Der Angeklagte verdeckt sein Gesicht mit einer Aktenmappe. © picture alliance / dpa Foto: Carmen Jaspersen

Kindermörder "Maskenmann": Martin N. wird 2012 verurteilt

Stand: 25.02.2022 15:50 Uhr

Am 27. Februar 2012 wurde der als "Maskenmann" bekannte Martin N. zu lebenslanger Haft verurteilt. Maskiert war er nachts in Schullandheime, Zeltlager und Privathäuser eingedrungen, um Jungen zu missbrauchen. Mindestens drei tötete er.

Acht, neun und 13 Jahre alt waren die Jungen, die Martin N. getötet hat. Der entscheidende Hinweis für seine Festnahme kam nach jahrelangen vergeblichen Ermittlungen von einem Missbrauchsopfer. Der Mann erinnerte sich daran, Jahre zuvor von einem Betreuer ausgefragt worden zu sein, wie sein Zuhause aussehe. Kurz darauf habe mitten in der Nacht ein großer "schwarzer Mann" neben seinem Bett gestanden. Das Opfer erinnerte sich auch an den Namen des Betreuers: Martin.

2012 verurteilte das Landgericht Stade den geständigen Martin N. wegen dreifachen Mordes. Im Januar 2021 wurde er wegen eines möglichen weiteren Verbrechens vorübergehend nach Frankreich ausgeliefert. Die französische Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn, 2004 in der Bretagne einen zehnjährigen Jungen entführt und ermordet zu haben.

Morde sollten sexuelle Vorlieben von Martin N. vertuschen

Die Taten des Kindermörders liefen immer nach dem gleichen Muster ab: Maskiert mit einer schwarzen Sturmhaube drang Martin N. in Wohnhäuser, Zeltlager und Schullandheime in Norddeutschland ein und verging sich dort an Jungen. Drei seiner Opfer, den achtjährigen Dennis R., den 13-jährigen Stefan J. und den neunjährigen Dennis K., ermordete er zwischen 1992 und 2001. Nach Ansicht des Gerichts tötete er die Jungen, um seine sexuelle Vorliebe für Jungen nicht auffliegen zu lassen. "Insbesondere fürchtete er die Ächtung seiner Mutter", sagte Richter Berend Appelkamp damals. "Diese Aufdeckung wollte er mit allen Mitteln verhindern."

Der Kindermörder führt ein Doppelleben

Polizeiwagen fährt im April 2011 an einem Zweifamilienhaus in Harburg bei Hamburg vorbei, in dem der Täter des Mordfalls Dennis leben soll. © picture alliance / dpa Foto: Malte Christians
Bei seiner Festnahme 2011 lebte der damals 40-Jährige Martin N. in Hamburg.

Jahrelang waren die Fahnder einem Mann auf der Spur gewesen, von dem sie zeitweilig glaubten, es handele sich um ein Phantom: Ermittler und Betreuer zweifelten an den Aussagen der Kinder, die vom "schwarzen Mann" erzählten. Martin N. führte in dieser Zeit ein Doppelleben. Tagsüber kümmerte er sich als Betreuer auf Ferienfreizeiten und in Heimen um seine Schützlinge, sogar ein Pflegekind wohnte vier Jahre bei ihm. Laut Appelkamp seien diese Kinder aber nicht als das Objekt seiner Begierde infrage gekommen, weil er sich für sie verantwortlich fühlte. Auf der anderen Seite pflegte N. aber ein heimliches Nachtleben, in dem er seine pädophilen Neigungen auslebte.

"Es fehlen die Worte"

Die Aussagen der Opfer während des Prozesses hatten blankes Entsetzen im Gerichtssaal hinterlassen. "Es ist einfach so schrecklich, was hier Gegenstand der Anklageschrift ist, dass einem die Worte fehlen", sagte Oberstaatsanwalt Johannes Kiers damals. Der Angeklagte selbst verfolgte die Verhandlung an allen Prozesstagen anscheinend teilnahmslos. Er schwieg beharrlich und meldete sich erst am letzten Verhandlungstag zu Wort: "Ich glaube, dass meine Taten kaum entschuldbar sind", so Martin N. Dennoch äußerte er die Hoffnung, ein neues Leben in Freiheit beginnen zu können.

Taten von "schwerer seelischer Abartigkeit"

Die Richter am Landgericht, Gudrun Pudimat (v.l.), Berend Appelkamp (Vorsitz) und Arlo Meifort, stehen an der Richterbank. © picture alliance / dpa Foto: David Hecker Pool
Die Richter ordnen 2012 auch die Sicherheitsverwahrung von Martin N. an - der BGH hebt die Entscheidung allerdings wieder auf.

Als das Landgericht Stade den damals 41-Jährigen am 27. Februar 2012 wegen dreifachen Mordes und dem sexuellen Missbrauch in 40 Fällen verurteilt, ordnen die Richter auch die anschließende Sicherungsverwarhung an: In ihrer Begründung stellen sie eine besondere Schwere der Schuld fest. Die Taten seien "besonders verwerflich" und von "schwerer seelischer Abartigkeit". Ein Gutachter schätzt N. zudem als "rückfallgefährdet" ein. Die damals angeordnete Sicherungsverwahrung hebt der BGH ein Jahr später allerdings wieder auf. Die Verwahrung sei in diesem Fall "kein zusätzlicher Gewinn für die Allgemeinheit", so die Karlsruher Richter 2013 - bestätigen aber gleichzeitig die besondere Schwere der Schuld. Eine Verlängerung der Mindesthaftzeit von 15 Jahren ist damit wahrscheinlich.

Weiteres Todesopfer? Auslieferung nach Frankreich

Am 20. Januar 2021 wird Martin N. aus der Justizvollzugsanstalt Celle in die JVA Offenburg (Baden-Württemberg) gebracht, von wo er wegen eines möglichen weiteren Verbrechens nach Frankreich ausgeliefert wird: Im April 2004 soll er in der Bretagne einen Jungen entführt und umgebracht haben. Das Kind war nachts aus einem Schullandheim in der Nähe von Saint-Nazaire an der französischen Westküste verschwunden. Seine gefesselte und mit Steinen beschwerte Leiche wurde Wochen später in einem Teich nahe Guérande entdeckt - etwa 25 Kilometer vom Ort seiner Entführung entfernt. Martin N. soll die Tat einem Mithäftling gestanden haben.

Nachweisen konnten die französischen Ermittler Martin N. die Tat innerhalb der auf acht Monate begrenzten Auslieferungszeit aber offenbar nicht. Nach Informationen des "Spiegel" wurde er im September 2021 wieder der deutschen Justiz überstellt - ermittelt werde in Frankreich aber weiter.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 26.01.2021 | 11:00 Uhr

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