Radfahrer auf der Brücke des Mittellandkanals über die Weser bei Minden. © blickwinkel/S.Ziese

Mit dem Fahrrad am Mittellandkanal entlang

Stand: 10.03.2023 14:33 Uhr

Ohne Steigungen von der Ems bis zur Elbe: Am Mittellandkanal fahren Radler im Grünen und autofrei quer durch Niedersachsen - vorbei an Häfen, Schleusen und Lastkähnen.

Quer durch Deutschland radeln und dabei kaum eine Steigung hinauf strampeln? Kein Problem, wenn man sich am Mittellandkanal orientiert. Mit gut 320 Kilometern ist er die längste künstliche Wasserstraße Deutschlands. Quer durch Niedersachsen verbindet der Kanal Ems und Rhein im Westen mit der Elbe im Osten. Bereits vor mehr als 100 Jahren begannen die Bauarbeiten. Ein Betriebs- und Versorgungsweg, den auch Radler und Fußgänger nutzen können, begleitet den Kanal teils am Nord-, teils am Südufer.

Eine Tour abseits von Straßen

Die Wege sind meist mit feinem Kies befestigt, stellenweise geteert. Autos begegnen einem nur in Ausnahmefällen. Obwohl es keine durchgängige Beschilderung gibt, können sich Radler kaum verfahren. Häufig geht es geradeaus, Kurven werden in großen Bögen gefahren, die auch die bis zu 185 Meter langen Lastkähne auf dem Wasser bewältigen können.

Langweilig wird es auf einer Kanaltour trotzdem nie. Die Route führt durch Wiesen und Felder, Naturschutzgebiete, an Häfen und Anlegestellen vorbei und in Hannover auch durch eine Großstadt. An vielen Stellen liegt der Kanal höher als die Landschaft ringsum und bietet so einen weiten Blick über das flache Land. Immer wieder kommen Radlern große Frachtschiffen entgegen, die gleichmäßig durch das Wasser gleiten.

Im Trog über die Weser

Wer den Mittellandkanal in voller Länge mit dem Rad begleiten möchte, sollte im Westen starten, um den üblichen Westwind im Rücken zu haben. Bei Hörstel in Nordrhein-Westfalen beginnt der Kanal als Abzweig des Dortmund-Ems-Kanals. Nach einigen Kilometern kommt er bei Bramsche nach Niedersachsen und führt nördlich des Wiehengebirges über Bad Essen nach Minden. Eine 341 Meter lange Brücke leitet den Kanal dort in zwei riesigen Trögen über die Weser. Ein Wasserstraßenkreuz mit Schleusen verbindet beide Gewässer.

Wassernachschub aus der Weser

Seite rechtzeitig wechseln

Der Weg am Kanal entlang verläuft mal im Norden, mal im Süden, stellenweise auch auf beiden Seiten. Vor Abzweigungen und Hafengebieten sollte man rechtzeitig über eine Brücke auf die andere Seite wechseln, sonst kann man dem Kanal nur mit Umwegen folgen.

Ein Pumpwerk sorgt dafür, dass der Wasserstand im Mittellandkanal stets konstant bleibt. Da erhebliche Mengen Wasser verdunsten, wird regelmäßig Nachschub aus der Weser in den Kanal gepumpt. Damit der Wasserstand der Weser in trockenen Sommern nicht zu weit absinkt, wurde um 1910 in Nordhessen die Edertalsperre gebaut. Bei Bedarf wird gestautes Wasser über Eder und Fulda in die Weser geleitet.

In der Schleuse 15 Meter nach oben

Der Mittellandkanal in Zahlen

Länge: 324 Kilometer
verbundene Flüsse: Weser, Elbe (direkt) Ems, Rhein (indirekt)
Wassertiefe: 4 Meter
Wasserbreite: 42 bis 55 Meter
Wasserhöhe über Normalnull: 50,3 bis 65 Meter
Schleusen: 3 (Hannover, Sülfeld/Wolfsburg, Hohenwarthe/Magdeburg)
Brücken über den Kanal: 385 (inkl. Stichkanäle)

Am Schaumburger Wald entlang führt der Kanal weiter in nördliche Richtung fast bis zum Steinhuder Meer und nach Hannover. Nach rund 150 Kilometern überquert die Wasserstraße die Leine in einem weiteren Trog. Hier kann man mit dem Rad unter dem Kanal hindurchfahren. Dann geht es in einem Bogen durch die nördlichen Viertel Hannovers zur größten Schleuse am Kanal im Stadtteil Anderten. In zwei 227,5 Meter langen Schleusenkammern werden Schiffe um 14,7 Meter von 50,3 Meter über Normalnull auf 65 Meter angehoben.

Stichkanäle nach Süden und Norden

Blick auf den Mittellandkanal und die Volkswagen Arena in Wolfsburg. © imago images/Sven Simon
In Wolfsburg führt der Mittellandkanal am VW-Werk und der Volkswagen Arena entlang.

Kurz vor Braunschweig zweigt bei Kilometer 213,5 einer der zahlreichen Stichkanäle ab und verbindet die Stahlstadt Salzgitter mit dem Wasserstraßennetz. Rund 20 Kilometer später mündet von Norden der Elbe-Seitenkanal in den Mittellandkanal. Im Wolfsburger Stadtteil Sülfeld steht die zweite Schleusenanlage. Das Niveau des Wassers sinkt dort wieder von 65 auf 56 Meter. Wenig später überquert der Mittellandkanal die einstige innerdeutsche Grenze und führt dann durch Sachsen-Anhalt nach Magdeburg.

Hinunter auf die Elbe

Nördlich der Stadt trifft der Kanal auf die Elbe, mit der er über eine Schleuse verbunden ist. Die Anlage senkt Schiffe, je nach Wasserstand der Elbe, um 10,5 bis 18,5 Meter auf das Niveau des Flusses ab. Der Kanal selbst führt in einem Trog über die Elbe und endet wenig später offiziell an der Schleuse Hohenwarthe. Dort geht er in den Elbe-Havel-Kanal über, der weiter nach Osten führt und die Elbe unter anderem mit Berlin verbindet.

Die Geschichte des Kanals

Erste Pläne für den Bau eines Schiffskanals, der das Ruhrgebiet mit der Elbe verbinden soll, kommen 1856 auf. 1905 fällt ein offizieller Beschluss, ein Jahr später beginnt der Bau im Westen mit dem Abschnitt von Bergeshövede nach Hannover. 1915 wird das erste Teilstück bis Minden an der Weser als Ems-Weser-Kanal eröffnet, 1916 die gesamte Strecke bis Hannover.

Nach fünf Jahren Bauzeit wird am 20.6.1928 die damals größte Binnenschleuse Europas eingeweiht: die Hindenburgschleuse in Hannover-Anderten. Damit ist der Kanal bis Peine befahrbar. Weitere zehn Jahre später ist die Verbindung zur Elbe mit dem Schiffhebewerk Rothensee bei Magdeburg am 30.10.1938 vollendet.

Karte: Mittellandkanal

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