Mieten oder kaufen: Was lohnt sich für wen?
Während es in den Großstädten in Norddeutschland für Normalverdiener kaum noch möglich ist, Wohneigentum zu erwerben, gibt es in manchen Orten in Niedersachsen noch wahre Schnäppchen. Die NDR Info Immobilien-Serie erklärt, für wen ein Immobilienkauf infrage kommt.
Ab einem gewissen Alter kreisen die Gespräche mit Familie und Freunden ja immer öfter um die Frage, ob man eine Immobilie kaufen soll. Die einen sagen: "Statt der Wohnung meines Vermieters zahle ich doch lieber meine eigene ab!" Andere meinen: "Die Mondpreise da draußen kann sich doch niemand mehr leisten!" Doch was sagen Experten: mieten oder kaufen? Wer Anfang des Jahres angefangen hat, nach seinem Traumhaus zu suchen, der ist heute wahrscheinlich frustriert. Er oder sie rechnete damals mit extrem niedrigen Kreditzinsen - doch die haben sich seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine rund verdreifacht. Ein Traumhaus in Traumlage ist so für viele nicht mehr drin.
Trotzdem sei Wohneigentum nach wie vor attraktiv, findet Michael Voigtländer, Experte für Finanz- und Immobilienmärkte am Institut der Deutschen Wirtschaft: "Als langfristige Vermögensanlage und auch als Altersvorsorge: Alle Studien zeigen, dass Wohneigentümer im Alter deutlich mehr Geld zur Verfügung haben." Die langfristigen Perspektiven für Wohnimmobilien seien auch gut. "Das heißt: Wer eine Wohnimmobilie hat, hat auf jeden Fall Handlungsfähigkeit, weil er ein gewisses Vermögen hat, das er im Zweifel auch verkaufen kann“, so Voigtländer. Er oder sie muss sich seine Altersvorsorge aber eben heute schon leisten können.
3.600 Euro Monatseinkommen als Mindestgrenze für Wohneigentum
Und das sei bei vielen Menschen nicht der Fall, sagt Steffen Sebastian, Professor für Immobilienwirtschaft an der Uni Regensburg. "Ein Durchschnittseinkommen liegt etwa bei 3.600 Euro und das ist auch die Mindestgrenze, was ein Haushalt dann auch braucht, um selbst genutztes Wohnungseigentum zu erwerben. Mit anderen Worten: Für ungefähr die Hälfte der Bevölkerung kommt Eigentum schon mal gerade nicht in Frage."
Für sie scheitert der Traum vom Eigenheim schon an den monatlichen Kreditraten. Die Bank verlangt darüber hinaus üblicherweise 20 Prozent der Kaufsumme als angespartes Eigenkapital. Hinzu kommen mindestens zehn Prozent sogenannte Erwerbsnebenkosten - für den Makler, den Notar und die Grunderwerbssteuer. Studien zufolge haben aber gerade einmal 15 Prozent der Mieter mehr als 60.000 Euro angespart.
Das gibt auch Michael Voigtländer zu bedenken: "Der Großteil der Mieter hat da keine Chance. Es sei denn, die Eltern helfen aus, ziehen eine Erbschaft vor oder beleihen ihre eigene Immobilie. Aber für viele ist es dadurch schwer, den Eintritt zu schaffen." Deshalb sei es so wichtig, dass politisch über diese Erwerbsnebenkosten stärker geredet wird und man überlegt, zumindest für Ersterwerber diese auch zu senken.
Wo Wohneigentum im Norden noch bezahlbar ist
Doch das ist noch Zukunftsmusik. Wer jetzt nach einem Eigenheim sucht, muss sich vor allem gut überlegen wo. Dörte Nitt-Drießelmann vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut hat für NDR Info ausgewertet, in welchen Städten und Landkreisen im Norden Wohneigentum noch bezahlbar ist. Als Maßstab dafür gilt: Durchschnittsverdiener müssen dort aktuell weniger als 30 Prozent ihres Einkommens für einen Immobilienkredit aufbringen - und zwar bei einem veranschlagten Zinssatz von 3,2 Prozent und einer anfänglichen Tilgungsrate von 3 Prozent.
Wenig überraschend: Nicht nur die Metropole Hamburg, auch Städte wie Flensburg, Kiel, Lübeck, Rostock, Braunschweig und Oldenburg sind für Otto-Normalverdiener zu teuer. Und auch ausnahmslos alle Landkreise in den Ferienregionen an Nord- und Ostsee reißen die Marke von einem Drittel eines durchschnittlichen Haushaltseinkommens.
Besonders günstig: Goslar, Holzminden, Lüchow-Dannenberg
"Mecklenburg-Vorpommern ist ziemlich unter Druck, wenn die einheimische Bevölkerung sich dort etwas neu zulegen will", sagt Nitt-Drießelmann. Demgegenüber gebe es in Niedersachsen noch Regionen, die deutlich entspannter aussehen. Dazu zählten etwa die Städte Salzgitter und Emden sowie die Landkreise Goslar, Holzminden und Lüchow-Dannenberg. Hier braucht es nur grob 15 Prozent des Durchschnittseinkommens, um den Kredit fürs Eigenheim abzubezahlen - inklusive Grunderwerbssteuer und Notarkosten.
Viel Rechnerei bedeutet die Finanzierung eines Eigenheims in jedem Fall. Am Ende sei die die Antwort auf die Frage "Mieten oder Kaufen?" aber vor allem eine sehr individuelle Lebensentscheidung, sagt Immobilienforscher Steffen Sebastian: "Und die lässt sich so rein rational eben auch nicht treffen."