Die Mainzelmännchen: Vom Werbetrenner zum Markenzeichen
Seit dem 2. April 1963 tollen sechs lustige Wichtel über den ZDF-Bildschirm. Die Mainzelmännchen dienten ursprünglich als Werbetrenner. Heute sind sie längst ein Markenzeichen des Senders und der Stadt Mainz.
"Guud'n Aaamd!" So begrüßen die Mainzelmännchen die Zuschauer
Ansagerinnen mit ihren extravaganten Hochsteckfrisuren und Politiker, die während des Interviews genüsslich ihre Zigarre pafften, waren 1963 keine Seltenheit im deutschen Fernsehen. In der Rückschau wirken solche Bilder besonders amüsant.
Für lustige Unterhaltung waren - und sind bis heute - im Zweiten Deutschen Fernsehen aber eigentlich andere zuständig: Bereits einen Tag nach dem Sendestart des ZDF am 1. April 1963 sprangen sechs muntere Gesellen über den Bildschirm - und zwar zwischen den Werbespots. Tatsächlich wurden die Mainzelmännchen entwickelt, damit für die Zuschauer eine klare Trennung zwischen Programm und Werbung erkennbar war. Das sah der Rundfunkstaatsvertrag vor. Die Mainzelmännchen waren ursprünglich also reine Werbetrenner.
Kurze Spots fast ohne Worte
Der Fachzeitschrift "Kirche und Fernsehen" - ein Vorgänger von "epd medien" - fielen die "lustigen Zeichenfiguren, die mit kleinen Witzchen die Reklame-Einblendungen voneinander trennen", damals besonders positiv auf. Die Spots dauern rund drei Sekunden, in früheren Jahren auch mal länger. Rund 60.000 wurden bisher produziert. Die Mainzelmännchen reden oft gar nicht oder nur wenige Worte. Einen Großteil der Gags stellen sie visuell und pantomimisch dar. Am bekanntesten ist wohl ihre traditionelle Zuschauer-Begrüßung "Guud’n Aaamd!"
Von A bis F: Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen
Die Namen der Mainzelmännchen lauten: Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen - in schöner alphabetischer Reihenfolge. Nicht nur die Vornamen und ihr Aussehen dienen dazu, die Wichtel auseinander halten zu können. Auch ihre Charaktere wurden im Lauf der Jahre unterschiedlich angelegt und ausdifferenziert.
Charakterfiguren mit Identifikationspotenzial
So ist Anton als Handwerker im Blaumann zum Beispiel sehr geschickt mit Werkzeugen. Berti im grünen Shirt gilt als Kommunikationsprofi und innovativer Tüftler. Conni trug früher mal einen Overall und wirkte am kindlichsten. Heute ist er der universelle Allrounder, der als Trendsetter und -jäger im orangefarbenen Shirt bekannt ist. 2018 durfte er mit Astronaut Alexander Gerst auf der Raumfähre ISS ins All fliegen.
Det - mit weißem Hemd und blauem Pullunder - ist der Schlaue mit der Brille. Außerdem führt er als gutmütiger und väterlicher Chef die Mainzel-Truppe. Der unbemützte Edi mit blauem T-Shirt ist verträumt, sensibel und erfreut sich an den schönen Dingen des Lebens. Fritzchen - ebenfalls ohne Mütze - ist der dynamische Sportler im Sechser-Team. Von der klassischen Gymnastik bis zu den trendigsten Kultsportarten - jede Disziplin macht er sich zu eigen, meist in einem roten Trikot.
Erfunden hat die Mainzelmännchen Wolf Gerlach
Die Idee zu den Mainzelmännchen hatte Wolf Gerlach, der bis zu seinem Tod 2012 lange in Bad Zwischenahn im Landkreis Ammerland in der Nähe von Oldenburg lebte. Gerlach war Bühnenbildner, Filmarchitekt, Karikaturenzeichner, Maler und Autor. Er lieh den Zwergen in den ersten Jahren auch seine markante Stimme. Der Begriff Mainzelmännchen ist auf die Stadt Mainz als Sitz des ZDF und die Sagenfiguren Heinzelmännchen zurückzuführen. Gerlach sagte einmal, dass "Mainzelmännchen" ursprünglich ein Spitzname für die Mitarbeitenden des ZDF war.
Ihm sei es wichtig gewesen, in seiner Arbeit ein Stück Kindheit und auch ein Stück Naivität im positiven Sinne zu bewahren, sagte Gerlach dem NDR einmal vor Jahren. Die erste Sendung mit seinen Mainzelmännchen verpasster er 1963 übrigens, auf einer Straße irgendwo in München - und auf der Suche nach einem passenden Fernseher: "Wir sind den ganzen Abend von einer Adresse zur anderen gelaufen. Endlich hatten wir einen Freund gefunden, der schon das ZDF empfangen konnte. Aber da war die Sendung gerade zu Ende."
Die Mainzelmännchen sind übrigens nicht die einzigen Figuren von Gerlach: Für den WDR zum Beispiel entwickelte er Ute, Schnute und Kasimir - ebenfalls als Werbetrenner.
Erst Schwarz-Weiß, dann Farbe, heute im Manga-Stil
Ursprünglich wurden die Mainzelmännchen-Spots in Schwarz-Weiß ausgestrahlt, 1967 wurden sie farbig. Um 1968 zeichnete Wolf Gerlach eine Mainzelfrau, die aber nicht Bestandteil der Trickfilme wurde. 1980 und 1990 wurden ein paar kleine optische Veränderungen und Modernisierungen vorgenommen, so fielen etwa die Kinderschürzen weg.
Seit Ende 2003 werden die Mainzelmännchen im Stil japanischer Mangas gezeichnet beziehungsweise produziert. Diese Umstellung löste zunächst Zuschauer-Proteste aus. Vielen gefiel die neue Optik nicht. Zugleich startete die Miniserie "Die Mainzels", fünfminütige Episoden mit den deutlich erschlankten Männchen und den Zwillingsmädchen Zara und Lea sowie ihrem Hund "Guudnberg", für den der Mainzer Buchdruck-Erfinder Johannes Gutenberg Pate stand. Männlein und Weiblein neckten sich, was das Zeug hielt - ohne dabei frivol zu sein.
Mit der Zeit gegangen: Aus Notizblock wird Notebook
In diesem Zusammenhang erfuhren auch einige der Gegenstände ein Update, mit denen die Figuren hantieren. Aus dem Festnetz-Telefon wurde ein Smartphone, aus dem Notizblock ein Notebook. Mal mehr, mal weniger stark haben sich auch die einzelnen Mainzelmännchen verändert. So werden sie heute nicht nur anders gezeichnet, zum Teil wechselten auch die Farben ihrer Kleidungsstücke und Haare. Das ZDF zeigt die Entwicklung der sechs Wichtel in einem Filmchen auf seiner Website.
Mainzelmännchen werden zum Markenzeichen des ZDF
Im Lauf der Jahre sind die Mainzelmännchen zum Markenzeichen des Senders geworden. Als wichtiger Bestandteil der Corporate Identity des ZDF transportieren sie Werbebotschaften. Selbst für Corona-Maßnahmen mussten sie herhalten: Im März 2020 warben die Wichtel unter dem Motto "Wir bleiben zu Hause" für Homeoffice und Abstand - ohne je die gute Laune zu verlieren. Mitunter treten die Zeichentrickfiguren auch in der Satire-Sendung "heute show" auf.
Auch der Fußball-Bundesligist FSV Mainz 05 schmückt sich mit den Mainzelmännchen. Sie tauchen darüber hinaus auf zahllosen Merchandise-Produkten auf, vom Knautschball bis zum Frühstücksbrettchen sowie als elektronischer Sticker.
Mainz verleiht "Mainzelmännchen-Ehrenwürde"
Die Stadt Mainz nutzt die Mainzelmännchen ebenfalls für ihr Image: So ziert eine Darstellung des schlauen Det zahlreiche Fußgängerampeln im Stadtgebiet. Seit 1970 sind Anton und Det in einem Chorfenster der Karmeliterkirche in Mainz zu sehen. 2013 erhielten alle sechs die "Mainzelmännchen-Ehrenwürde". Dieser Titel wurde laut Stadtverwaltung eigens für die Wichtel geschaffen, denn die Ehrenbürgerwürde darf nur an lebende Personen verliehen werden.
Außerdem wurde in Bad Zwischenahn, dem letzten Wohnort von Mainzelmännchen-Erfinder Gerlach, am 18. Oktober 2013 das Denkmal "Mainzelmännchen am Meer" eingeweiht.
Sonderbriefmarke und Ausstellung zum 60. Geburtstag
Zum 60. Geburtstag der Mainzelmännchen bringt das Bundesfinanzministerium gemeinsam mit der Stiftung Jugendmarke eine Sonderbriefmarke mit drei Mainzel-Motiven heraus. Außerdem widmet die Stadt Mainz den ZDF-Maskottchen eine Jubiläumsausstellung in der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek. Die Schau mit Exponaten aus dem Archiv des Animationsstudios NFP zeigt bis zum 9. Juni unter anderem Filme, Original-Entwürfe und Zeichnungen. "Ich glaube, vieles haben die Zuschauer noch gar nicht gesehen", teilte Stefan Thies, NFP-Geschäftsführer, mit. Und meint zu den Mainzelmännchen selbst: "Das Schöne ist, sie werden nicht alt. Sie sind zeitlos."