Leerstand in Innenstädten: Was tun für den Einzelhandel?
Viele Geschäfte müssen schließen, ohne dass sich neue Mieter für die Ladenflächen finden. Experten fürchten eine zunehmende Verödung von Fußgängerzonen und Innenstädten. Wie können Kommunen dem Problem begegnen?
Verdreckte Schaufensterscheiben, daran mit Klebestreifen ein vergilbter Zettel samt dem Hinweis: "Zu vermieten". Wer durch norddeutsche Innenstädte schlendert, bekommt dieses trostlose Bild häufig zu sehen. Der Ort spielt dabei keine Rolle: Großstädtische Flaniermeilen trifft es ebenso wie Einkaufszentren und kleinere Ortschaften. Doch gerade in Kleinstädten birgt Leerstand die Gefahr, das Stadtbild dauerhaft zu verändern, warnen Experten.
Online-Shopping, Energiekrise und Inflation verschärfen Probleme
Der Hauptgrund für den vermehrten Leerstand liegt in einem sich ändernden Einkaufsverhalten: Nicht erst seit der Corona-Pandemie kaufen weniger Menschen im stationären Einzelhandel ein. Kleidung, Möbel, Geschenke - vieles lässt sich über das Internet bequem von zu Hause aus besorgen. Laut einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom kaufen mittlerweile 84 Prozent der Menschen über 16 Jahren in Deutschland online ein. Energiekrise und Inflation verschärfen das Problem zusätzlich.
Leer stehende Geschäfte machen den Ort unattraktiv für Besucher
Muss ein Geschäft schließen, habe das auch auf die unmittelbare Umgebung Auswirkungen, meint Boris Hedde, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH Köln): "Wo Leerstand einmal auftritt, kommt schnell weiterer Leerstand hinzu, weil der Ort für Besucher unattraktiver wird." Weniger Passanten führten auch bei den umliegenden Geschäften und der Gastronomie zu Umsatzeinbußen - ein sich selbst befeuernder negativer Kreislauf.
Zunehmend wichtig: Kunst, Kultur und Freizeitangebote
Den Kommunen Wege aus dieser Abwärtsspirale zu zeigen, ist eine der zentralen Ideen der Initiative Stadtretter, der Hedde ebenfalls angehört. Im Fokus der Bemühungen sollten nach der Einschätzung der Initiative in erster Linie eine Belebung und Attraktivierung der Innenstädte stehen. Der Handel werde dabei weiterhin eine wichtige Rolle spielen, meint Hedde. Doch daneben rückten auch Kunst, Kultur sowie Freizeitangebote in den Fokus. Zudem sollten die Bürgerinnen und Bürger nach ihren Bedürfnissen befragt und ihre Ideen berücksichtigt werden.
Digitale Datenbank steht bald kostenlos zur Verfügung
Ein erster Schritt zu der Bekämpfung von Leerstand ist die systematische, digitale Erfassung. Eine solche Datenbank hat das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt Stadtlabore für Deutschland entwickelt: "Die Datenbank in der Obhut der Stadt soll als digitales Werkzeug dienen, um die zu vermietende Fläche und die interessierten Mieter schnell zusammenzubringen", erläutert Hedde. Sie soll allen Kommunen als Open-Source-Lösung ab Januar 2023 zur Verfügung stehen.