Birke, Pilze und CO2 - Die Mode der Zukunft
Sammeln, sortieren und aufbereiten: Die Kreislaufwirtschaft spielt in der Textilindustrie eine immer wichtigere Rolle. Umweltschonende Materialien und vegane Stoffe sind deshalb in der Modebranche im Kommen.
Der Textilsektor zeichnet sich durch ein besonders schnelles Wachstum aus. Trends und Kollektionen kommen in immer kürzeren Abständen auf den Markt. Viele Kleidungsstücke werden jedoch gar nicht getragen oder landen nach einer Saison im Müll. "Die Modeindustrie ist eine der Hauptquellen von Treibhausgasen", erläutert Greenpeace die Folgen von Fast Fashion. Zudem kommen in diesem Bereich häufig synthetische Fasern zum Einsatz - sie werden aus Erdöl produziert. Beim Waschen lösen sich Mikrofasern, landen in Gewässern und schließlich in der Nahrungskette. Auch der hohe Wasserverbrauch in der Modeindustrie ist nicht nachhaltig. Für die Herstellung einer einzigen Jeans sind zum Beispiel rund 8.000 Liter Wasser nötig.
Zellulose aus Birkenholz ist sehr widerstandsfähig
Die Probleme bei der Produktion von Bekleidung sind bekannt. Doch der Weg zu einer nachhaltigeren Produktion und weniger Konsum ist noch weit. Es gibt allerdings bereits etliche innovative Projekte für nachhaltige Textilien. An der Aalto Universität in Finnland haben Wissenschaftler ein Verfahren (Ioncell) entwickelt, Fasern und Stoffe aus Holz und Recycling-Materialien zu fertigen. Dabei entsteht weder Abfall noch werden Chemikalien verwendet. Beim Produktionsprozess kommt als Alternative ein umweltfreundliches und recycelbares Lösungsmittel zum Einsatz, das auch keine Farben ausbleicht. Wird ein rotes T-Shirt wiederverwertet, bleibt die Farbe erhalten. Ein erneuter Färbeprozess ist nicht nötig. Die Zellulose aus Birkenholz hat zudem den Vorteil, dass sie wesentlich widerstandsfähiger als Viskose oder Baumwolle ist, die ebenfalls auf der Basis von Zellstoff hergestellt werden.
Baumwolle aus Papier und textilen Abfällen
Bereits seit 2010 bereitet das finnische Unternehmen Infinited Fiber ressourcenschonend Altpapier für die textile Weiterverarbeitung auf. Dafür werden Papier, Kartons, Weizen- oder Reisstroh und auch textile Abfälle wiederverwendet. Zunächst werden die Fasern getrennt, um sie zu verflüssigen. Aus der gewonnenen Flüssigkeit entsteht in einem weiteren Prozess eine baumwollähnliche Faser - unter anderem für Denim-Stoffe. Bei der Herstellung verzichtet das Unternehmen auf den Einsatz von gesundheitschädlichem Schwefelkohlenstoff (CS2), der bei der Herstellung von Viskose heute noch Standard ist. CS2 ist nicht abbaubar, belastet die Umwelt und löst heftige Nebenwirkungen bei Menschen aus, die damit arbeiten. Dazu gehören unter anderem die Schädigung der Herzgefäße und Sehstörungen.
EU-Projekt will textile Kreislaufwirtschaft fördern
Das Unternehmen aus dem finnischen Espoo leitet zudem das EU-Projekt "New Cotton Project". Ab 2025 wird das Recycling von Textilabfällen in der Europäischen Union bindend. Aspekte wie Kreislaufwirtschaft und die Entwicklung von Technologien zur Produktion nachhaltiger Materialien rücken dadurch stärker in den Fokus. An dem Projekt beteiligt sind die Universität Aalto, Unternehmen für Datenerhebungen und Analysen zur Nachhaltigkeit sowie große Modeproduzenten wie H&M oder Adidas, deren Kleidungsstücke im Rahmen von Rücknahmeprogrammen gesammelt und wieder aufbereitet werden.
Veganes Leder aus Pilzen ist umweltfreundlich produziert
Ob bei der Ernährung oder der Bekleidung: Der Trend zu Veganismus nimmt zu. Darauf reagiert auch die Industrie. Auch im Bereich der Lederproduktion gibt es eine Innovation: Mylo, veganes Pilzleder. Es besteht aus Myzel, einem recyclefähigen und biologisch abbaubaren Pilzgeflecht. Der Pilz wurde von einem US-amerikanischem Biotechnologie-Unternehmen entwickelt. Die Forscher ahmten aus Mulch, Luft und Wasser den Prozess nach, der Pilze auf natürlichem Waldboden wachsen lässt. Das Myzel wächst auf großen unterirdischen Flächen und bildet dabei ein großes Netzwerk.
Der Produktionsprozess dauert weniger als zwei Wochen und hat dadurch nur minimale Auswirkungen auf die Umwelt. Denn er verursacht weniger Emissionen als bei der Verarbeitung von tierischem Leder. Im Gegensatz zu Kunstleder aus synthetischen Materialien und einer Kunststoff-Beschichtung kommt auch kein Erdöl bei der Herstellung zum Einsatz. Mylo wird bereits von Designern verarbeitet. Auch namhafte Turnschuhhersteller wollen Modelle aus der nachhaltigen Lederalternative fertigen.
Socken aus dem Klimakiller CO2
Kohlendioxid das nicht in der Luft landet, sondern in der Garnproduktion: dafür haben Wissenschaftler an der Universität Aachen und der Werkstoffhersteller Covestro einen Schmelzspinnprozess zur Produktion eines elastischen Garns aus CO2-basierten Synthesefasern entwickelt. Dieses Verfahren kommt ohne umweltschädliche Lösungsmittel und mit weniger Erdöl bei der Herstellung aus. In Kooperation mit einem Strumpfunternehmen entstanden aus dem innovativen Garn, das aus sehr feinen Fäden besteht, Socken. Die Wiederverwertung von Kohlenstoffdioxid als alternativem Rohstoff verbessert die Umweltbilanz in der Textil- und Bekleidungsproduktion - und schont auf diese Weise das Klima.