High-Protein-Produkte: Wie viel Eiweiß ist noch gesund?
Immer mehr Hersteller setzen auf High-Protein-Produkte. Die sind häufig deutlich teurer als vergleichbare Lebensmittel ohne zusätzliches Eiweiß. Aber sind sie auch gesünder?
Egal ob Müsliriegel, Joghurt, Brot, Pudding: Zusätzliche Proteine finden sich heute in fast allen Lebensmitteln. Mit Fitness- und Gesundheitsversprechen und modernem Design werben so einige Hersteller für ihre Produkte mit besonders hohem Proteingehalt. Proteine sind bei der Kundschaft gefragt, denn sie sind wichtig für Muskeln und Knochen, Organe, Blut und für das Immunsystem. Protein ist außerdem von allen drei Hauptnährstoffen (Kohlehydrate, Eiweiß, Fett) der Stoff, der am meisten sättigt.
Fast alle großen Marken haben bei Proteinprodukten nachgezogen, vor allem im Milchproduktebereich: Laut Marktforschungsinstitut GfK hat sich der Umsatz an High-Protein-Produkten in den Kategorien Quark, Joghurt, Fertigdesserts und Milchgetränken zwischen 2016 und 2020 fast verfünffacht. Aber auch Hersteller von Linsenwaffeln und Erdnüsse werben neuerdings mit dem Eiweißgehalt.
High-Protein-Produkte oft teurer als Standardprodukte
Bei dem Trend gehe es den Herstellern ums Geld, meint Markenexperte Arnd Zschiesche: "Es geht nicht darum, dass die Unternehmen Lust haben unsere Fitness zu unterstützen." Proteinprodukte seien vor allem "Proteine für die Unternehmen". Die Gründe sind aus seiner Sicht offensichtlich: "Weil sich durch den höheren Preis mehr Marge in einem übersättigten Markt machen lässt, weil sich Aufmerksamkeit auf die Produkte richtet, weil sie eben neu sind." Fast alle Hersteller schlagen bei den Proteinprodukten deutlich drauf.
Bedarf oft auch über natürliche Eiweißquellen gedeckt
Um als Produkt mit einem "hohen Proteingehalt" oder "eiweißreich" zu gelten, müssen laut EU-Recht mindestens 20 Prozent der Energie der Lebensmittel aus Proteinen stammen: also von 100 Gramm etwa 20 Gramm Protein. Ein konventioneller Joghurt liefert in der Regel zwischen 4,5 und 10 Gramm. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) braucht der Mensch 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Bei einer 70 kg schweren Person entspricht das 56 Gramm Eiweiß täglich. Laut Ernährungsexperten ist dieser Bedarf problemlos über natürliche Eiweißquellen wie Milch, Fleisch, Fisch oder Hülsenfrüchte wie Soja, Linsen und Erbsen zu decken. Auch Haferflocken enthalten viel Eiweiß.
Eiweißmangel ist nicht verbreitet
Ernährungswissenschaftler Matthias Riedl stellt klar: "Deutschland ist kein Eiweißmangelland, die Deutschen nehmen genug Eiweiß zu sich." Eiweißprodukte, die 20 oder gar 40 Gramm Protein pro Becher hinzufügen, sieht er kritisch. "Wer so viel Protein mit Chemie zu sich nimmt, der hat schon viel zu viel Protein aufgenommen, dann kommt es eher zu einer Protein-Überladung."
High-Protein-Produkte enthalten oft Süßungs-und Verdickungsmittel
Viele Lebensmittel mit zugesetztem Eiweiß enthalten zudem Süßungsmittel oder das Verdickungsmittel Carrageen - "Astronautenkost mit langer Zutatenliste und viel Chemie", fasst es Matthias Riedl zusammen. Wer sein Essen mit Protein anreichern will, greife am besten zu echten Lebensmitteln zum Beispiel Nüssen, Hülsenfrüchten oder proteinreichem Gemüse. Diese liefern neben dem Eiweiß auch Ballaststoffe, Spurenelemente, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe.