Niedersachsens Wattenmeer: Nationalpark aus Ebbe und Flut
Umweltschutz, Tourismus, maritime Wirtschaft: Seit 1986 steht das niedersächsische Wattenmeer als Nationalpark unter Schutz - und im Fokus teils entgegenstehender Interessen.
Erst viele kleine Schutzgebiete im Wattenmeer, dann ein Nationalpark, heute UNESCO-Weltnaturerbe: Die Entwicklung des Naturschutzes an der niedersächsischen Nordseeküste ist beachtlich. Der Prozess dauerte allerdings Jahrzehnte - und ebenso alt wie der Nationalpark ist der Streit um das Schutzgebiet. Fischer und Naturschützer, touristische und Energieunternehmen versuchen seit jeher, ihre Interessen auf der 3.450 Quadratkilometer großen Fläche durchzusetzen, zwischen ihnen versucht die Politik zu vermitteln.
Wattenmeer und Inseln unter Schutz
Rückblick: 1983 liegen dem damaligen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht erste Pläne für einen Nationalpark vor, der das gesamte niedersächsische Wattenmeer einschließlich der Inseln umfassen soll. Am 1. Januar 1986 tritt schließlich ein entsprechendes Gesetz in Kraft - der Geburtstag des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer.
Nationalpark aus Wasser und Watt
Damals beträgt die geschützte Fläche etwa 2.450 Quadratkilometer. 2001 kommen Gebiete am Dollart, bei Cuxhaven, Borkum und Baltrum hinzu, 2010 weitere Flächen in Richtung offenes Meer. Seither kommt das Schutzgebiet auf 3.450 Quadratkilometer, davon rund 95 Prozent Wasser- oder Wattflächen. Unter den 14 deutschen Nationalparks ist der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer damit der zweitgrößte - nach dem Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer mit einer Fläche von 4.415 Quadratkilometern. Seit 2009 zählen große Teile des Wattenmeers und seit 2014 das gesamte Wattenmeer zum UNESCO-Weltnaturerbe.
Streit um den richtigen Schutz
Das Ziel der Nationalparks, der Natur eine großflächige, ungestörte Entwicklung zu ermöglichen, wird in den Parks unterschiedlich streng gehandhabt. So gehören im Niedersächsischen Wattenmeer rund 69 Prozent zum Bereich der streng geschützten Kernzone. Umweltschutzverbände wie der NABU beklagen unter anderem die Krabben- und Muschelfischerei sowie den starken Schiffsverkehr und fordern einen besseren Schutz der Küstenvögel. In der Kritik stehen unter anderem auch die zunehmende Lichtverschmutzung und die Auswirkungen des Kitesurfens.
Als besonders riskant für die sensiblen Naturräume bewerten Umweltschützer die Offshore-Windparks, da Bau, Betrieb und Wartung der Anlagen sowohl Meeressäuger wie den Schweinswal als auch Vögel und Fische erheblich gefährde.
Viele Informationen für Besucher
Die Nationalparkverwaltung mit Sitz in Wilhelmshaven versucht sich immer wieder am Spagat zwischen Naturschutz und touristischen Interessen. 13 Nationalpark-Häuser unter anderem in Butjadingen, Dangast, Greetsiel sowie auf Wangerooge und Borkum sowie Besucherzentren in Cuxhaven, Wilhelmshaven und auf Norderney informieren Besucher über das Schutzgebiet. Zu ihren Angeboten gehören Ausstellungen, Vorträge und Ausflüge in die geschützte Natur.
In dem weltweit einzigartigen Lebensraum Wattenmeer gibt es Hunderte Tiere und Pflanzen zu entdecken, die sich auf die speziellen Bedingungen mit Süß- und Salzwasser, Nass- und Trockenphasen eingestellt haben. Zum Nationalpark Wattenmeer gehören aber nicht nur das Watt, sondern auch angrenzende Flächen wie Salzwiesen oder die Dünen auf den Ostfriesischen Inseln.