Einweg-Plastiktüten: Händler tricksen beim Verkaufsverbot
Um die Plastikflut einzudämmen, sind Einweg-Tragetaschen in Deutschland seit 1. Januar 2022 verboten. Aber noch immer gibt es Tüten an vielen Kassen. Mit geschickten Tricks umgeht die Industrie das Gesetz.
Schwere Konservendosen, eckige Getränkekartons, scharfkantige Kronkorken auf Flaschen: Vieles, was wir einkaufen, stellt Plastiktüten auf eine echte Zerreißprobe. Ist die Kunststofffolie zu dünn, entstehen Löcher und Risse. Die Tüte landet nach kurzem Gebrauch auf dem Müll. Auf diese Weise wurden im Jahr 2019 in Deutschland rund 1,7 Milliarden Plastiktüten verbraucht.
Auf die Wandstärke kommt es an
Um die Umwelt zu schützen und Ressourcen zu sparen, hat die EU ihre Mitgliedstaaten mit der Verpackungsrichtlinie (94/62/EG) dazu verpflichtet, den Verbrauch solcher Einweg-Tüten aus Plastik drastisch zu senken. Die Bundesregierung erließ daraufhin zum 1. Januar 2022 ein deutschlandweites Verkaufsverbot für Plastiktüten mit einer Wandstärke von weniger als 50 Mikrometern. Eine Ausnahme gilt nur für sogenannte Hemdchenbeutel, extradünne Tüten zum Abwiegen von Obst und Gemüse. Sie sind weiterhin erlaubt.
So umgehen Supermärkte das Verbot
Auf Nachfrage, wie dick die Kunststofffolie der verkauften Plastiktüten an den Kassen sei, schreibt ALDI mit "53 Mikrometer Wandstärke", halte man "die gesetzlichen Forderungen ein". Bei EDEKA haben die Schlaufentragentaschen nach eigenen Angaben "eine Materialstärke von 55 Mikrometern". Die gleiche Antwort erhält der NDR auf Anfrage von NETTO und TK MAXX. Auch der Drogeriemarkt ROSSMANN verweist darauf, dass die Wandstärke der Tüten eine "vielmalige Verwendung möglich" mache.
Kritik an den "Schummeltüten"
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert jedoch: Ob 50 oder 55 Mikrometer Wandstärke - für die Reißfestigkeit einer Tragetasche mache das keinen Unterschied. "Das sind Schummeltüten", ärgert sich Barbara Metz, Geschäftsführerin der DUH. Die angebotenen Tragetaschen seien nicht anders als vor zehn Jahren. "Bloß weil die Tüten eine Haaresbreite dicker sind als verbotene, macht es sie noch nicht zur Mehrwegtasche. Eine Mehrwegtragetüte muss mindestens 120 Mikrometer dick sein, um vielfach wiederverwendet zu werden."
Politik sucht nach Lösungen
Kritik kommt auch seitens der Politik. Der SPD-Abgeordnete Michael Thews ist ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses und hat das Gesetz mitentwickelt. Das Ziel des Verbots sei eine Reduktion von Einwegplastik, dieses würden die Hersteller gezielt umgehen, bemängelt er. Noch in dieser Legislaturperiode wolle man das deutsche Verpackungsgesetz überarbeiten, noch sei aber unklar, welcher Grenzwert künftig für die Wandstärke von Plastiktüten gelte. "Da werden wir nochmal überlegen, weil wir den gleichen Fehler nicht zweimal machen wollen. Es wäre noch zu früh, sich auf eine Zahl festzulegen."