"Barschel-Film kommt der Wahrheit sehr nahe"
Die Dokumentation "Uwe Barschel - Das Rätsel" orientiert sich streng an den Fakten. Die Autoren Patrik Baab und Stephan Lamby sind bereits vor Jahren für Das Erste sorgfältig offenen Fragen um Barschels Tod nachgegangen. Für ihre neue Dokumentation wurden die wichtigsten bis heute vorliegenden Erkenntnisse noch einmal genau unter die Lupe genommen. NDR 1 Welle Nord sprach mit Patrik Baab über die Dokumentation.
Es sind Fragen, die so oft gestellt worden sind, dass derjenige, der sich mit ihnen beschäftigt, wohl kaum mehr hören kann: War es Mord oder Selbstmord? Und wenn Mord - wer war es?
Patrik Baab: Die ehrliche Antwort ist: Wir wissen es nicht. Es gibt auch keine andere Möglichkeit, redlich journalistisch damit umzugehen. Wir müssen es offen lassen, denn der Tatort ist zerstört. Das sieht im Grunde genommen aus, als ob die Hühner drüber gelaufen wären. Wir wissen nicht, wer alles in diesem Zimmer gewesen ist. Wir wissen aber, dass mindestens zwei Personen dort waren - einer davon war Sebastian Knauer, der damalige Reporter des "Stern". Wir wissen nicht, welche Spuren er hinterlassen und welche er beseitigt hat. Wir haben keine Ahnung. Wir kennen nur, was er selbst davon erzählt hat. Die Faktenlage am Tatort ist schwierig und unübersichtlich. Die Indizien deuten in unterschiedliche Richtungen. Es kann Freitod gewesen sein, in meinen Augen spricht heute mehr für Mord.
Durch wen?
Baab: Das wissen wir nicht. Wir können keinen Mörder präsentieren, und deswegen lassen wir es auch in der Dokumentation offen. Im Krimi "Der Fall Barschel" spielt Matthias Matschke in hervorragender Weise Uwe Barschel, wie ich finde. Die Spielfilmautoren haben mehr Gestaltungsfreiheit, sie gehen stärker in Richtung Mord.
Wie nah kommt der Film der Wahrheit?
Baab: Ich finde, dass der Film der Wahrheit sehr nah kommt. Aber auch der Film kann keinen Mörder präsentieren. Man muss eines sagen: Uwe Barschel - und das können wir auch in der Dokumentation belegen - hat sich tief verstrickt in das Milieu der Geheimdienste und der Waffenhändler. Dafür gibt es Belege von drei verschiedenen Geheimdiensten, aber auch von vielen Augenzeugen.
Der Film ist knapp drei Stunden lang, trägt das?
Baab: Ich selbst bin vom ersten bis zum letzten Moment dabei geblieben. Und man ist auch mit dem Herzen dabei. Das ist ein absolut spannender Krimi, ja.
Jetzt ist das Ihre dritte Dokumentation in Sachen Barschel. Mehr als eineinhalb Jahre haben Sie recherchiert. Was erwartet die Zuschauer in der Dokumentation - nach dem Spielfilm?
Baab: Was die Zuschauer erwartet, sind eine Reihe von neuen Belegen. Ich habe es bereits umrissen: Uwe Barschel hatte Kontakte ins Milieu der Waffenhändler und der Geheimdienste. Ich denke, wir können belegen, dass Uwe Barschel Kontakte zum Bundesnachrichtendienst hatte, aber auch zur CIA. Das ist amtlich bestätigt. Wir wissen auch, dass Uwe Barschel als Notar - als Partner im Notariat "Barschel - Moll" in Kiel - bereits in den Waffenhandel verwickelt war.
Wir wissen, dass er Kontakte zu dem internationalen Waffenhändler Adnan Khashoggi hatte, der Geschäfte gemacht hat für die CIA, aber auch mit dem Iran. Und wir wissen, dass die Reisen von Uwe Barschel hinter den eisernen Vorhang auch zum Zwecke des Waffenschiebens oder der notariellen Abfassung von Waffengeschäften gedient haben.
Woher wissen Sie das?
Baab: Das wissen wir deswegen, weil es Zeugenaussagen gibt, weil es geheimdienstliche Berichte darüber gibt - vom tschechischen Geheimdienst, aber auch von Geheimdiensten der DDR.
Das Interview führte Jan Malte Andresen, NDR 1 Welle Nord