Göttingen: Skulptur erinnert an Barbara und ihre Liebeserklärung
Am 6. Juli 1964 widmete die Pariser Chanson-Sängerin Barbara der Stadt Göttingen ein Lied, das zu einem Symbol der deutsch-französischen Freundschaft wurde. Nun erinnert eine Skulptur an Barbara.
Der Élysée-Vertrag über die deutsch-französische Aussöhnung ist gerade ein Jahr alt, als eine französische Jüdin 1964 nach Göttingen kommt, um im damaligen Jungen Theater ein Konzert zu geben. Barbara heißt die Sängerin, die in Frankreich bereits Erfolge feiert. Mit ihren sehnsuchtsvollen Liedern begeistert sie auch das Göttinger Publikum. Es liegt ihr regelrecht zu Füßen.
Auftritt erst abgelehnt, dann doch zugesagt
Doch danach sieht es anfangs nicht aus - ganz und gar nicht. Hans-Gunther Klein, damaliger Direktor des Jungen Theaters Göttingen, hat die Chansonnière Anfang 1964 bei einem Konzert erlebt und sie daraufhin zu einem dreitägigen Gastspiel nach Göttingen eingeladen. Doch Barbara, am 9. Juni 1930 als Monique Andrée Serf in Paris geboren, lehnt zunächst ab. Grund: ihre eigene Lebensgeschichte als Jüdin und ihre Flucht vor den Nazis. Am nächsten Tag sagt sie dann aber doch zu. Ihre Bedingung: Sie will für ihre Auftritte einen Konzertflügel auf der Bühne haben.
Studenten schleppen Konzertflügel auf die Bühne
Als Barbara aber am 4. Juli 1964 ins Göttinger Theater kommt, erblickt sie lediglich ein Klavier. Darüber ist sie sehr verärgert. Unter diesen Umständen möchte sie nicht auftreten. Das hohe Klavier versperre ihr die Sicht aufs Publikum. Ein Flügel hingegen lasse den Kontakt viel besser zu. Theaterdirektor Klein gibt sein Bestes, um einen Flügel aufzutreiben. Allerdings sollen zu der Zeit die Transporteure in Göttingen gestreikt haben, so ein ARTE-Beitrag. Schließlich gelingt es doch noch, einen Flügel zu besorgen. Im Nachbarhaus im ersten Stock wohnt damals eine Dame, die einen besitzt und ihn zur Verfügung stellt. Ein paar Studenten tragen das schwere Instrument die Treppe hinunter und ins Theater. Mit zweistündiger Verspätung findet an jenem Tag Barbaras erstes Konzert in Göttingen statt.
Liebeserklärung an Göttingen
Am letzten Tag ihrer Auftritte, am 6. Juli 1964, textet Barbara das "Göttingen"-Lied und führt es auch auf - als Dank für die herzliche Gastfreundschaft, die sie dort erlebt hat. Das Göttinger Publikum ist hin und weg von dieser Liebeserklärung an Göttingen. Es feiert die 34-jährige Sängerin aus Frankreich. Dieses Chanson sei "so stark, es erobert alle Herzen", sagt der Franzose Emmanuel Peterfalvi, bekannt als Reporter Alfons mit Puschelmikrofon, in einer Rückschau.
Deutsche Version 1967
1967 tritt Barbara erneut in Göttingen auf, dieses Mal in der ausverkauften Stadthalle. Erstmals singt sie "Göttingen" in einer deutschen Übersetzung. Das Publikum ist begeistert, der Beifall dauert viele Minuten. Danach ist "Göttingen" immer im Repertoire jedes ihrer Konzerte. Barbara selbst bezeichnet "Göttingen" als Liebeslied ("Göttingen c’est une chanson d’amour").
Symbol für Annäherung zweier verfeindeter Länder
Barbaras Chanson wird in der Folgezeit zu einem Erfolgslied zumindest in Frankreich. In Deutschland gilt es noch heute als Symbol für die Annäherung zweier Länder, die sich einst als "Erbfeinde" sahen. Barbara stirbt am 27. November 1997, doch das Lied "Göttingen" lebt weiter.
Skulptur erinnert in Göttingen an Barbara
Seit dem 27. Oktober 2024 erinnert in Göttingen eine von der Künstlerin Ulrike Visser angefertigte Skulptur an die Sängerin. "Diese Bronze soll auch zukünftige Generationen daran erinnern, dass wir Feindschaften überwinden können und auch aus erbitterten Gegnern wie Deutschland und Frankreich wieder Freunde und enge Verbündete werden können," sagt Göttingens Oberbürgermeisterin Petra Broistedt bei der Enthüllung der Skulptur im Göttinger Ratssaal, der auch zahlreiche Abgeordnete aus Landtag, Bundestag und Europaparlament beiwohnen.