Die lange Suche nach den Vermissten
Einer der vielen Hunderttausend Verschollenen nach dem Zweiten Weltkrieg ist Friedrich Andersen. Seine Angehörigen wendeten sich an den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Sie hoffen auf eine Nachricht, auf Gewissheit. Denn seit Kriegsende haben sie kein Lebenszeichen mehr bekommen. Ein Foto, Personenbeschreibung und die letzte zugestellte Postkarte dienen den Mitarbeitern des DRK als Hilfe bei ihrer Suche.
"Macht Euch keine unnötigen Sorgen."
Elbing, 26.01.1945
Meine Lieben,
war auf der Fahrt per Auto zu Euch. Hatte einen Zusammenstoß und wurde hierher abgeschleppt. Bin jetzt Soldat. Privatsachen alle verloren gegangen. Was hier vorgeht, ist Euch ja bekannt. Hoffentlich geht alles gut und wir sehen uns noch einmal. Solltet Ihr später evakuiert werden, nehmt nur das Notwendigste mit (Kleider, Wäsche) - alles andere Unnötige zurücklassen. Bin gesund. Macht Euch keine unnötigen Sorgen. Es hat keinen Zweck und belastet nur noch mehr. Was kommen soll, kommt doch. Ich wünsche Euch alles Gute. Bleibt gesund. Besondere Sorge machen mir die Kinder. Gib gut auf sie acht. Heil Hitler. Euer Vater
Die Gutachten des Deutschen Roten Kreuzes
Zweimal sucht das DRK nach dem Verschollenen. Das erste Gutachten aus dem Jahre 1973 lautet:
"Das Ergebnis aller Nachforschungen führte zu dem Schluss, dass Friedrich Andersen mit hoher Wahrscheinlichkeit bei den Kämpfen, die im Februar und März 1945 im Raum Danzig - Elbing geführt wurden, gefallen ist. Viele Soldaten aus den Ersatz-Truppenteilen der Division Feldherrenhalle, darunter auch der Verschollene, werden seit diesen Rückzugskämpfen vermisst. Hinweisen zufolge ist besonders während der Nachtgefechte eine große Anzahl gefallen, ohne dass es von überlebenden Kameraden bemerkt werden konnte. Es gibt keinen Hinweis dafür, dass der Verschollene in Gefangenschaft geriet. Er wurde auch in keinem Kriegsgefangenenlager gesehen. Die Feststellungen zwingen zu der Schlussfolgerung, dass er im Verlauf der Rückzugsgefechte im Raum Elbing-Danzig gefallen ist."
Russische Archive eröffnen neue Möglichkeiten
Nach der Öffnung vieler Archive in Russland und anderen osteuropäischen Ländern nimmt das DRK seine Suche nach Friedrich Andersen im Jahre 1998 erneut auf:
"Wir bestätigen den Eingang Ihrer Anfrage. Seit kurzer Zeit besitzen wir umfangreiche Informationen über verstorbene Kriegsgefangene, die uns das Sonderarchiv in Moskau zur Verfügung gestellt hat. Unter diesen mehr als 370.000 namentlichen Meldungen ist der Name ihres Angehörigen nicht enthalten gewesen. Trotz Prüfung aller Schreibvarianten und unter Einbeziehung möglicher Übermittlungsfehler fand sich kein Hinweis, dem wir noch hätten nachgehen können. Friedrich Andersen gehört nach wie vor zu jenen Menschen, die verschollen sind, deren Schicksal ungeklärt ist. Grundsätzlich möchten wir nicht nochmals Hoffnungen wecken. Doch haben die dramatischen Ereignisse der letzten Jahre nicht nur die eingangs genannte Informationsquelle erschlossen, sondern sukzessive auch neue.
Wir erwarten in der Zukunft weitere Informationen aus den Archiven von Petrosawodsk in Karelien, aus St. Petersburg und aus Podolsk bei Moskau. Mit anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion aber auch mit den Ländern Ost- und Südosteuropas stehen wir in Gesprächen. Ihr Suchantrag bleibt hier so lange offen, bis wir eine endgültige Aussage zum Schicksal des Verschollenen geben können, beziehungsweise keine Möglichkeit mehr besteht, eine Schicksalsklärung herbeizuführen."