gespenstisch"
Ein tosender Sturm, brennende Holzplanken, glühende Schuhsohlen: Ein Pilot und ein Journalist, die beim "Pallas"-Unglück im Oktober 1998 dabei waren, erinnern sich 15 Jahre später an katastrophale Umstände.
Christian Dienst bringt in der Nacht zum 26. Oktober 1998 seinen Bundeswehr-Hubschrauber nur mit Mühe in die Luft - der Sturm ist so stark. Die dänische Küstenwache hat ihn und sein Team alarmiert. Sie sind auf Helgoland stationiert und sollen zum brennenden Holzfrachter "Pallas" rausfliegen, um einen dänischen Rettungshubschrauber zu unterstützen. Den Notruf hatte der Kapitän des Frachters ausgelöst. Dienst sieht schon von Weitem die Rauchsäule des lichterloh brennenden Schiffs. Als der Hubschrauber ankommt, hat die Crew die "Pallas" bereits aufgegeben.
Katastrophale Situation vor Ort
Neben Dienst ist auch Torsten Haase dicht dran. Er berichtet als NDR Reporter von dem Unglück und darf als einziger auf dem glühenden Schiff drehen. Beide hatten zwar unterschiedliche Aufgaben, waren zu verschiedenen Zeiten vor Ort, doch ihren ersten Eindruck von der katastrophalen Situation beschreiben sie auf gleiche Weise: "Gespenstisch" sei das gewesen. Das sagen sie auch noch 15 Jahre später.
Die Crew schwimmt bei Sturm im Wasser
Der Versuch, die "Pallas" über Rettungsinseln zu verlassen, misslingt. "Alle Besatzungsangehörigen fielen ins Wasser", erinnert sich Dienst. Sie schwimmen im Meer, "im tosenden Sturm zwischen den brennenden Holzpaketen, die immer wieder von Bord gingen". Die Rettungsteams beginnen, die Schiffsbesatzung zu bergen und seilen sich ab. Das war auch für sie ziemlich gefährlich. "Sturmböen haben auch den Hubschrauber hin- und hergeworfen", sagt Dienst.
Irgendwann habe man sich darüber aber keine Gedanken mehr gemacht. "Wir haben uns darauf konzentriert, keinen in der dunklen Nacht zu verlieren." Das gelingt nicht ganz - der Schiffskoch stirbt an einem Herzinfarkt und kann nur tot geborgen werden. Ein Besatzungsmitglied wird schwer verletzt. Insgesamt werden 22 Menschen lebend gerettet.
Das Unglück wird zum Medienereignis
Am Tag darauf macht sich Reporter Torsten Haase auf den Weg nach Amrum. Sein Auftrag: einen Tag für den NDR vom "Pallas"-Unglück berichten. Schon auf dem Hinweg entdeckt er Öl-Placken im Meer und berichtet davon. Sein Einsatz dauert jedoch mehrere Wochen, denn die Katastrophe wird zum Medienereignis: Sieben bis acht Hubschrauber sind für Fernsehstationen von Föhr aus unterwegs, umschwirren die "Pallas" wie "Hornissen ihr Nest". Haase macht die Fernsehaufnahmen, die für Jahre mit dem Unglück verbunden werden: Es gelingt ihm, auf die glühende "Pallas" zu kommen und dort mit seinem Kameramann zu drehen.
Arbeiten wie auf einem glühenden Holzkohlegrill
"Es war eine gespenstische Situation", beschreibt Haase. "Wir hatten Windstärke zehn bis elf, Wellen peitschten auf die 'Pallas', verdampften aber sofort auf der heißen Oberfläche der Ladeluken." Die Luken seien mit weißen Salzkristallen überzogen gewesen. "Wir haben dort in den Laderaum hineingefilmt und standen auf den Ladeluken. Unsere Schuhsohlen schmolzen innerhalb weniger Minuten bis auf die Brandsohlen herunter", erzählt er. "Das war wie die Arbeit auf einem glühenden Holzkohlegrill." Sie müssen die Ladeluken bald verlassen, damit sie überhaupt noch weiterarbeiten können.
Das Wrack als Mahnmal
Haase ist 2013 noch einmal auf die Insel Amrum gekommen, um von seinem Einsatz zu erzählen. Das Wrack der "Pallas" ist von hier noch zu sehen. Was empfindet er, wenn er das sieht? "Die Bilder kommen wieder hoch". Haase sieht dann Vögel, die vom Treibstoff der "Pallas" verölt sind, erschöpfte Feuerwehrleute, Öl-Placken am Strand. Und auch an Koordinationsprobleme bei den Behörden erinnert er sich wieder. Für ihn ist das "Pallas"-Wrack deshalb ein Mahnmal.