Als die Rolling Stones 1976 in Kiel rockten
Eigentlich war als Tourstop in Norddeutschland Hamburg geplant, doch dort war es den Rolling Stones zu klein oder die Akustik zu schlecht. Die Alternative im Frühjahr 1976: die Ostseehalle in Kiel.
Es war seine große Chance: 8.000 Karten konnte Veranstalter Ulrich Gerhartz damals verkaufen - und bekam damit die Zusage der Stones. Und das nur wenige Wochen vor dem Konzert, denn die Rockstars hatten sich recht spontan umentschieden: Eigentlich war ihr Konzert in Hamburg geplant, doch dort waren den Stones die Hallen akustisch zu schlecht oder zu klein. Eine Mammutaufgabe für Ulrich Gerhartz bei einer seiner ersten Veranstaltungen in der Ostseehalle in Kiel.
"Das hat mich völlig überfordert"
"Ich war noch jung, ich war gerade mit dem Studium fertig. Das hat mich völlig überfordert, muss ich ehrlich sagen", erinnert sich Gerhartz. "Also ich habe eine Bühnenanweisung bekommen, ein technisches Vorbereitungspapier, das hatte 48 Seiten Umfang, das musste ich erst mal lesen. Und dann ja auch noch so tun, als ob ich das alles verstehe." So muss Gerhartz für das Konzert der Stones zum Beispiel fünf riesige Spiegel über dem Publikum aufhängen: Angestrahlt werden sie zu Spotlights für die Weltstars, denn die damaligen Scheinwerfer reichen alleine nicht weit genug.
Mick Jagger verschüttet bei Konzert eimerweise Wasser
Ins richtige Licht gerückt, erleben die Kieler die Weltstars beim Konzert dann ganz nah, erinnert sich Konzertbesucher Reinhard Richter. Er stand damals beim Konzert ganz weit vorne: "Was bei mir am intensivsten hängen geblieben ist, dass Mick Jagger zum Ende des Konzerts sich Zehn-Liter-Wassereimer geschnappt hat, einen links und einen rechts ins Publikum geschüttet hat und mit dem dritten kam er auf die Mitte zu." Dort stand Richter mit seiner Kamera und versuchte, sie schnell wegzupacken, was gar nicht so einfach war. "Man stand ja körpernah. Zum Glück hat der gute Mann sich den dritten Eimer dann über den Kopf geschüttet." Richters Fotos vom Konzert haben es trotzdem nicht bis in die Gegenwart geschafft - sie sind mittlerweile unauffindbar.
Kiel ist Drehort für Musikvideo der Rolling Stones
Kiel ist am 2. Mai 1976 eine Station bei der fünften Europatour der Stones - und außerdem der Drehort des Musikvideos zu "Fool to cry". "Das weiß kein Mensch", erzählt Ulrich Gerhartz lachend. "Für mich persönlich ist das ein tolles Gefühl. Ich mache das ja jetzt schon viele Jahre und das ist eines von den ganz großen Dingen. Und die bleiben für ewig." In der Nacht vor dem ausverkauften Konzert stehen die Stones stundenlang in der Ostseehalle auf der Bühne und versuchen für die Kameras, synchron zum Playback zu performen - eine Herausforderung. "Mick Jagger hat das Lied bestimmt 50 Mal gesungen, keine Pause gemacht, nichts getrunken, nichts - einfach gemacht", erinnert sich Gerhartz. "Man kriegt viel Respekt, muss ich sagen. Das ist einfach ein Grund, warum man das ganze Geschäft überhaupt macht. Man liebt Leute, die Musik machen."
"Nur wenig Veranstalter haben zwei Konzerte mit den Stones veranstaltet, weil bei den Stones verdienen eigentlich nur die Stones." Ulrich Gerhartz
Fürs Geschäft allein lohnt es nicht: Bei 20 Mark pro Ticket kommt bei 8.000 Karten zwar einiges zusammen, doch nur ein Bruchteil der Einnahmen landet damals beim Veranstalter: 4.000 Mark für mehrere Wochen Arbeit. Immerhin, von damals bleibt, für Kiel und Ulrich Gerhartz: einmal im Leben die Stones gemacht.