Dopingverdacht: Ist HSV-Profi Vuskovic unschuldig? Experten zweifeln
Hat der positiv getestete HSV-Profi Mario Vuskovic tatsächlich mit Epo gedopt? Oder gibt es eine andere Erklärung? Experten halten einen absichtlichen Missbrauch für wahrscheinlich.
Der HSV tingelt in der WM-Pause durch die USA - daheim in Hamburg aber brennt beim Fußball-Zweitligisten der Baum. Der positive Dopingtest des teuer und mit allerlei Hoffnungen verpflichteten Mario Vuskovic hat die sportlich erfolgreichen Hanseaten kalt erwischt.
In der A-Probe eines Tests, den der 21-Jährige nach dem Training am 16. September abgegeben hatte, wurde das Blutdopingmittel Erythropoetin (Epo) analysiert. Der Innenverteidiger wurde vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) vorläufig gesperrt. Zweifelsfrei ist bis zum Ergebnis der beantragten B-Probe zwar nichts bewiesen, die Indizien scheinen aber erdrückend zu sein.
Genetische Veranlagung bei Vuskovic?
"Dass die B-Probe das Ergebnis der A-Probe nicht bestätigt, ist ein sehr seltenes Ereignis", sagt Mario Thevis im Gespräch mit der "Zeit". Der Professor an der Sporthochschule in Köln leitet dort das Institut für Biochemie, das eines der von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) akkreditierten Labore ist. Vuskovic aber will nach Angaben der "Hamburger Morgenpost" durch ein medizinisches Gutachten seine Unschuld beweisen. Es gebe eine seltene genetische Veranlagung, bei der der Körper mehr rote Blutkörperchen produziere.
Dopingexperte Thevis hält dies als Auslöser allerdings für nicht plausibel. "Bevor ein positiver Befund an die Anti-Doping-Organisation berichtet wird, prüfen wir, ob diese seltene Variante des menschlichen Erythropoetins vorliegt. Ist dies der Fall, wird dementsprechend kein positives Testergebnis festgestellt", so Thevis. "Wenn jemand viel körpereigenes Epo produziert, wird das nicht zu einem positiven Befund führen. Höhentrainingslager sorgen unter anderem auch dafür, dass mehr körpereigenes Epo vorliegt. Und das ist zunächst kein Verstoß gegen Antidopingregeln."
NADA: "Absichtlicher Gebrauch wahrscheinlich"
"Dass jemand ohne es zu merken mit Epo kontaminiert wird", hält auch der Hamburger Sportmediziner Klaus-Michael Braumann im Gespräch mit dem NDR für äußerst unwahrscheinlich. Erythropoetin wird schließlich nicht als Pille eingenommen, sondern intravenös oder per Spritze in die Haut verabreicht. Auch deshalb hält die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) den "absichtlichen Gebrauch für wahrscheinlich".
Vor rund 40 Jahren ist es Wissenschaftlern laut einschlägiger Literatur gelungen, das menschliche Erythropoetin-Gen zu klonen. Die durch das synthetisch hergestellte Epo gesteigerte Anzahl an roten Blutkörperchen verbessert die Sauerstoffaufnahmekapazität - und kann so eine Steigerung der Ausdauer bewirken, aber auch zu Thrombosen (Verklumpung des Blutes) und Kreislaufversagen führen. Bei Dopingpraktiken ist Epo von Blutdoping mit Eigen- oder Fremdblut, welches seit der Affäre um den spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes vor allem im Radsport bekannt ist, zu unterscheiden.
Sperre, Bußgeld oder sogar Freiheitsstrafe?
Die WADA klassifiziert Epo als "zu allen Zeiten verbotene Substanz und Methode". Sollte die B-Probe das Ergebnis bestätigen, drohen Vuskovic bis zu vier Jahre Sperre und ein juristisches Nachspiel. Denn nicht nur der DFB ermittelt, sondern auch die Staatsanwaltschaft, die aufgrund des vor einigen Jahren zwischen dem Bund und dem organisierten Sport vereinbarten Anti-Doping-Gesetzes das sogenannte Selbstdoping strafrechtlich verfolgt. Der Missbrauch kann mit Bußgeld oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden. Der HSV dagegen muss laut Rechts- und Verfahrensordnung des DFB offenbar keine Konsequenzen befürchten.