1985: Schleswig-holsteinisches Wattenmeer wird Nationalpark
Am 1. Oktober 1985 tritt in Schleswig-Holstein ein neues Gesetz in Kraft, das das Wattenmeer des nördlichsten Bundeslandes zum Nationalpark erklärt. Viele Menschen in Schleswig-Holstein sind skeptisch.
Dithmarscher und Nordfriesen kündigen sogar vehementen Widerstand gegen das Gesetz an, das sie als Eingriff von außen in ihre Gebiete betrachten. Sie fürchten vor allem Einschränkungen bei Fischerei, Küstenschutz und in der Landwirtschaft.
1974: Erste Schutzflächen werden geschaffen
Der Gründung des Nationalparks waren bereits jahrelange erbitterte Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Befürwortern einer Schutzzone vorangegangen. Seit den 60er-Jahre hatten Naturschützer dafür gekämpft, das gesamte Wattenmeer unter Schutz zu stellen - mit Erfolg: Die Landesregierung stellt am 22. Januar 1974 eine Fläche von 140.000 Hektar zwischen dem Hindenburgdamm bei Sylt und der Halbinsel Eiderstedt unter Naturschutz.
Trotzdem stößt die Idee für einen Nationalpark Wattenmeer weiter auf Widerstand. Einen ersten Gesetzentwurf zieht die Regierung 1974 wegen heftiger Proteste wieder zurück. Erst 1982 gibt es einen erneuten Vorstoß, im Juli 1985 verabschiedet die Regierung das Nationalparkgesetz - obwohl viele Küstenbewohner Sturm laufen. Sie fühlen sich von den Regierenden in Kiel übergangen und sorgen sich um ihre wirtschaftlichen Existenz. Auch viele Naturschutzverbände stehen dem Nationalpark zunächst kritisch gegenüber. Sie fürchten, dass durch zusätzlich angelockte Touristen mehr Natur zerstört wird, als der Nationalparkstatus schützen kann.
Krabbenkutter-Demos und Eierwürfe gegen Vergrößerung
Auf entsprechend heftigen Widerstand stoßen daher die Pläne für ein zweites, strengeres Nationalparkgesetz, die ab 1996 vorliegen. In den Wochen und Monaten vor seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2000 gipfeln die Proteste in einem Demonstrationszug der Krabbenkutter durch den Nord-Ostsee-Kanal und Eierwurfattacken auf den damaligen Umweltminister Rainder Steenblock von den Grünen. An der gesamten Westküste Schleswig-Holsteins entzünden die Demonstranten Mahnfeuer.
Mit dem zweiten Nationalparkgesetz vergrößert sich die Nationalparkfläche in Richtung Meer und umfasst seither rund 4.400 Quadratkilometer. Das Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ist damit der mit Abstand größte Nationalpark in Deutschland. Gut zwei Drittel seiner Fläche stehen permanent unter Wasser, rund 30 Prozent fallen periodisch trocken. Der Landteil besteht größtenteils aus Salzwiesen.
Das Wattenmeer heute: Beliebtes Urlaubsziel
Heute steht die Mehrheit der schleswig-holsteinischen Küstenbevölkerung dem Nationalpark positiv gegenüber - vielleicht auch, weil er für den Tourismus in der Region von großer Bedeutung ist. Seit der Gründung des Parks sind die Urlauberzahlen an der Westküste Schleswig-Holsteins stetig gestiegen, der Tourismus ist dort der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Allerdings lässt sich nicht nachweisen, ob dieser Anstieg vor allem der Existenz des Nationalparks zu verdanken ist. Beliebte Touristenattraktionen sind neben Wattwanderungen und Schiffstörns unter anderem das Multimar Wattforum in Tönning auf Eiderstedt und die Seehundstation in Friedrichskoog.
Seit 2009 UNESCO-Weltnaturerbe
Seit 1986 ist auch das niedersächsische Wattenmeer als Nationalpark geschützt, Hamburg folgte 1990. Wie einzigartig und erhaltenswert das Wattenmeer ist, ist spätestens seit 2009 auch international bekannt: Damals ernannte die UNESCO die niederländischen und deutschen Wattenmeergebiete zum Weltnaturerbe. Seit 2011 zählen auch der zu Hamburg gehörende Abschnitt, seit 2014 große Teile des dänischen Wattenmeers dazu.