Ein Flugzeug am Himmel, im Vordergrund ist ein Stoppzeichen unscharf zu sehen. © picture alliance Foto: Photoshot

Flug annulliert: So bekommen Sie Ihr Geld zurück

Stand: 17.09.2021 14:55 Uhr

Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass Fluggesellschaften viele Flüge annullieren mussten. Für eine Rückerstattung der Kosten müssen die Kunden einiges beachten.

von Jochen Lambernd

Das Auswärtige Amt gibt im Zuge der Corona-Pandemie immer wieder aktualisierte, zum Teil weitreichende Reisewarnungen für mehrere Länder heraus. Die Gesellschaften haben in der Vergangenheit bereits viele Flüge abgesagt. In solchen Fällen ist eigentlich eine Rückerstattung der Kosten vorgesehen. Viele Fluggesellschaften bieten ihren Kunden jedoch eine Gutschrift beziehungsweise einen Gutschein an, damit sie ihre Flugreise zu einem späteren Zeitpunkt nachholen können.

Vermeintliche Entschädigung: Gutscheine haben mitunter einen Haken

Dies hat aber mehrere Nachteile: Zum einen gewähren die Kunden dem Unternehmen dadurch ein zinsloses Darlehen. Zum anderen besteht im Falle einer späteren Insolvenz der betreffenden Fluggesellschaft die Gefahr, dass die Gutschrift möglicherweise nichts mehr wert ist und die Kunden sie nicht mehr einlösen können. Dafür hat die Bundesregierung angekündigt, den Wert der Gutscheine neben der gesetzlichen Insolvenzabsicherung zusätzlich bis zur vollen Höhe durch eine ergänzende staatliche Absicherung zu garantieren. Das soll die Gutscheine für die Kunden attraktiver machen.

Gutscheine auf freiwilliger Basis

Bei stornierten Pauschalreisen können die Kunden selbst entscheiden, ob sie Gutschein-Angebote der Veranstalter annehmen oder auf Erstattung bestehen. Die Verbraucherzentrale rät allerdings davon ab, Gutscheine anzunehmen, sofern diese keine Insolvenzabsicherung beinhalten. Schließlich steckt die gesamte Reisebranche in finanziellen Schwierigkeiten.

Die Situation bei individuell gebuchten Flugreisen ist prinzipiell vergleichbar. Wird ein Flug annulliert, muss der Verbraucher den Ticketpreis zurückbekommen.

So funktioniert eine Erstattung

Wer über ein Reisebüro oder einen Reiseveranstalter gebucht hat, muss dort darum bitten, dass man sich um die Erstattung kümmert. Wer direkt bei einer Fluggesellschaft gebucht hat, sollte selbst aktiv werden. Dabei sind einige Punkte zu beachten:

  • Schreiben Sie der Fluggesellschaft, dass Sie auf einer Rückerstattung bestehen und eine Gutschrift beziehungsweise einen Gutschein nicht akzeptieren. An diesem Musterbrief der Verbraucherzentrale können Sie sich orientieren:

  • Schicken Sie am besten ein Einschreiben mit Rückschein an die offizielle Firmenadresse der Gesellschaft.

  • Zusätzlich können Sie Ihre Forderung per Mail senden, aber setzen Sie sicherheitshalber nicht ausschließlich auf eine E-Mail.

  • Achtung: Oft bieten die Fluggesellschaften auf ihren Webseiten Online-Formulare an, die Sie ausfüllen sollen und wo Sie Anhänge hochladen können. Sie erhalten jedoch beim Absenden oftmals keine Kopie Ihres Textes, sondern lediglich eine automatisierte Info, dass Sie ein Schreiben geschickt haben und es eingegangen ist. Kopieren Sie daher Ihr Anschreiben vor dem Absenden aus dem Textfeld und speichern Sie es bei sich ab und dokumentieren dies mit Datums- und Zeitangabe.

  • Führen Sie in dem Schreiben alle relevanten Daten wie Buchungsnummer, Kundennummer, Flugdaten etc. auf. Fügen Sie in Kopie die ursprüngliche Buchungsbestätigung sowie ggf. die "neue Buchung" in Form der Gutschrift/des Gutscheins.

  • Zur Verdeutlichung, dass Sie über die rechtliche Situation Bescheid wissen, können Sie Ihrem Schreiben optional diesen Passus hinzufügen: "Gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) haben Flugreisende bei Annullierung eines Fluges einen Anspruch nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung auf Erstattung der Flugscheinkosten für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggasts zwecklos geworden ist."

  • Prüfen Sie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Fluggesellschaft, ob sie dem Stand des Abschlusses Ihrer Buchung entsprechen. Möglicherweise wurden die AGB zu einem späteren Zeitpunkt verändert.

  • Setzen Sie der Fluggesellschaft in Ihrem Schreiben unbedingt eine Frist, um der Zahlung nachzukommen. Wählen Sie dabei einen Zeitraum, der dem Unternehmen eine Chance lässt, auf Ihr Anliegen zu reagieren. Feiertage sollten Sie ausklammern. Die Erstattung hat innerhalb von sieben Tagen zu erfolgen. So sieht es jedenfalls die Fluggastrechteverordnung vor. Die Verbraucherzentralen weisen aber darauf hin, dass die Gesellschaften ein hohes Aufkommen an Kundenanfragen haben.

Hinweis: Haben Sie den Flug nicht mit Geld, sondern mit Bonusmeilen oder ähnlichen Elementen eines Kundenprogramms bezahlt, dann erfolgt eine entsprechende Gutschrift der Meilen etc. auf dem Kundenkonto. In einem solchen Fall ist keine Rückerstattung in Geld möglich.

  • Es kann sein, dass die Fluggesellschaft nicht fristgerecht reagiert oder sich weiterhin weigert, Ihr Geld zu erstatten. Reagiert sie nicht innerhalb von zwei Monaten, empfiehlt die Verbraucherzentrale Hamburg, sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr oder das Bundesamt für Justiz zu wenden.

  • Haben Sie per Kreditkarte bezahlt, können Sie über Ihr Geldinstitut, das die Karte ausgestellt hat, ein sogenanntes Chargeback beantragen. Mit dem Chargeback-Verfahren können Sie ungerechtfertigte Zahlungen stornieren und ihr Geld zurückbuchen lassen. Entsprechende Formulare können Sie sich zuschicken lassen, sie sind z.T. auch direkt online abrufbar oder in den Filialen erhältlich. Damit das Geldinstitut Ihr Anliegen überprüfen kann, benötigt es den Schriftverkehr mit der Fluggesellschaft in Kopie, unter anderem deswegen, weil die Fristsetzung eine Rolle spielt. Auch die Buchungsbestätigungen beziehungsweise Rechnungen sollten Sie beifügen. Bedenken Sie, dass dieser Antrag vollständig sein sollte.

  • Haben Sie nicht per Kreditkarte bezahlt, sollten Sie bei einer weiteren Weigerung der Fluggesellschaft überlegen, einen Rechtsbeistand einzuschalten, der Ihre Interessen vertritt. Sie haben grundsätzlich die Möglichkeit, ein gerichtliches Mahn- oder Klageverfahren zu führen. Allerdings sollten Sie dabei die Kosten im Blick behalten. Eine Strafanzeige hingegen wird nach Einschätzung der Verbraucherzentrale keine schnellere Rückerstattung bewirken.

  • Rechnen Sie damit, dass es eine ganze Weile dauern kann, bis Sie Ihr Geld zurückbekommen. Für die Bearbeitung brauchen die beteiligten Banken und Institute Zeit. Außerdem kann es sein, dass Sie Ihr Geld zunächst auf vorläufiger Basis zurückerhalten. Das liegt daran, dass die Fluggesellschaften noch Einspruch einlegen können.

Eigener Reiserücktritt: Umbuchungsmöglichkeit beachten

Es ist aber auch so, dass Flüge weiterhin angeboten werden, selbst wenn sich die Situation im Urlaubsland verschlechtert. Wer als Passagier die Reise dann lieber nicht antreten und den Flug von sich aus absagen möchte, sollte schon bei der Buchung auf umbuchbare und stornierbare Reisen geachtet haben - so die Empfehlung des Auswärtigen Amts.

Erfolgt der eigene Rücktritt, weil man nach dem Urlaub etwa in häusliche Quarantäne gehen müsste, sind die Fluggesellschaften nach Auffassung der Verbraucherzentrale Hamburg im Einzelfall ebenfalls verpflichtet, Geld zu erstatten oder einen Gutschein auszustellen.

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NDR Info | Aktuell | 23.05.2020 | 11:45 Uhr

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